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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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vermittelte mir ein bedrückendes Gefühl von Eingesperrtsein – so wie die ständigen Ermahnungen, auf den langen, trübseligen Korridoren des Hauses nicht zu rennen und zu schlittern, sondern mit hoch erhobenem Kopf und auf dem Rücken verschränkten Händen zu gehen. Es war eine Art Kränkung, so als stellte die unüberwindliche Lichtgeschwindigkeit einen Angriff auf meine persönliche Freiheit dar. Weshalb durfte ich mich nicht so schnell bewegen, wie ich wollte? Weshalb durfte ich nicht schlittern und rennen? Das mit der Lichtgeschwindigkeit konnte ich jedoch ebenso wenig erklären wie die Tatsache, dass zwei plus zwei nicht fünf ergeben. Das war einfach eine dieser Regeln – genau wie das Verbot, bestimmte Teile des Hauses nicht zu betreten -, die nicht in Frage gestellt werden durften.
    Freilich spürte ich, dass dieses Argument bei dem Jungen nicht ziehen würde.
    »Ich erklär dir, weshalb nichts schneller sein kann als das Licht«, sagte er und freute sich diebisch, dass er über das Thema besser Bescheid wusste als ich. »Nämlich wegen der Kausalität.«
    Dieses Wort kannte ich nicht. Ich nahm mir vor, es später nachzusehen.
    »Dann glaubst du es also auch«, sagte ich in der Hoffnung, er würde nicht weiter nachbohren.
    »Vater glaubt es nicht. Er sagt, die Kausalität ist ein Stolperstein, den man mit der Zeit überwinden wird. Sie ist der Grund, weshalb das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit schwierig ist, aber unmöglich ist es deshalb noch lange nicht. Eines Tages werden wir herausfinden, wie man sie umgehen kann – und dann lassen wir alles hinter uns. Die Goldene Stunde kann mir dann gestohlen bleiben – die wird für uns alle eh nicht ausreichen.«
    Obwohl er nicht nett zu mir war und obwohl er mich neckte, war er doch mein wahrer Freund, der Einzige, mit dem ich wirklich spielte. Die geklonten Spielgefährten, die mir das Personal bisweilen schickte, waren mir zu fügsam, zu unterwürfig und hielten dem Vergleich mit einem richtigen Jungen nicht stand. Wenn ich gegen sie gewann, dann wusste ich, dass sie kapituliert hatten. Bei meinem Freund von der anderen Seite der Goldenen Stunde hatte ich nie dieses Gefühl – wenn ich ihn besiegte, dann deshalb, weil ich besser war als er.
    Je näher wir dem Spielzimmer kamen, desto freundlicher und umgänglicher wurde er. Das kam daher, dass seine Gedanken zum Puppenpalast wanderten. Ohne meine Zustimmung konnte er ihn nicht betreten. Deshalb meinte er auch, ich sähe hübsch aus und ihm gefielen die schwarzen Bänder in meinem Haar.
    Der Palast war in einem eigenen Raum untergebracht, der sich innerhalb des großen Spielzimmers befand. Techniker in grünen Overalls hatten ihn gebracht und installiert. Hin und wieder kamen sie nach ihm sehen und brachten dann einen Kasten voller funkelnder, labyrinthartiger Platten mit, die sie in die Schlitze in der Palastverkleidung schoben. Inzwischen wusste ich, dass ich nicht das einzige Mädchen auf der Welt war, das ein solches Spielzeug sein Eigen nannte, denn es war eins von mehreren Prototypen. Man hatte mir gesagt, der Puppenpalast habe noch Kinderkrankheiten, weshalb er auch – obwohl ich ihn bereits vor einem Jahr geschenkt bekommen hatte – noch nicht für die Massenproduktion zugelassen sei.
    Der Palast füllte das Zimmer nahezu vollständig aus. Von außen sah man einen grünen Kubus, geschmückt mit Reliefs, die Burgen und Paläste, Ritter und Prinzessinnen, Ponys und Drachen und Seeschlangen darstellten. An der einen Seite war ein Eingang, der durch die dicke Wand in einen Raum führte. Als ich den Raum zum ersten Mal betreten hatte, war mir schwindlig geworden, und einen Moment lang bewegten sich meine Gedanken auf der halluzinatorischen Kreisbahn von Déjà-vus. Beim zweiten Mal ging es schon besser, und beim dritten Mal spürte ich gar nichts mehr, als ich durch den Eingang trat. Später erfuhr ich, dass die dicken Wände mit Gehirn-Scannern vollgestopft waren, die mit unsichtbaren Fingern meinen Schädel durchkämmten. Auch dem Jungen wurde beim ersten Mal schwummrig – dabei beobachtete ich ihn mit sadistischem Vergnügen -, doch mit jedem Besuch wurde auch er immer weniger in Mitleidenschaft gezogen. Das kam daher, dass der Palast sich unsere Gehirnstruktur merkte und seine Scan-Methoden entsprechend verfeinerte.
    Der Raum war leer und zugleich voller Rätsel und Wunder. In der Mitte des von grünen Wänden umschlossenen Raums stand ein Palast – ein mittels Gehirnmanipulation erzeugtes

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