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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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bisschen dort um?
    Bisher hatte er immer eine Ausrede gefunden, um sich um diese Aufgabe herumzudrücken, aber allmählich hatte er es satt, ständig auf Nummer sicher zu gehen. Er war, verdammt noch mal, größer und stärker als jede der Frauen, die im Gasthaus wohnten. Wenn ihn jemand aufhalten wollte, würde er damit fertig werden. Wenn er schon Sophie nicht haben konnte, sollte er wenigstens nach ein paar Antworten suchen.
    Als er durch den Wald auf das Gasthaus zuging, konnte er nirgendwo Sophies Auto entdecken, aber das wunderte ihn nicht. Ihr leicht lädierter Subaru war sicher nach Colby abgeschleppt worden. Womöglich saß sie wie eine Spinne in der Küche und lauerte ihm auf.
    Er ging am verfallenen Geräteschuppen vorbei und blieb einen Augenblick stehen, als ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Das Dach war eingebrochen, die Tür aus ihren Angeln gefallen, und es sah so aus, als wäre der Verschlag seit zwanzig Jahren nicht mehr benutzt worden. Nicht, seit er sich mit der willigen und unersättlichen Lorelei für ein Schäferstündchen in den dunklen, mit Spinnweben durchsetzten Raum verdrückt hatte.
    Er linste durch ein zerbrochenes Fenster hinein und erblickte ein heilloses Durcheinander. Er meinte ein leises Rascheln zu hören und erinnerte sich an die Mäuse. Lorelei hatte Angst vor ihnen gehabt. Valette hatte sie gerne mit der bloßen Hand erschlagen.
    Alle verbliebenen Mäuse verdienten es, in Ruhe gelassen zu werden, und so ging er weiter um das Gebäude herum. Er fand keinen möglichen Einstieg, also musste er sich etwas ausdenken, um an der wachsamen Sophie vorbeizuschleichen.
    Vielleicht sollte er einfach zur Haustür hineinspazieren, sie ergreifen und nach oben in ihr Bett tragen. Er konnte sie besinnungslos vögeln und dann nach unten gehen und das alte Hospital durchsuchen, während sie schlief.
    Der Plan hatte eine Menge Schwachpunkte und nur einen Vorzug: Das war genau das, wonach ihm der Sinn stand.
    Unglücklicherweise wollte er es so sehr, dass er womöglich außerstande wäre, sich von ihr zu lösen und durch den verfallenen Trakt zu streifen. Und je länger er zögerte, desto weniger konnte er einen klaren Gedanken fassen.
    Er hatte vergessen, wie gut Colby und die kühle, friedliche Schönheit des Still Lake ihm gefallen hatten. Nirgends fühlte er sich so zu Hause wie hier, was wirklich völlig verrückt war. In seinem Haus in Sudbury, Massachusetts, hatte er sechs Jahre gewohnt: lang genug, um Wurzeln zu schlagen.
    Nur dass er nicht der Mann war, der Wurzeln schlug. Nicht hier, nicht anderswo.
    Er wollte gerade umkehren, als er in der Nähe des zugenagelten Flügels eine Bewegung wahrnahm. Da war jemand in den wildwüchsigen Büschen und beobachtete ihn. Vielleicht jemand Gefährliches – vielleicht sogar der Mörder. Oder jemand anderes, der wusste, was damals hier vorgefallen war.
    Er rührte sich nicht vom Fleck, spähte in das Gestrüpp und versuchte zu erkennen, wer sich da verbarg. Und dann teilten sich die Büsche, und zu seiner Verblüffung trat Sophies verrückte alte Mutter heraus.
    Mit ihrem wirren grauen Haar und ihrer grotesk zusammengestellten Garderobe sah sie so eigentümlich aus wie immer. Ihre Knopfaugen waren geradewegs auf ihn gerichtet, und zu seinem Erstaunen winkte sie ihn zu sich heran.
    Er hatte nichts zu verlieren, also überquerte er die offene Fläche bis zu den verwilderten Sträuchern. Sie packte ihn mit überraschend festem Griff am Arm und zog ihn tiefer zwischen die Büsche. Gerade als er sich fragte, ob sie nun endgültig übergeschnappt war, bemerkte er das offene Fenster.
    Jemand hatte die Planken abgelöst. Das Glas war schon vor langer Zeit zu Bruch gegangen, und Griffin nahm an, dass Grace diese Lücke benutzt hatte, um in den Flügel einzusteigen. Schließlich war sie mit Staub bedeckt.
    „Na los“, ermunterte sie ihn. „Seit Sie wieder hier sind, versuchen Sie doch, da hineinzugelangen.“
    Sie klang völlig normal, und es kostete ihn einige Mühe, sich zu vergegenwärtigen, dass er mit einer verwirrten alten Dame sprach. Seltsam, sie wirkte klarer im Kopf als die meisten anderen Leute, mit denen er in den letzten Tagen zu tun gehabt hatte.
    „Ich bin noch nie hier gewesen, Grace“, erklärte er ruhig.
    „Natürlich nicht. Und Ihr Interesse an den Morden ist rein akademischer Natur. Sie sind größer als ich, aber Sie passen trotzdem durch das Fenster. Geben Sie Acht auf die Scherben.“ Sie wandte sich zum

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