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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Handzettel. Darauf ist ein grobkörniges Foto abgedruckt, ein Dampfer voller Mädchen in Sonntagsschul-Uniform, die unter ihren Strohhüten hervor in die Kamera lächeln. »Scenic Pleasure Cruises« steht darüber. »Bootsausflüge?«, fragt sie.
    »Ja, Vergnügungsfahrten hat der Mann es genannt, den ich kennengelernt habe. Er betreibt sein Geschäft droben in Bath und Bradford, und früher war er Frachtschiffer, genau wie Charlie Wheeler. Jetzt verdient er gut – besser als vorher –, indem er Leute auf dem Kanal spazieren fährt.«
    »Und du willst hier weggehen, um für ihn zu arbeiten?«, fragt Cat mit trauriger Miene. Ihr ist augenblicklich klar, dass sie das Leben in Cold Ash Holt nicht ertragen könnte ohne George.
    »Nein! Nein, auf keinen Fall! Ich will mein eigenes Boot kaufen und es genauso machen wie er! Ich kann mir zwar nur ein altes Boot leisten, aber ich könnte es reparieren und selbst in Schuss bringen. Vertäuen würde ich es in Hungerford, denn dort gibt es noch keine solchen Ausflugsboote. Es würde mein Zuhause und mein Geschäft zugleich werden, und ich wäre endlich frei und könnte meinen eigenen Weg gehen«, sagt George mit fester, entschlossener Stimme.
    »Das wäre himmlisch. Frei zu sein!« Cat starrt in die Ferne, ganz begeistert von dem Gedanken. Sie kann sich kaum vorstellen, wie es sein könnte, einfach so zu leben, wie es ihr gefällt. Doch einen Moment lang löst der Gedanke ein aufgeregtes Kribbeln aus, das ihr wie ein Schauer über den Rücken läuft. Dann seufzt sie. »Ich glaube nicht, dass ich je frei sein werde.«
    »Jeder Mensch kann frei sein. Man muss nur einen Weg dahin finden.«
    »Und wie lange wird es dauern, bis du genug Geld für dein Boot gespart hast?«
    »Nicht mehr lange. Noch vier Monate vielleicht. Oder sogar schon eher, wenn ich mehr Kämpfe arrangiert bekomme – und gewinne, versteht sich.«
    »Natürlich wirst du sie gewinnen! Niemand könnte dich schlagen – ich habe dich kämpfen sehen. Du bist wie Hektor, oder Achill.«
    »Wie wer?«, fragt George stirnrunzelnd.
    »Halbgötter der Antike.«
    »Ach ja? Und woher um alles in der Welt weißt du von denen?«
    »Mein Vater hat mich lesen gelehrt, als ich noch sehr klein war. Er hat mir Bücher geliehen, die ein Kind aus der Arbei terschicht normalerweise nie zu lesen bekäme. Ich glaube, das hat ihn sehr amüsiert«, schließt Cat grimmig.
    »Warum das denn?«
    »Ihm war immer klar, dass ich im Leben nicht aus dem Stand herauskommen werde, in den ich zufällig hineingeboren wurde. Warum hat er sich dann überhaupt die Mühe gemacht, meinen Horizont zu erweitern? Mich zu bilden? Das habe ich mich oft gefragt.«
    »Vielleicht wollte er dir nur einen guten Anfang verschaffen. Vielleicht dachte er ja, dass du doch über deinen Stand hinauswachsen könntest mit dieser Bildung, die er dir geschenkt hat?«
    »Er hätte mir diesen Anfang mit Leichtigkeit selbst bieten können, und doch hat er mich zur Dienerin gemacht. Seine Bildung war ein grausames Geschenk, eine hübsche, leere Schachtel.«
    »Aber dennoch ein Geschenk, und vielleicht gut gemeint. Ich habe von meinem Vater nichts bekommen außer Prügel und blaue Flecken.«
    »Vielleicht hat er dir damit ein Geschenk gemacht, ohne sich dessen bewusst zu sein. Vielleicht hat er dich das Kämpfen gelehrt, und mit dem Geld, das du dabei verdienst, wirst du bald frei und unabhängig sein.« Cat streckt die Hand aus, streicht Georges muskulösen Arm hinauf und schmiegt sie an seinen Nacken.
    »Die meisten Mädchen würde es abschrecken, mich kämpfen zu sehen, überhaupt zu wissen, was ich tue. Immerhin breche ich damit das Gesetz, und der Sport ist nicht gerade vornehm«, sagt George leise und beugt sich zu ihr herüber. Sie neigt den Kopf und berührt seine Stirn mit ihrer.
    »Wozu brauche ich Vornehmheit? Die ist nichts als eine Maske, die Männern erlaubt, grausam und unaufrichtig zu sein«, murmelt Cat. Sie küsst ihn, und eine verblüffte Sekunde lang erstarrt er, als sei er unsicher. Doch dann schlingt er die Arme um sie, hebt sie mühelos vom Stuhl auf seinen Schoß und drückt sie an sich. Cat lässt sich von ihm in den Armen halten und nimmt die Hitze wahr, die zwischen ihrer Haut und seiner aufflammt, sie schmeckt seinen Mund und spürt ihren rasenden Herzschlag, der so laut in ihren Ohren hämmert. Sie streckt einen Arm nach hinten aus, um die Kabinentür zu schließen, als George sie rückwärts zu dem schmalen Bett zieht, und es ist ihr völlig

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