Das Haus der Tänzerin
selbstbewusst, wie du in einem dieser langen schwarzen Mäntel, die wir damals alle getragen haben, durch den Hof der Uni stolziert bist.«
Emma rückte von ihm weg. »Das war nicht ich, Joe, das war Lila. Sie hatte einen langen Mantel, nicht ich.«
»Ach ja?« Er schenkte ihr sein bestes unschuldiges Lächeln. »Du kennst mich doch, und mein Gedächtnis – lustig, es ist nicht mehr das, was es einmal war. Hey, nicht weinen.« Er nahm ihre Hand.
»Warum hast du das gemacht, Joe? Warum sie?«
Joe zuckte die Schultern. »Ich glaube, ich hatte einfach keine Lust mehr, Nein zu ihr zu sagen. Sie brauchte mich … und du, du hast mich offensichtlich nicht mehr gebraucht.«
»Das ist nicht wahr.«
»Wenn ich ehrlich bin, willst du wissen, warum ich Lilas Wunsch nachgegeben habe? Sex …«
»Dafür hast du alles aufs Spiel gesetzt, was wir hatten?«, fragte Emma wütend.
»Sie hatte mich zuvor schon oft genug gefragt.«
»Und was war dieses Mal anders?«
»Du.«
Emma schüttelte den Kopf. »Das kannst du nicht mir in die Schuhe schieben.«
»Und wann haben wir das letzte Mal zusammen geschlafen?«
Emma blickte auf ihren Bauch hinunter. »Vor fast neun Monaten.«
»Man muss sich weiterbewegen, Kleines. Wir hatten viel Spaß zusammen …«
»Wir hatten viel Spaß. Ich habe dich geliebt, Joe.« All ihre Wut stieg in ihr hoch, alles, was sie ihm hatte sagen wollen. »Du hast das Vertrauen in mich, in uns verloren. Du hattest etwas, wonach andere Menschen ein Leben lang suchen, und hast es weggeworfen. Selbst wenn wir um des Babys willen wieder zusammengekommen wären, es wäre nie mehr so geworden, wie es einmal war.«
»Es hätte besser werden können.«
»Nein. Nichts konnte besser sein als das, was wir hatten. Ich habe dich geliebt, Joe. Ich habe dir vertraut. Du hast mich nicht genug geliebt.«
»Em, die Menschen bauen manchmal Mist. Sie können egoistisch sein, impulsiv.«
»Ich spreche nicht nur von deiner Affäre. Du hast mich angelogen, selbst als ich schon alle Beweise hatte und dir eine Chance gegeben habe, alles zuzugeben. Du hast mich angelogen und behauptet, es wäre nur eine Nacht gewesen. Du hast mich behandelt wie eine Idiotin und hattest nicht den Anstand, ehrlich zu mir zu sein.«
»Ich habe gehofft, du würdest es nicht herausfinden.«
»Du hast mich gedemütigt.«
»Nicht jeder ist vollkommen.«
»Was soll das heißen? Dass ich es bin?«
»Nein, Kleines …«
»Das hat Lila gesagt, als ich sie darauf angesprochen habe. Dass ich immer das ›Head Girl‹ sei, zu vollkommen, zu verschlossen. Immer zuerst das Geschäftliche. Und jetzt sieh mich an, nichts Geschäftliches, keine Beziehung, nur das Baby.«
»Es tut mir leid, Em.« Er nahm ihre Hand. »Aber weißt du, auch wenn ich damals, als ich dich kennengelernt habe, gewusst hätte, was uns bevorsteht, ich würde nichts anders machen.« Tränen stiegen ihm in die Augen. »Wir haben viel Schönes zusammen erlebt. Das Beste. Ich habe dich geliebt, Em, aber unsere Zeit ist vorbei. Du musst ein neues Leben finden, für dich und den kleinen Joe.«
»Josephine.«
»Pah!« Joe lachte sanft. »Du wirst sehen. Es liegt jetzt an dir. Du schaffst das. Ich sehe dir zu und sorge dafür, dass er ein besserer Mensch wird als sein Vater.« Joe wischte ihr eine Träne von der Wange. »Es tut mir leid, dass ich nicht der Mann war, den du verdienst, Emma.«
»Es liegt an uns beiden. Unsere Liebe war für uns selbstverständlich.«
»Mach das nächste Mal nicht denselben Fehler.«
»Das nächste Mal?«
»O ja.« Joe lächelte. »Warte nur.« Er nahm die Decken von der Armlehne des Sofas und legte sich neben sie. »Das steht dir alles noch bevor, und er wird der glücklichste Mann der Welt sein.«
»Danke, Joe.« Emma seufzte müde.
»Wofür?«
»Dass du hierhergekommen bist.«
Joe küsste sie auf den Kopf. Sie war schon eingeschlafen. »Du hast ja keine Ahnung, Kleines, keine Ahnung.«
Eine Sirene auf der Straße schrillte durch die Nacht, und Emma wachte abrupt auf. Sie blinzelte und stellte verwirrt fest, dass sie allein war. »Joe?«, sagte sie. »Wow.« Sie erhob sich vom Sofa. »Das war seltsam.« Emma schlang die Arme um sich und blickte aus dem Fenster. »Du fehlst mir, Joe«, sagte sie leise. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, er sei wirklich nicht mehr da. Es gab keinen Zweifel mehr in ihrem Herzen.
Emma tapste durch das Zimmer und nahm das Kästchen mit den Briefen ihrer Mutter. Sie setzte sich wieder auf das Sofa und strich
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