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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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nach alldem, was du erlebt hast. Ich habe mich bei Mrs. Bell eingehend nach deiner alltäglichen Arbeit hier erkundigt, und sie findet nichts daran auszusetzen. Und ich muss schon sagen, wenn Sophie Bell an deiner Arbeit nichts auszusetzen hat, dann gibt es daran nichts auszusetzen!«
    »Diese Frau hasst mich«, sagt Cat ausdruckslos.
    »Nicht doch! Ganz gewiss nicht! Wenn sie streng mit dir umgeht, nun, dann deshalb, weil es ihr sehr wichtig ist, dass alles richtig und ordentlich gemacht wird. Jedenfalls sind der Pfarrer und ich durchaus zufrieden mit deiner Arbeit und werden dich sehr gern bei uns behalten, aber ich muss dich bitten, Mrs. Bell den Respekt zu erweisen, der einer Frau in ihrer Position zusteht. Immerhin ist sie hier die Haushälterin und schon seit einigen Jahren bei mir angestellt. Sie darf keinesfalls verärgert werden!« Cat begegnet ruhig Hesters Blick und sagt nichts, was diese hoffen lässt, dass sie sich fügen wird. »Nun, das wäre also geklärt. Hier, Cat – das habe ich für dich gemacht. Ein kleines Willkommensgeschenk, mit dem du dein Zimmer ein wenig schmücken kannst.« Sie reicht Cat eine gerahmte Stickerei. Cat blickt einen Moment lang darauf hinab, und als sie den Kopf wieder hebt, glänzen ihre Augen wie von Tränen.
    »Danke, Madam«, sagt sie, und die Worte klingen abgehackt, fast ein wenig erstickt. Hester ist erfreut, als sie sieht, dass Cat anscheinend geradezu überwältigt ist.
    »Es ist mir ein Vergnügen, Kind. Nun geh ruhig wieder an die Arbeit«, sagt sie und entlässt Cat mit einem Nicken. Cat stakst mit gestrafften Schultern hinaus.
    In der Küche schleudert Cat die Stickerei auf den Tisch, starrt sie an und beißt sich fest auf die Unterlippe. Der Bursche vom Lebensmittelgeschäft liefert Kisten voller Ware und hat Mühe, durch die hoch gestapelten Päckchen Mehl, Reis und Gelatine etwas zu sehen.
    »Ist das zu fassen?«, fragt Cat ihn und deutet zornig auf den gerahmten Stoff.
    »Was denn, Miss?«, fragt der Junge. Er ist höchstens zwölf Jahre alt.
    »Das!« Cat hebt den Rahmen auf und fuchtelt wütend damit herum. Der Bursche tritt näher, kneift kurzsichtig die Augen zusammen und liest stockend:
    »De… Dem…«
    »Demut!«, faucht Cat.
    »Demut ist des Dieners wah…re Würde«, sagt der Junge und blickt zu ihr auf, um festzustellen, ob er es richtig gemacht hat.
    »Ist das zu fassen?«, fragt Cat erneut. Der Bursche zuckt verständnislos mit den Schultern.
    »Weiß nicht, Miss«, nuschelt er und tritt den Rückzug an.
    »Was für eine Laus ist dir denn jetzt schon wieder über die Leber gelaufen?«, fragt Mrs. Bell, die in die Küche gewatschelt kommt und den Wasserkessel auf den Herd knallt.
    »Nichts, was Sie etwas anginge, Mrs. Bell«, erwidert Cat tonlos.
    »Alles in diesem Hause geht mich etwas an, mein Mädchen«, sagt die Haushälterin tadelnd. Sie entdeckt die Sti ckerei auf dem Tisch, greift danach und betrachtet den Spruch. »Das hat sie für dich gemacht, ja?« Cat nickt. »Worüber regst du dich denn so auf?«
    »Ich … Ich bin mit dieser Aussage nicht einverstanden.«
    Mrs. Bell wirft ihr einen abschätzigen Blick zu. »Tja nun, das glaube ich gern, so voll heißer Luft und großartiger Meinungen, wie du bist. Sei bloß dankbar, dass du eine Herrin hast, die etwas Hübsches für dich macht, statt dich mit der Peitsche anzutreiben. Der erste Herr, für den ich gearbeitet habe, ist heruntergekommen und hat die Küchenmädchen geschlagen, wenn ihm sein Tee zu kalt war oder zu heiß oder zu lange gezogen. Ich sage dir, du hast es hier gut getroffen, und das solltest du besser nicht vergessen!« Ihre Arme, die sie vor der Brust verschränkt hat, sehen aus wie dicke Schinken.
    »Weshalb sollten für uns andere Regeln gelten, Sophie? Sind wir nicht auch menschliche Wesen, genau wie die da oben?«, fragt Cat. Sie greift wieder nach dem gestickten Sinnspruch und betrachtet ihn genau. Hester hat eine kleine Tigerkatze in eine Ecke gestickt, die zwischen blauen Kornblumen einen Buckel macht. Cat streicht mit dem Daumen über das perfekt gestickte kleine Geschöpf und runzelt die Stirn.
    »Wovon redest du nur, Mädchen? Natürlich gelten für die andere Regeln als für uns!«
    »Aber warum sollte das so sein?«, fragt Cat hitzig.
    »Weil es schon immer so war, und so wird es auch immer bleiben! Wie ist es nur dazu gekommen, dass du völlig vergessen hast, welchen Platz du in dieser Welt einnimmst?«, fährt Mrs. Bell auf.
    »Ich glaube nicht, dass ich in

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