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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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in die Geheimnisse der Gentianer eingedrungen ist, dass wir ebenso gut aufgeben könnten.«
    »Ja«, sagte sie. »Das klingt einleuchtend.«
    Portula wirkte noch immer verschlafen; ihre Bewegungen waren steif, ihr Blick trüb. Kaum hatte der Kryophag sie freigegeben, war sie sogleich zur Bummelant herübergeflitzt. Nach einer Weile wurde ihr Blick schärfer und ihre geistigen Zahnräder griffen wieder ineinander. Als sie nicht mehr so benebelt war, berichtete ich ihr, was ich von Betonie erfahren hatte.
    »Ich möchte Hesperus sehen«, sagte sie unvermittelt. »Ich will wissen, ob die Lichter noch leuchten.«
    Die Lichter leuchteten noch, doch ich hätte schwören können, dass sie trüber geworden waren und langsamer pulsierten. Diese Beobachtung behielt ich jedoch für mich, denn ich wollte Portula nicht unnötig beunruhigen. Hinter den Gitterfenstern an seiner Schädelseite kreisten sie wie die Planeten und Monde eines Orrerys, das fast zum Stillstand gekommen war.
    »Es ist noch Leben in ihm«, sagte ich, darum bemüht, den Mittelweg zwischen Zuversicht und Nüchternheit zu treffen. »Vielleicht nicht viel, aber …«
    »Versuch nicht, mich aufzumuntern, Campion – ich weiß, dass sich sein Zustand verschlechtert hat. Aber er lebt noch. Das, was das Glas geritzt hat, ist noch immer vorhanden.«
    Ich hatte ganz vergessen, Betonie zu fragen, ob die anderen Splitterlinge Gäste mitgebracht hatten und falls ja, ob Maschinenwesen darunter waren. Auf einmal kam mir das nicht sehr wahrscheinlich vor.
    »Auf Neume werden wir ihm helfen. Dort gibt es eine Zivilisation. Sie wissen viele Dinge, die uns unbekannt sind. Sie erforschen eine maschinenbasierte posthumane Intelligenz …«
    »Das klingt so, als würde man sagen: Der Mann studiert Wasserlilien, da kann er auch mein gebrochenes Bein richten.«
    »Ich sage bloß, wir haben noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.«
    Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Hast du Neume schon gesehen?«
    »Betonie hat uns in den Orbit geleitet. Ich wollte warten, bis du wieder wach bist, bevor ich mir den Planeten genauer anschaue.«
    »Wir landen nicht?«
    »Es gibt Einschränkungen. Wir sollten es uns mit den Einheimischen besser nicht verscherzen.«
    »Mit Einheimischen habe ich nicht gerechnet.«
    »Die Möglichkeit war nicht auszuschließen. Betonie meint, wenn wir uns brav an die Regeln halten, dürfte es keine Probleme geben.« Ich reichte ihr die Hand. »Sollen wir die Unterhaltung auf der Brücke fortsetzen?«
    Als wir nach oben flitzten, eng umschlungen vor dem Display Aufstellung nahmen und Portula den Kopf an meine Schulter legte, als sei sie nur ein Gähnen vom Wiedereinschlafen entfernt, fühlte sie sich schon viel wärmer an. Ich war froh, dass ich gewartet hatte. Die Bummelant hätte mir schon vor Stunden eine Vergrößerung des Planeten anzeigen können, doch ich hatte warten wollen, bis wir nur noch wenige Lichtsekunden entfernt waren und verzögerten, um in einen polaren Orbit einzuschwenken. Als das Display sich einschaltete, schnitten wir gerade die Äquatorebene, und der Planet wurde zusehends größer. Betonies Schiff war ein grüner Fleck in der Mitte eines verschwommenen, ein paar tausend Kilometer entfernten Kreises.
    Neume war eine trockene Welt; der Gegensatz zur Wasserwelt der Zentauren hätte kaum größer sein können. An den Polen gab es Eiskappen, doch der Rest war silbergrau gefärbt und so trocken wie Bimsstein. Das Sonnenlicht wurde funkelnd reflektiert, doch das kam lediglich von den kristallenen Dünen; dort unten herrschte staubtrockenes Wüstenklima. Die Atmosphäre aber war jetzt deutlich zu erkennen, ein dünner Halo um den Rand des Planeten. Es gab sogar Wolken – fiedrige Gebilde, wie die Gespenster von richtigen Wolken -, doch sie waren eindeutig vorhanden.
    »Können wir dort unten leben?«, fragte Portula.
    »Betonie zufolge leben dort schon Leute.«
    »Es gibt Sauerstoff. Die Transformer müssen hier gewesen sein. Aber ich sehe keine Organismen, weder Vegetation noch tierisches Leben.«
    »Vielleicht haben die letzten Bewohner die Atmosphäre verändert, und der Sauerstoffgehalt ist so hoch, dass er nicht ständig erneuert werden muss.«
    Portula hob den Kopf von meiner Schulter – sie wurde von Minute zu Minute munterer. »Was ist das für eine Linie am Äquator? Ein Ringsystem?«
    »Das sind keine Ringe«, sagte ich. »Ich glaube, das ist eine Orbitalkonstruktion.«
    »Sieht verfallen aus«, meinte Portula, als der

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