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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Gespenstern lag, dann vielleicht an den verdrehten Vorstellungen meiner Mutter, die wie ein unsichtbares Nervengas aus den Beobachtungskameras sickerten.
    »Ich habe genug gesehen«, sagte ich.
    »Ich würde mich gern mal mit dem kleinen Jungen unterhalten.«
    »Ihn trifft kein Vorwurf. Er hat mir nur gesagt, was ich selber wissen wollte.«
    Madame Kleinfelter nickte freundlich und schloss die Metalljalousien. Ich hätte gern gewusst, ob ihr jetzt ein Stein vom Herzen fiel. Bestimmt hatte sie sich all die Jahrzehnte über vor dieser Begegnung gefürchtet, die ihr seit meiner Geburt wie ein metallener Dorn aufs Herz gedrückt hatte …

Dreizehn
     
     
     
     
     
    Kaum hatten wir das Belladonna-System erreicht, bekamen wir auch schon Gesellschaft. Ein waffenstarrendes Raumschiff kam herangesaust und flog neben uns her. Es war die Blaue Adonis , eine Warzenkröte von einem Raumschiff, die einem Splitterling namens Betonie gehörte. Von Anfang an ließ es äußerste Vorsicht walten, scannte mein Schiff mit Tiefensensoren und beharrte auf einer mehrstufigen Identifizierungsprozedur, eher er anerkannte, dass ich nicht unbedingt in feindlicher Absicht gekommen sei.
    »Versteh mich nicht falsch, Campion«, sagte Betonies Imago, »aber wir müssen auf Nummer sicher gehen.« Er musterte mich mit durchdringendem Blick, als wollte er in meinem Gesicht einen verräterischen Zug aufspüren. »Du bist es«, sagte er und nickte bedächtig. »Also hast du es doch geschafft. Das andere Schiff – das ist bestimmt Portula, nicht wahr? Die Silberschwingen des Morgens . Ihr seid wie zwei Seiten einer Münze, die immer gemeinsam auftauchen.« Ehe ich in seiner Bemerkung eine Spitze entdecken konnte, setzte er hinzu: »Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, euch zu sehen.«
    »Wir haben beide überlebt. Aber es kommt noch besser. Wir haben fünf Überlebende an Bord: Akonit, Mezereum, Luzerne, Melilo und Valeria. Sie befinden sich noch in Stasis, doch ansonsten sind sie wohlauf.«
    »Sieben Personen?« Betonie hätte beinahe vor Freude aufgelacht. »Das sind wundervolle Neuigkeiten – es ist so lange her, dass hier jemand aufgetaucht ist, dass wir beinahe schon die Hoffnung aufgegeben hätten. Gibt es noch weitere Überlebende?«
    »Das weiß ich nicht, aber so wie es im Reunionssystem aussah, ist das eher unwahrscheinlich.« Plötzlich wurde ich von Gefühlen überwältigt. Betonie hatte ich eigentlich nie besonders gemocht. Mehr als einmal war er mir wie ein zweiter Schwingel vorgekommen, der mit lauteren und unlauteren Methoden seinen Einfluss zu mehren suchte. Aber wenn ich mich in Schwingel getäuscht hatte, dann vielleicht auch in Betonie. Die alten Kümmernisse und Zweifel erschienen mir nun als Bürde, die länger mit mir herumzuschleppen ich mir nicht leisten konnte. »Ich freue mich, dich zu sehen, Betonie!«, rief ich aus. »Ich wage kaum zu fragen, wie viele von uns bei dir sind.«
    »Insgesamt sind wir fünfundvierzig. Mit euch sieben macht das zweiundfünfzig. Es sind vielleicht noch ein paar Splitterlinge hierher unterwegs, aber ich mache mir keine allzu großen Hoffnungen.«
    »Zweiundfünfzig.« Ich fühlte mich furchtbar niedergeschlagen. Eigentlich hatte ich mir noch schlimmere Szenarien ausgemalt, bis hin zu der Möglichkeit, dass insgesamt nur wir sieben überlebt hätten. Insgeheim aber hatte ich gehofft, es wären mehr als hundert übrig geblieben.
    »Ich weiß«, sagte Betonie, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Das sind nicht viele. Aber wir können uns glücklich schätzen, dass überhaupt jemand entkommen konnte. Außerdem sind wir über fünfzig, was bedeutet, dass wir beschlussfähig sind. Natürlich hätten wir uns auch unter anderen Umständen nicht davon abhalten lassen, Entscheidungen zu treffen, aber es ist gut zu wissen, dass wir die alten Regeln noch immer einhalten können.«
    Abigail hatte sich nicht dazu geäußert, wie zu verfahren sei, wenn die Gesamtzahl der Familienmitglieder unter fünfzig sinken sollte; offenbar hatte sie dies für ebenso unwahrscheinlich gehalten, wie dass das Universum zusammenbrechen oder die Früheren von den Toten auferstehen und die Galaxis für sich reklamieren könnten, so dass sie keine Vorkehrungen für diesen Fall getroffen hatte.
    Nun aber überstieg unsere Zahl das Minimum gerade mal um zwei Personen. Betonie, der sich immer dafür ausgesprochen hatte, uns von Abigails heiligen Regeln loszusagen, stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben.
    »Die

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