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Das Haus der Tänzerin

Das Haus der Tänzerin

Titel: Das Haus der Tänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Lord Brown
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Erfahrungen mit. Gott weiß, warum wir hier sind und was das alles bedeutet, aber am Ende meines Lebens begreife ich nun, dass wir nicht verstehen müssen. Wir müssen einfach Vertrauen haben, es fühlen, das tägliche Wunder annehmen, am Leben zu sein. Hätte ich das doch nur früher gewusst.
    Ich bin so glücklich, gelebt zu haben, geliebt zu haben und von dir geliebt worden zu sein.
    Und ich liebe dich, Em, so sehr.
    Mum x

39

    Teruel, Januar 1938
    Charles kauerte in dem verlassenen Panzer und schrieb bei Kerzenschein. Er blickte auf, als eine weitere Explosion die Erde erschütterte.
    Es sieht so aus, als wäre es mit der Waffenruhe wieder vorbei. Wie du weißt, passiert während der Siesta zwischen zwei und vier Uhr nichts. Das habe ich gelernt – wenn es heiß ist, findet man die Nationalisten im Schatten, wenn es regnet, muss man sie unter einem Dach suchen. Zumindest in dieser Hinsicht sind sie berechenbar.
    Die Kämpfe hier in Teruel sind sehr blutig, Freya. Die ganze alte Bande ist hier – Capa, Hemingway und Hugo. Jeden Abend ziehen wir uns in ein Hotel zurück, das sechzig Meilen vom Valencia entfernt liegt, um unsere Berichte durchzugeben. Es tut mir leid, dass ich keine Gelegenheit hatte, euch Mädchen zu besuchen. Grüße bitte Rosa und Macu ganz herzlich von mir.
    Hemingway ist an Heiligabend nach Amerika abgereist. Er möchte mit dem Film, den er gemacht hat, Geld für die Republikaner auftreiben. Ich fürchte, es könnte zu spät sein. Wir verlieren diesen Krieg wegen der Extremisten, die, geblendet vom Dogma, den Blick für das große Ganze verloren haben. Wenn nur die Gruppierungen, die die republikanische Linke unterstützen – die Anarchisten, die Kommunisten und die Gewerkschaften ihre Streitigkeiten beilegen könnten. Es macht mich fertig, wenn wir wegen kleinlicher interner Streitereien der politischen Parteien gegen den Faschismus verlieren.
    Danke für das Weihnachtspäckchen mit Cadbury ’ s und Players. Ich habe mich so gefreut, dass ich beinahe geweint hätte. An Neujahr habe ich an dich gedacht. Ich bin früh aufgewacht und in den Hof hinaus, um eine Zigarette zu rauchen. Es schneite, und über mir flatterten Tauben. Es war wie im Märchen, die vollkommene Stille. Es erinnerte mich an die Schneekugel, die du so mochtest, als du klein warst. Weißt du noch? Ich habe sie damals kaputt gemacht. Wenn wir nach Hause kommen, kaufe ich dir eine neue.
    Die ganze Stadt ist wie eine Schneekugel. Teruel ist eine glitzernde Stadt aus Eis, gespickt mit Spitzen, dem Turm der Kathedrale. Wenn die Bomben fallen, steigt der Schnee auf wie die Geister der Toten. Wir brauchten Kräne, um die Fahrzeuge die steile Bergstraße hinaufzubefördern. Die Toten liegen am Straßenrand, gestapelt wie Brennholz, steif gefroren, zwischen kaputten Möbeln und ausgebrannten Lastwagen. O Gott, so ein Krieg ist etwas Scheußliches.
    Wenigstens hat die Linie gehalten, und die Stadt ist in unseren Händen. Die Schlacht tobt weiter. Ich habe gerade gesehen, wie fünfzig Menschen, die sich zwei Wochen lang in einem Keller versteckt hielten, von Milizsoldaten in Sicherheit gebracht wurden. Ein erbärmlicher Anblick. Sie sagen, die ersten zehn Tage an der Front sind die schlimmsten. Wenn du die überlebt hast, bist du ein Roboter. Du hast zu viele gute Männer sterben sehen. Hemingway sagt, am modernen Krieg ist nichts Ehrenvolles – die Menschen sterben wie Hunde, und das ohne Grund. Aber wenn ich die Männer um mich herum anschaue – die entschlossenen, harten Gesichter der Kommies und die schmächtigen Intellektuellen wie mich –, wenn jede Welle von Bataillons vorrückt, um dem Tod direkt ins Auge zu sehen, dann scheint mir immer, sie befinden sich in einer Art Ekstase. Männer, die gemeinsam kämpfen, die gemeinsam hoffen, haben etwas Nobles und eine Kraft an sich, die sie allein niemals erreichen könnten. Krieg ist blutig, aber er bringt die Wahrheit in Menschen zum Vorschein. Es kommt mir vor wie im Märchen, Gut gegen Böse, ganz einfach, aber die Ehre geht zugrunde.
    Etwas später schrieb Charles weiter.
    Das Granatfeuer wird schlimmer. Wir stehen kurz vor dem Ende. Wir sind Hand und Hand hineingegangen. Freya, ich habe einen Menschen getötet.
    Seine entsetzten, wütenden Augen werde ich nie vergessen. Er war älter als ich, etwa zwischen vierzig und fünfzig, aber er hat sich heftig gewehrt. Ich war noch nie so allein. Er oder ich – es gab keine andere Wahl. Das entsetzliche Stoßen, das Gebrüll, die

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