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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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verdammt kalt.
    Es gab keinen Ort, an dem sie jetzt lieber wäre.
    Oh Gott, bitte nicht der Fluch der Wilsons, dachte sie verzagt. Das Leben war schon kompliziert genug. Sie sollte ihm davonlaufen, nach Hause, und die Türen hinter sich abschließen. Ihn aussperren und ihre verrückten Fantasien in sich einschließen, dann würden sie vielleicht verschwinden.
    Nein, sie würden sich nicht in Luft auflösen – das spürte sie mit niederschmetternder Gewissheit. Und sie wusste, dass er nur an ihre Tür zu klopfen brauchte, damit sie ihm auftat.
    Ihr Schicksal war besiegelt.

16. KAPITEL
    I n seinem ganzen Leben war er niemandem begegnet, der so jämmerlich ausgesehen hatte. Sophie hatte einfach dagestanden, mitten im Regen, und ihn mit diesem Blick angestarrt, der ihn an einen geprügelten Welpen erinnerte, und er hatte das absurde Verlangen gespürt, sie in die Arme zu schließen und ihr zu versichern, dass alles gut würde.
    Natürlich hatte er das nicht getan: nicht sein Stil. Außerdem wäre es eine Lüge gewesen. Er hatte sich über ihr Gewicht lustig gemacht, um sie aus ihrer Starre zu reißen und sie in Bewegung zu versetzen. Aber vielleicht war er damit zu weit gegangen: Obwohl er sie noch nicht bei Licht betrachtet hatte, war er schon zu dem unangenehmen Urteil gelangt, dass ihr weicher, üppiger Körper nahezu vollkommen war. Was für ein Jammer, wenn sein Kommentar sie dazu triebe, ihre Kurven wegzuhungern.
    Er griff sich einen Schwung dieser fadenscheinigen weißen Handtücher, die zur Ausstattung des Cottage gehörten, und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt, und das Kaminfeuer beschien ihr blutverschmiertes Gesicht. Das Haar klebte ihr strähnig am Kopf, ihr Kleid strotzte vor Blut und Dreck, und sie sah einer ersäuften Ratte so ähnlich, wie es einem Menschen überhaupt möglich war.
    Er wusste, was er tun wollte. Er wollte ihr das Blut und den Schmutz abwischen, ihr die ruinierten Klamotten vom Leib schälen und sie von innen heraus wärmen. Die letzte Nacht war nur ein Anfang gewesen, und er hatte sich den ganzen Tag über schwer getan, an etwas anderes zu denken als an Sophie.
    Und da war sie, verletzlich, voller Möglichkeiten, und er wollte jede einzelne davon erkunden, langsam und gründlich. Er wollte keinen Gedanken mehr an die Morde verschwenden, an die Vergangenheit oder auch die Zukunft. Er wollte sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, auf Sophie, auf ihren Geruch nach Blumen und frisch gebackenen Keksen.
    Er ließ die Handtücher in einen Korbsessel fallen. „Hast du dich schon angeschaut?“ erkundigte er sich und gab sich alle Mühe, die Hände von ihr zu lassen.
    Statt sich selbst zu betrachten, guckte sie ihn an. „Wie?“ fragte sie benommen.
    „Über der Fensterbank hängt ein Spiegel.“
    Sie drehte sich um, ausnahmsweise gehorsam, und musterte ihr Spiegelbild. Es hätte ihn nicht erstaunt, wenn sie in Tränen ausgebrochen wäre.
    Stattdessen gab sie zu seinem Erstaunen ein raues, verrostet klingendes Lachen von sich. „Verdammt“, sagte sie. „Kein Wunder, dass du versuchst, ausnahmsweise mal nett zu mir zu sein.“
    „Ich bin immer nett“, widersprach er ihr und setzte an, ihr mit einem der Frotteetücher das Haar trockenzureiben.
    „Ja, klar. Autsch!“ Sie riss ihm das Tuch aus den Händen. „Ich habe eine Kopfverletzung, schon vergessen? Ich mache das lieber selbst.“
    „In Ordnung“, erwiderte er und nahm sich ein anderes Handtuch. „Ich kümmere mich so lange um deinen Körper.“
    Sie trat einen Schritt zurück und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Ich breche dir die Pfoten.“
    „Du und welche Armee?“ Ihr war kalt – er bemerkte die Gänsehaut auf ihren Armen und das leichte Zittern ihres ganzen Körpers. Verdammt, er wollte sie wirklich nackt sehen. Letzte Nacht war die Dunkelheit eine sinnliche Verlockung gewesen – jetzt war er reif für ihren Anblick.
    Aber so elend, wie sie im Augenblick wirkte, durfte er sie auf keinen Fall bedrängen. „Setz dich in den Sessel, ich hole dir eine Decke“, meinte er. „Und dann werde ich mir mal deinen Kopf anschauen.“
    „Ich brauche deine Hilfe nicht.“
    „Du hast sie schon, ob es dir gefällt oder nicht. Und du hast es geschafft, dass dein Kopf wieder blutet.“
    „Nicht ich, du warst das“, bellte sie.
    Immerhin war sie noch imstande, sich mit ihm zu streiten. Solange sie von ihm angewidert war, würde sie wenigstens nicht wieder heulen. Mit weinenden Frauen

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