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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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erkundigen, ob der Pfarrer krank sei, weil er sie seit über zwei Wochen nicht mehr besucht hatte. Ich muss zur Erklärung sagen – Mrs. Urquharts Vater ist sehr alt und gebrechlich und wartet schon seit geraumer Zeit darauf zu sterben. Er leidet sehr, der arme Mann, jeder Tag ist eine Prüfung für seinen Glauben, und er kann schon seit Monaten nicht mehr in die Kirche gehen. Also hat Albert ihn oft besucht, um ihm Trost zu spenden und mit ihm zu beten, mindestens zweimal die Woche. Doch seit der Theosoph hier ist, hat er diese Besuche eingestellt. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll, Amy. Es sieht Albert so gar nicht ähnlich, seine Pflichten zu vernachlässigen, doch diese neue Begeisterung scheint Vorrang vor allen anderen Angelegenheiten zu haben.«
    »Diese neue Begeisterung – meinst du damit für die Theosophie oder für Mr. Durrant?«, fragt Amy ein wenig spitz.
    »Die Theosophie … oder vielmehr beides, denke ich«, sagt Hester, blickt zu ihrer Schwester auf und versucht, in deren Miene zu lesen.
    »Das ist tatsächlich eine besorgniserregende Entwicklung. Ich frage mich, was Albert an diesem Mann so anziehend findet?«
    »Du glaubst also, es liegt an dem Mann und nicht an den Ideen, die er mitgebracht hat?«
    »Nun, du etwa nicht, meine Liebe? Immerhin ist anzunehmen, dass Albert schon vor einiger Zeit von Feen und der Theosophie erfahren hat. Weshalb wird er dann erst seit Mr. Durrants Ankunft dermaßen davon in Anspruch genommen?«
    »Amy – ich verstehe dich nicht«, sagt Hester verzweifelt.
    »Vielleicht irre ich mich. Ich muss den jungen Mann ein wenig besser kennenlernen«, entgegnet Amelia, lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und lässt den Blick in die Ferne schweifen. Ihre Tränen, schon von der Sonne getrocknet, haben zartrosa Spuren in ihrem Gesichtspuder hinterlassen.
    »Aber natürlich«, sagt Hester und versucht immer noch zu enträtseln, was ihre Schwester gemeint haben könnte.
    In der Küche schiebt Cat das leere Tablett auf den Tisch und geht dann hinüber zur Spüle. Sie hält die Hände in das Wasserbecken, in dem die Milchkrüge stehen. Eigentlich sollten sie darin kühl gehalten werden, doch das Wasser ist inzwischen so warm wie Blut. Sie spritzt sich dennoch etwas davon auf die Unterarme und fährt sich mit den nassen Händen über den Nacken in der Hoffnung auf ein wenig Erfrischung.
    »Die Milch wird bis heute Abend schlecht«, warnt sie Mrs. Bell, die in ihren Stuhl gequetscht dasitzt, die aufgeschlagene Zeitung vor sich auf dem Tisch.
    »Sie wird noch schneller sauer werden, wenn du ständig deine heißen Hände ins Becken tauchst«, erwidert die Haushälterin.
    »Ich kann nicht anders. Sobald ich mich in dieser Hitze bewege, koche ich. Und irgendjemand muss sich ja in diesem Haus bewegen«, brummt sie matt. Sophie Bells Gesicht ist puterrot, gesprungene Äderchen zeichnen sich dunkel auf ihren Wangen ab, und wenn sie sich zu viel bewegt, wird ihre Oberlippe weiß, und ihr Blick verschwimmt. Cat will auf keinen Fall, dass die Frau in Ohnmacht fällt. Dann könnte sie weiß Gott kein Mensch aufheben, und sie müssten den ganzen Tag lang über ihren massigen Körper hinwegsteigen, bis es kühler würde und sie von selbst wieder auf die Füße käme.
    »Sieh mal da drüben«, sagt Mrs. Bell seufzend. »Ich habe etwas von dem Eistee für uns zurückbehalten. Und schenk mir auch ein Glas ein, wenn du schon dabei bist.« Cat zieht das Leinentuch von einem Krug auf dem Wandbord und verscheucht damit eine Handvoll durstiger Fliegen, die vergeblich auf einen Schluck gewartet haben. Die Eisbrocken im Krug – von einem Block, der am Morgen aus Thatcham geholt wurde – sind vollständig geschmolzen, aber der Tee ist noch kühl und schmeckt köstlich nach frischer Minze und Zitronen. Cat stürzt ihr Glas herunter wie ein Kind und schließt die Augen, als ein herrlich kalter Schauer sie über läuft. »Wenn die Männer den ganzen Tag lang unterwegs sind, haben wir wenigstens ein bisschen weniger Arbeit«, bemerkt Sophie Bell. »Hast du gehört, wo der Feenmann hinwollte?«
    »Nach Reading, hat er gesagt«, antwortet Cat und wischt sich den Mund am Schürzensaum ab. »Er hat nur gesagt, er hätte dort etwas zu erledigen.«
    »Hm. Also, ich bin diese Woche zufällig Dolores Mickel begegnet, deren Schwester in einem großen Haus in Reading in Anstellung ist, und sie sagt, dass die Familie, für die ihre Schwester arbeitet, die Familie Durrant schon sehr lange kennt. Mr. Robin

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