Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)
nachdem Leah ihre Neugier erklärt hatte. »Vielleicht hat er die anderen nur verloren, oder sie wurden irgendwie zerstört, oder er hat sie gar nicht erst bekommen«, gab sie zu bedenken. »Wer weiß?«
»Mag sein.« Leah runzelte die Stirn. »Aber er ist mit diesen beiden so achtsam umgegangen. Er hat sie sehr sorgfältig aufbewahrt und sogar in der Schlacht bei sich getragen. Deshalb bezweifle ich, dass er viele andere Briefe verloren hat.«
»Wie bist du überhaupt auf die Geschichte gestoßen?«, fragte Sam.
Leah ließ den letzten Schluck Kaffee in ihrer Tasse kreisen und wich der Frage aus. »Du glaubst also auch, dass da eine Geschichte drinsteckt?«, fragte sie stattdessen.
»Himmel, ja! Wenn du herausfinden kannst, was für ein Verbrechen damals begangen wurde, und vielleicht sogar von wem, und wer dieser Mann und die Frau waren … dann ist da ganz sicher eine Story drin. Wie bist du darauf gestoßen, Leah?«
»Ich war doch letzte Woche verreist – da war ich in Belgien. Jemand von der Kriegsgräberfürsorge hat mich darauf angesprochen. Sie werden den Leichnam noch nicht gleich wieder beisetzen, sondern eine Weile warten, ob ich ihn vielleicht identifizieren kann«, antwortete sie so beiläufig wie möglich.
»Die Britische Kriegsgräberfürsorge? Doch nicht etwa Ryan? Leah – du warst doch nicht in Belgien, um Ryan zu treffen, oder?«, fragte Sam ernst. Sie fixierte Leah mit strengem Blick und ließ ihr keinen Ausweg mehr.
»Nicht, um ihn zu treffen! Nicht direkt deswegen! Er hat sich wegen der Geschichte mit mir in Verbindung gesetzt, und die wollen wirklich herausfinden, wer dieser Soldat war«, versuchte Leah sich zu rechtfertigen. Doch Sam hatte die Arme vor der Brust verschränkt und presste die Lippen zusammen.
»Sag mir, dass du nicht mit ihm geschlafen hast. Sag mir wenigstens das«, forderte sie. Und als Leah ihr nicht antwortete und ihr auch nicht in die Augen schauen konnte, nahm ihr Gesicht einen zutiefst bestürzten Ausdruck an. »Ach, Leah! Was hast du dir nur dabei gedacht?«
»Gar nichts«, antwortete Leah aufrichtig und zwirbelte ihre Serviette zusammen, bis das Papier riss. »Ich habe überhaupt nicht nachgedacht. Anscheinend kann ich das nicht, wenn es um ihn geht. Ich bin dann einfach völlig durcheinander. Ich fühle mich wie ein Handy, das einer verdammten Mikrowelle zu nahe kommt!«, erklärte sie leise und verzweifelt.
»Genau deswegen hatten wir doch beschlossen, dass du ihn nicht wiedersehen würdest. Leah – jedes Mal, wenn du ihn siehst, wirft dich das wieder viele Schritte zurück. Schau dich nur an, du siehst fix und fertig aus.«
»Danke. Glaubst du, das wüsste ich nicht?«
»Warum muss ich es dir dann immer wieder sagen? Im Ernst, Leah. Ryan ist absolut verbotene Zone. Er hat gewaltigen Mist gebaut. Ich meine … riesigen Mist.« Sam hielt die Hände zur Verdeutlichung weit auseinander.
»So einfach ist das nicht. Wie du es ausdrückst, hört es sich so kindisch an«, brummte Leah.
»So meine ich das nicht. Ich weiß, wie schwer es für dich ist – das weißt du doch. Und ich war für dich da und habe dir geholfen, die Scherben aufzulesen, oder etwa nicht? Ich will das nur nicht noch einmal machen müssen.«
»Mir geht es gut. Ehrlich. Jetzt habe ich ja diese Story, an der ich arbeiten …«
»Wirst du zusammen mit Ryan daran arbeiten? Wirst du mit ihm in Kontakt stehen?«, unterbrach Sam sie.
»Nein. Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich nicht mal von ihm verabschiedet. Ich habe ihm nur eine E-Mail geschrieben, dass ich so viel wie möglich in Erfahrung bringen werde, aber das war alles. Ich werde ihn nicht über den aktuellen Stand auf dem Laufenden halten oder so. Entweder gelingt es mir, in den nächsten paar Wochen etwas herauszufinden, oder eben nicht. Und das Ergebnis, wie auch immer es aussehen mag, kann ich ihm per E-Mail mitteilen. Ich brauche ihn nicht wiederzusehen.«
»Tja, dann will ich nur hoffen, dass du dich selbst davon überzeugen kannst, denn mich überzeugst du kein bisschen.«
»Ach, Sam, komm schon. Ich bin hier, um dir von der Story zu erzählen – nur darum ging es mir, ehrlich. Sie ist mir jetzt schon wichtiger als … als das, was in Belgien passiert ist. Du brauchst mich nicht dafür zu bestrafen, dass ich ihn wiedergesehen habe. Mit ihm geschlafen habe. Das überhaupt zu tun war schon Strafe genug, okay?«
»Okay! Kein Wort mehr davon. Du fährst also nach … wie hieß der Ort gleich wieder? Cold Ass?«
»Cold Ash
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