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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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bleiben?« Die Tür hinter ihm steht offen, und Cat springt augenblicklich auf und schießt wortlos hinaus. Blindlings prallt sie gegen George.
    »Cat! Ganz ruhig, Mädchen! Dir fehlt doch nichts? Bist du verletzt?«, fragt er und hält sie mühelos fest, obwohl sie schnurstracks an seinem starken Arm vorbei hinaus in den Sonnenschein gelaufen wäre, ohne ihn zu sehen.
    »George! Die haben mich eingesperrt!«, keucht sie.
    »Pst, pst, ja, ich weiß. Aber jetzt bist du wieder frei. Beruhige dich, Cat. Sieh mal, wo du bist.« Cat schaut sich irritiert um. Sie ist im Hauptraum der Polizeiwache, und hinter George in der offenen Tür schimmert die Straße im grellen Sonnenlicht.
    »Sie lassen mich gehen?«, fragt sie den Wachtmeister, der sie aus der Zelle geholt hat.
    »Diesmal ja. Aber machen Sie bloß keine Scherereien mehr, verstanden? Ich habe Gerüchte über Sie gehört, Miss Morley. Auf weitere solcher Szenen in der Öffentlichkeit können wir gut verzichten, verstanden?«
    »Aber … die wollten sie nicht sprechen lassen. Es war ihr gutes Recht, eine Rede zu halten! Und sie haben alles Mögliche geworfen – sogar eine tote Ratte, Herrgott noch mal! Auf zwei wehrlose Frauen!«, ruft sie aus. »Werden Sie denn den Mann einsperren, der die geworfen hat, hm?«
    »Wenn ich wüsste, wer das war, ja, dann würde ich ihn einsperren. Aber Sie machen mir kaum den Eindruck, eine wehrlose Frau zu sein, muss ich sagen. Zum Glück hat Mrs. Hever sich für Sie eingesetzt und uns berichtet, dass Sie nur versucht haben, sie vor dem … Unmut der Leute zu beschützen. Und George Hobson hier hat für Sie gebürgt. Also können Sie gehen.« Er kratzt mit einer Hand gedankenverloren an seinem Schnurrbart. Schweiß glänzt auf seinem Gesicht und bildet dunkle Flecken an seinem steifen Hemdkragen. »Diese Hitze«, brummt er. »Allmählich glaube ich, die macht die Leute noch ganz verrückt. Na, dann also fort mit Ihnen, und ich will Sie nie mehr bei so etwas sehen. Sonst kämen Sie vielleicht nicht wieder so leicht davon.« Er weist den beiden die Tür. George schiebt Cat hinaus, ehe sie noch etwas sagen kann.
    Ein paar Minuten lang gehen sie schweigend nebeneinander her. Die Hauptstraße ist inzwischen beinahe menschenleer, die Sonne sinkt dick und honigfarben zum westlichen Horizont hinab. Am Südende der Straße ist von dem Unrat, mit dem die WSPU -Rednerin beworfen wurde, nur ein wenig verstreuter Müll übrig geblieben. Cat kann ihren eigenen Schweiß riechen, durchdringend und widerlich. Sie stinkt nach der Angst, die sie in dieser Zelle gepackt hat, nicht wegen der Hitze. George geht mit gesenktem Blick und steifen Schultern neben ihr her. Cat späht zu ihm auf und versucht, in seiner Miene zu lesen.
    »Du hast für mich gebürgt? Was bedeutet das? Was hast du ihm gesagt?«, fragt sie zaudernd.
    George zuckt mit den Schultern, schiebt eine Hand in die Tasche und zieht sie dann wieder heraus. »Ich habe ihm gesagt, dass du mein Mädchen bist«, antwortet er barsch, »und ich dafür sorgen werde, dass du dich aus allem Ärger heraushältst.«
    Das entlockt Cat trotz allem ein Lächeln. »Ach, tatsächlich?« Sie stupst ihn spielerisch mit dem Ellbogen an. »Das möchte ich sehen.«
    Doch George erwidert ihr Lächeln nicht. Sein Blick ist bekümmert.
    »Bitte, Cat. Ich kann es mir nicht leisten, dich noch mal da herauszuholen«, sagt er, dann fährt er leicht zusammen und presst die Lippen fest aufeinander.
    »Du kannst es dir nicht leisten ? Was meinst du damit?«
    »Nichts. Vergiss, dass ich das gesagt habe.«
    »George – musstest du diesem Mann etwas bezahlen, damit er mich gehen lässt?«, flüstert sie. George tritt nach einem Steinchen auf der Straße, das in die Böschung kullert.
    »Vielleicht hätte er dich sowieso laufen lassen. Später, oder morgen. Vielleicht aber auch nicht.«
    »Wie viel?«
    »Mach dir deswegen keine Gedanken.«
    »Wie viel, George? Sag es mir«, fordert sie.
    »Ich werde es dir nicht sagen. Genug jetzt«, sagt er nur. Cat bleibt stehen, senkt beschämt den Kopf, und Tränen lassen den Anblick ihrer staubigen Schuhe verschwimmen.
    »Aber … dein Boot, George! Das hättest du nicht tun sollen!«, stößt sie erstickt hervor.
    »Ich musste es tun, Cat. Du warst eingesperrt! Ich wusste doch … ich wusste, wie sich das für dich anfühlt. Ich war nicht sicher, ob du das länger aushalten kannst … und ich konnte den Gedanken daran nicht ertragen.«
    »Aber du hättest es trotzdem nicht tun sollen!

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