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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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schmerzhaft blendet, dass sie die Hände vors Gesicht schlägt.
    »Ich werde noch blind!«, ruft sie. Vom Sprechen ver krampft sich ihre Brust, und sie hustet so heftig, dass sie sich, überwältigt vom plötzlichen Schmerz hinter ihren Rippen, zusammenkrümmt. Dieser Husten lauert also immer noch in ihrem Inneren. Er hat sie noch nicht verlassen.
    »Cat, bist du das? Fehlt dir etwas?« George späht in die Dunkelheit und dreht die Lampe herunter, um das Licht zu dämpfen.
    »Wie viele andere Mädchen besuchen dich denn mitten in der Nacht, George Hobson?«, fragt sie spitz, als der Hustenanfall endlich vorüber ist.
    »Nur du, Black Cat.« Er lächelt.
    »Tja, dann muss ich es wohl sein. Musst du arbeiten? Warum bist du nicht im Pub?«
    »Ich kann nicht jeden Abend in den Pub gehen, Cat Morley. Da hätte ich mich bald arm gesoffen. Ja, ziemlich bald sogar«, sagt er wehmütig. »Warum keuchst du denn so? Bist du gerannt?«
    »Fahrrad gefahren«, antwortet Cat. »Ich habe mir das Fahrrad des Pfarrers geborgt und war viel schneller hier als zu Fuß! Also kann ich auch viel schneller wieder zurück sein und länger bei dir bleiben.«
    »Du hast dir sein Fahrrad geborgt ? Das bedeutet im Allgemeinen, dass du um Erlaubnis gefragt hast …«
    »Sei nicht albern. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Was tust du eigentlich abends auf so einem kleinen Kahn?«
    »Komm an Bord, dann zeige ich es dir«, lädt George sie ein. Im gedämpften Lampenschein hat sein Gesicht scharfe Konturen. Die Falten um seine Augen, von der Sonne gra viert, die breite Furche über seinen Brauen, das kräftige Kinn. Die Blutergüsse von seinem letzten Kampf sind verblasst und erscheinen nur noch als vage, bräunliche Flecken wie schmuddelige, verschmierte Daumenabdrücke. Sein Hemd ist am Kragen offen, die Ärmel sind hochgekrempelt. Er zeigt so viel Haut, so viel von seinem Körper, sichtbare Beweise seiner Vitalität. Cat genießt seinen Anblick und fühlt sich mit jeder Sekunde stärker. Etwas entfaltet sich in ihr, wenn er lächelt, wie die frischen grünen Blätter einer zarten Pflanze. Sie nimmt seine Hand und macht einen großen Schritt auf das Deck, doch an der Kabinentür zögert sie. Da drin ist es wirklich sehr beengt.
    »Ich … ich mag enge Räume nicht«, sagt sie.
    »Ich brauche die Tür ja nicht zu schließen, wenn du das nicht möchtest«, entgegnet George, nicht im Mindesten verwundert über ihr Eingeständnis. Cat steigt ein paar der schmalen hölzernen Stufen hinunter, setzt sich dann und schlingt die Arme um die Knie. Hinter ihrem Kopf erstreckt sich immer noch der gewaltige, beruhigende Nachthimmel.
    Die Kabine ist niedrig und schmal mit kaum etwas darin außer einem Bett an einer Seitenwand und ein paar Regalbrettern und einem Ofen an der anderen. Auf dem Bett liegen Flickenteppiche als Matratze und fadenscheinige Decken. Ein Blechkessel steht auf dem Ofen, doch die Asche darin ist längst erkaltet. George beobachtet, wie sie rasch den Blick durch seine Behausung schweifen lässt. Er runzelt leicht die Stirn, als wäre er auf einmal unsicher.
    »Ist ziemlich einfach, das gebe ich zu. Muss einem sehr ärmlich vorkommen, wenn man in vornehmen Häusern wohnt.«
    »Ich arbeite in diesen vornehmen Häusern«, korrigiert ihn Cat. »Aber ich wohne in einer engen Dachkammer, die bei dieser Hitze unerträglich ist«, fügt sie hinzu.
    »Ja, es ist wirklich heiß. Ich hätte es nicht ausgehalten, den Ofen anzuheizen, deswegen kann ich dir nicht mal Tee oder Kakao anbieten.«
    »Du hast Kakao da? Ist das bei dir so üblich?«, fragt Cat und zieht eine Augenbraue hoch.
    »Um ehrlich zu sein, nein«, gibt George zu. »Aber ich habe Ingwerlimonade.«
    » Ingwerlimonade ?«
    »Die mochte ich schon als Kind.« George zuckt verlegen mit den Schultern. »Also, möchtest du welche?«
    »Na schön. Gerne. Meine Kehle ist ganz trocken vom Husten.«
    »Woher kommt der eigentlich? Man hört es manchmal, wenn du sprichst. Dann scheint dein Atem zu stocken, als warte der Husten nur darauf, sich über dich herzumachen.« Er nimmt eine braune Flasche von einem Regal und gießt den Inhalt in zwei Zinnbecher. Cat überlegt, bevor sie antwortet. Sie hört es nicht gern – dass andere die Zeichen dieser verborgenen Infektion an ihr wahrnehmen können.
    »Ich habe im Gefängnis eine Lungenentzündung bekommen«, antwortet sie knapp. »Der Arzt hat zwar gesagt, es würde lange dauern, bis sie ausgeheilt ist, aber ich gebe zu, ich hatte gehofft, dass

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