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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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wir uns liebten, genau wusste, wie es sich für Portula anfühlte. Ich schmeckte und spürte ihre anderen Liebhaber, und sie schmeckte und spürte meine Geliebten, und jede Erfahrung reichte wie ein Spiegelbild in einem Spiegelsaal in die Ferne, bis sie mit einer Art sinnlicher Hintergrundstrahlung verschmolz, einem Meer sinnlicher Erfahrung. Ich war einmal ein Mädchen gewesen, dann tausend Männer und Frauen und all deren Geliebte.
    Das Stasis-Feld baute sich auf. Das Synchromasch begann zu wirken. Während das Raumschiff durch Raum und Zeit eilte, wurde ich in die Zukunft geschleudert.

ZWEITER TEIL
     
    E ines Tages kehrte der kleine Junge zurück. Ich stieg auf den Aussichtsturm und beobachtete die Landung seines Shuttles. Diesmal wusste ich, dass wir den ganzen Nachmittag im Puppenpalast zubringen würden, weil alle anderen Spielzeuge uninteressant geworden waren. Die Vorfreude löste ein warmes Kribbeln in meinem Bauch aus. Es war fast ein Jahr her, dass ich ihn in diese geheime Welt eingeweiht hatte, und bei den nachfolgenden Besuchen hatte sie unsere Vorstellung gefangengenommen wie nichts sonst.
    Inzwischen wusste ich, wo der Junge lebte. Wie meine Familie war auch die seine beim Großen Brand reich geworden; damit bezeichneten die Erwachsenen den kurzen, heftigen Krieg, der im elften Jahr des neuen Jahrhunderts über die Goldene Stunde hereingebrochen war. Das war vor fast dreißig Jahren gewesen, doch da meine Kindheit mit Entwicklungshemmern über drei Jahrzehnte gestreckt worden war, konnte ich mich noch an einiges erinnern. Ich war zwar viel zu jung gewesen, um zu verstehen, worum es dabei ging, doch ich erinnerte mich an eine Zeit, da die Erwachsenen sich besonders leise und aufgeregt unterhielten und häufig mit Infowürfeln in der Hand über die Gänge schritten, die sie umfasst hielten wie die Schädel verstorbener Freunde, begierig darauf, sich ja keine Neuigkeit und kein Gerücht entgehen zu lassen.
    Meine Familie hatte sich auf Biologie spezialisiert, zumal auf die Feinheiten des Klonens von Menschen. Das Klonen ist eine Technik wie beispielsweise die Herstellung von Papier; wenn man weiß, wie’s geht, ist es nicht schwer, doch wenn man bei null anfängt, ist es außergewöhnlich schwierig, und der Weg zum Erfolg ist gespickt mit Stolperfallen, die sich nur mit einem gewaltigen Arsenal von Listen und Tricks umgehen lassen, von denen viele den schamanistischen Ritualen der Volksmedizin gleichen. Die Kunst war tausend Jahre alt, doch es gab nur eine Hand voll Anwender, die sie wirklich verstanden, und dazu gehörte auch meine Familie. Vor dem Großen Brand, als die gegnerischen Parteien sich wiederbewaffneten, stellten wir Armeen von Soldaten und ganze Pilotenstaffeln her. Unsere Klone waren bekannt für ihre Loyalität, aber auch für ihre taktische Intelligenz und ihr unabhängiges Denken. Sie konnten als autonome Einheiten agieren und warteten am Rand des Schlachtfelds ab, bis sie gebraucht wurden, ohne dass eine Zentralautorität hätte einschreiten müssen. Nach dem Krieg gewährte man vielen Überlebenden volle Bürgerrechte.
    Die Familie des kleinen Jungen hatte die Armeen und Flugstaffeln der Gegenseite ausgerüstet, jedoch mit Maschinen, nicht mit organischen Wesen. Manchmal wurden die Maschinen von Menschen gesteuert, doch in vielen Fällen verfügten sie über genügend Intelligenz, um sich selbst zu lenken. Es gab noch andere große Konzerne, die Kampfmaschinen herstellten, genauso wie es andere Klonspezialisten gab. Wir aber waren die besten unseres Fachs, und seine Familie verstand sich am besten auf die Herstellung von Kriegsmaschinen. Obwohl nach dem Krieg Tribunale stattfanden, Befragungen durchgeführt und Sanktionen verhängt wurden, kamen beide Familien relativ ungeschoren davon und blieben im Geschäft. Die Roboter, die neben dem kleinen Jungen die Rampe herunterrollten, hatte seine Familie selbst hergestellt. Deren Maschinen gab es jetzt überall, und sie nahmen eine noch marktbeherrschendere Stellung ein als vor dem Krieg.
    Meine Familie, die sich mit der anderen Seite des ideologischen Schismas von Organischem und Metallischem verbündet hatte, hegte ein gesundes Misstrauen gegen Maschinen. Wie ich bereits erwähnt habe, gab es in dem Haus trotz seiner gewaltigen Ausdehnung nur wenige Maschinen. Die meisten Robots halfen beim fortwährenden Ausund Umbau. Nahezu alle anderen Arbeiten wurden von Menschenpersonal oder Kindermädchenklonen erledigt.
    »Ich weiß jetzt, woher

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