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Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der vergessenen Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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zerbrechlich«, ruft Amelia aus. Mr. Barkers Unterkiefer verschwindet grimmig in seinem Bart, und er nickt verdrießlich.
    »Liebste Amelia! Ich freue mich so, dass du da bist! Kommt, Kinder, lasst euch ansehen«, sagt Hester. Sie hält die beiden Kinder auf Armeslänge bei den Schultern. Der elfjährige John hat hellblondes Haar und ein recht verkniffen wirkendes Gesicht, und er ist nur Haut und Knochen. Die achtjährige Ellie ist rundlich und fröhlich mit hellgrauen Augen und einem eingezogenen Kinn wie dem einer Porzellanpuppe. Ihr blau-weißes Matrosenkleidchen spannt sich über einem runden Bauch und ist zerknittert von der Reise. Genau so sah ich wohl in ihrem Alter aus, denkt Hester, und ein Gefühl von tiefer Zuneigung breitet sich fast schmerzhaft in ihrer Brust aus. »Du meine Güte, seid ihr aber groß geworden! Ich erkenne euch ja kaum wieder! Riesig seid ihr!«, ruft sie aus. Ellie strahlt sie an, doch John verdreht ein wenig die Augen, senkt dann den Kopf und scharrt verlegen mit den Füßen.
    »Jetzt mach nicht so ein Gesicht, John! Gib deiner Tante einen Kuss«, weist Amelia ihn scharf zurecht.
    »Ach, nicht doch.« Hester geht in die Hocke und lächelt die Kinder an. »Erzwungene Küsse will ich gar nicht haben, nur freiwillig verschenkte. Was sagst du, John?« Hesters Neffe beugt sich vor und küsst sie hastig auf die Wange. Ellie streckt die Arme aus, und Hester drückt sie freudig an sich. »Lauft nach hinten in den Garten und vertretet euch die Beine, Kinder. Na los! Wenn euch warm wird, holt euch ein Glas Limonade!«, ruft sie ihnen nach. Schon traben sie dankbar davon und verlieren sich zwischen den hohen Blumenrabatten und den unter der Sonne leidenden Stauden.
    »Ach, dem Himmel sei Dank!«, seufzt Amelia, stellt ihr Toilettenköfferchen ab und umarmt ihre Schwester. »John war während der ganzen Fahrt hierher unausstehlich! Er kann nichts dafür – er ist nur so enttäuscht, dass sein Vater nicht mitgekommen ist …«
    »Ja, wo ist Archie denn? Wollte er nicht auch kommen?«
    »Doch, aber er hat es sich in letzter Minute anders überlegt. Es tut mir so leid, Hetty! Typisch Archie – er hatte bereits einen Termin in seinem Club, von dem er mir nichts gesagt und den er selbst schon ganz vergessen hatte. Aber ich bin hier und habe die Kinder mitgebracht, und wir werden uns gewiss auch ohne ihn gut amüsieren.« Amelia lächelt. Sie ist fünf Jahre älter als Hester und besitzt eine Anmut und Eleganz, um die ihre jüngere Schwester sie stets beneidet hat. Katzenhafte Wangenknochen, ein zartes Kinn und tiefblaue, mandelförmige Augen. Ihre Schönheit war das vorherrschende Gesprächsthema in der Saison ihres Debüts, doch jetzt wirken ihre Wangen ein wenig hohl, sie hat zarte Ringe unter den Augen, und ihre Haut hat bereits das lebendige Strahlen der Jugend eingebüßt.
    »Du siehst ein bisschen müde aus, Amy. Geht es dir nicht gut?«, fragt Hester mitfühlend. Amelias Lächeln erstarrt, und zu Hesters Entsetzen treten ihr Tränen in die Augen, die in der Sonne glitzern. »Amy! Was hast du? Was fehlt dir denn?«, fragt sie und ergreift die langgliedrigen Finger ihrer Schwester.
    »Wir unterhalten uns lieber nicht hier draußen«, sagt Amelia mit gesenkter Stimme, weil Cat hinter ihnen im Hausflur erschienen ist. »Haben wir die üblichen Zimmer?«
    »Oh, also … leider hat Mr. Durrant das Zimmer bezogen, in dem sonst die Kinder wohnen. Ich fand es unhöflich, ihn umzuquartieren, da er schon einige Wochen bei uns ist und es sich in diesem Zimmer so bequem gemacht hat …«
    »Ja, das erwähntest du bereits«, entgegnet Amelia besorgt.
    »Aber Cat hat ihnen das Gästezimmer in der Westecke zurechtgemacht – da werden sie es bestimmt sehr gemütlich haben.«
    »Kann denn niemand dem Mädchen mit unserem Gepäck helfen?«, fragt Amelia und mustert Cats magere Arme und Schultern, als die einen der großen Reisekoffer packt. Sie biegt den ganzen Körper zurück, um ihn vom Boden hochzuheben.
    »Ich komme schon zurecht, danke, Madam«, presst Cat hervor, die kaum atmen kann.
    »Augenblick – bitte lassen Sie mich das nehmen«, sagt Robin Durrant, der eben in der Haustür erscheint. Er nimmt Cat mit Leichtigkeit den Koffer aus der Hand und trägt ihn in den Flur.
    »Oh! Mr. Durrant … sehr freundlich von Ihnen. Darf ich Ihnen meine Schwester vorstellen, Mrs. Amelia Entwhistle? Amy, das ist unser Gast, der Theosoph Mr. Robin Durrant«, sagt Hester, bemüht, sich durch ihren Tonfall nicht zu

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