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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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suchte nach ihm. Tauchte er? Schwamm er zu dem Boot, das sie am Horizont gesehen hatte? War er ihnen entkommen? Sie atmete schwer und sah Sternchen, als sie wieder zu sich kam. Oder hatten sie ihn niedergeschossen? Hatte er die Arme sterbend hochgerissen oder jubelnd, weil er in die Freiheit entkam? Während sie reglos im Licht des Kronleuchters lag, breitete sich ihr rotes Kleid um sie herum aus. Der Applaus toste weiter, und ihr Körper sank zu Boden, wäre am liebsten verschluckt worden. »Jordi«, murmelte sie, die Rippen gegen den Boden gepresst, das Knie fest gegen den Bauch gedrückt. Und ein winziger Fuß erwiderte den Druck, bewegte sich, strampelte sich frei.

50

    Valencia, Januar 2002
    Emma kämpfte sich in einen weiten grauen Pullover und sprühte sich »Chérie Farouche« auf ihre Brüste. Gerade, als sie sich damit durch die Haare fuhr, klingelte ihr Mobiltelefon.
    »Freya?« Ihre Miene wurde starr.
    »Em, meine Liebe.« Emma hörte die Panik in Freyas Stimme. »Ich habe deine Nachricht gelesen. Ist alles in Ordnung mit dir? Und mit dem Baby?«
    »Nein, mit mir ist nichts in Ordnung«, sagte sie. »Wie auch, nach unserem Gespräch?«, rief Emma. »Von allen Menschen, von denen ich glaubte, ich könnte ihnen vertrauen …«
    »Emma, bitte.«
    »Ich kann es nicht fassen, dass alles eine Lüge ist. Du hast mich angelogen! Wer bin ich, Freya? Wer bin ich?«
    »Bitte beruhige dich, Liebes. Lass mich erklären …«
    »Nein. Keine Lügen mehr.« Emma hörte Stimmen. »Ich rede mit Macu. Ich werde herausfinden, was mit Rosa passiert ist. Wusstest du, dass sie im Gefängnis war?«
    »Im Gefängnis? O Gott, nein.« Freyas Stimme zitterte. »Davor hatte ich immer Angst.«
    »Mir gehen so viele Fragen durch den Kopf.« Emma hatte ein klammes Gefühl in der Brust, und sie atmete schwer, als sie nach unten tappte. »Du und Mum, wie seid ihr denn nach Hause, nach England gekommen?«
    »Ich habe Rosa gesagt, wo ich sein würde, in Cerbère. Ich hatte es geschafft, eine Stelle in einer Entbindungsstation zu bekommen, die sie in einem alten Herrenhaus in Elne eingerichtet hatten. Ich hoffte, sie würde mich dorthin begleiten.« Freya hielt inne. »Aber als sie zurückging, um nach Jordi zu suchen, blieb ich dann doch an der Grenze. Es ist mir gelungen, Charles ausfindig zu machen. Es herrschte Chaos. Sie schossen mit Maschinengewehren auf die Flüchtlinge, diese Schweine. So wurde Hugo getötet, und so verlor Charles den Arm. Als sie mit ihm in der Krankenstation ankamen, hatte schon der Wundbrand eingesetzt. Armer Charles. Als er dann irgendwann kräftig genug war, um zu reisen, sind wir zusammen aufgebrochen.«
    »Mit Mum?«
    »Ja.«
    »Und niemand hat euch aufgehalten? Ihr habt einfach ein Kind von Spanien nach England gebracht und als eure Tochter aufgezogen?«
    Freya zögerte. »Ganz so einfach war es nicht.«
    »Wie konnte Rosa Mum einfach zurücklassen?«
    Freya seufzte. »Ich habe selbst nie verstanden, wie man sein Kind aufgeben kann. Sie sagte, sie hatte keine Wahl, aber sie hatte eine. Sie hat sich für Jordi entschieden.«
    »Sie wusste, dass Mum bei dir sicher sein würde.«
    »Vielleicht. Diese Milizsoldatinnen waren unglaublich stark. Ich weiß noch, wie einmal ein Mädchen zu mir sagte, sie würde eher ihr eigenes Kind umbringen, als nicht an der Seite ihres Mannes kämpfen zu können.«
    Emma blickte auf, als Luca sie rief. »Ich muss Schluss machen.«
    »Bitte versteh doch, Emma, ich hatte meine Gründe …« Sie verstummte. »Sehr gute Gründe, um die Wahrheit zu verbergen. Ich habe nur versucht, Liberty und dich zu schützen.«
    »Wusste es Mum?«
    »Erst ganz zum Schluss.« Freyas Stimme klang belegt. »Sie hat es aus mir herausgezwungen.«
    »Ist sie deshalb nach Spanien gekommen? Hat sie deshalb dieses Haus gekauft?«
    »Ja. Ich musste ihr versprechen, es dir irgendwann zu sagen. Mir erschien der Zeitpunkt nie geeignet, und jetzt …« Freya seufzte. »Komisch. Rosa hat einmal zu mir gesagt, dass ihre weiblichen Nachkommen in der Villa del Valle leben würden, und sie hatte recht. Ich glaube, Liberty wollte dir etwas geben, das sie nie haben konnte.«
    Wurzeln und Flügel; Emma dachte an die Worte ihrer Mutter. Sie verzog das Gesicht, als sich ihr Bauch verhärtete. »Ich muss. Wir sprechen später weiter.«
    »Ich hab dich lieb, Em. Pass auf …« Freyas Worte wurden abgeschnitten.
    »Emma!«, rief Luca aus der Küche.
    »Ich komme schon.« Sie zuckte zusammen, die Hand auf dem Bauch. »Was ist

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