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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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uniformierte Männer in dichter Formation den Raum betreten. Es warenkeine Besucher – ihre Gesichter waren ausdruckslos, ihre Haltung umsichtig und kontrolliert. Sie ließen prüfende Blicke durch den Raum schweifen, denen nichts entging.
    Auch Griffin hatte die Männer bemerkt. Jac sah sich um. Jeder, auch ihr Bruder, beobachtete jetzt die heranrückende Phalanx von Menschen.
    Sobald alle zwölf Männer im Raum standen, öffneten sie ihre Formation. Ein zierlicher, kahlgeschorener Mann mit Brille und Mönchsgewand trat aus ihrer Mitte hervor. Bevor er seinen Rundgang durch die Ausstellung begann, verbeugte Seine Heiligkeit sich mit einem Lächeln vor den anderen Besuchern. Dann erst trat er zu dem ersten Bild und studierte es.
    Griffin verharrte reglos und wachsam und beobachtete die Szene. Seine Anspannung und Konzentration war ihm deutlich anzusehen. Er ließ seine Augen über die anderen Besucher wandern. Jac tat es ihm nach. Sie mussten herausfinden, ob jemand Robbie oder sie beachtete.
    Wenn irgendjemand herausbekommen hatte, was sie vorhatten, wäre er – oder sie – jetzt besonders vorsichtig. Doch konnte überhaupt jemand davon erfahren haben? Selbst Robbie wusste erst seit heute früh, wann und wo das Treffen stattfinden sollte.
    Der Dalai Lama verbrachte mindestens eine halbe Minute vor dem ersten Bild, beugte sich interessiert vor und trat wieder zurück. Er zeigte in die obere linke Ecke des Bildes und sprach gestikulierend mit einem seiner Begleiter über etwas, das ihm offenbar gefallen hatte. Seine Heiligkeit strahlte so viel reine Freude aus, dass Jac es noch von der anderen Seite des Raums aus spüren konnte. Einen Augenblick lang war sie wirklich davon überzeugt, dass alles gut werden würde.
    Sie blickte verstohlen zu Robbie hinüber. Er strahlte sie an. Ihr Bruder hatte es auch gespürt.
    Der Mönch im Buddhistischen Zentrum hatte Griffin undihr sehr klare Anweisungen erteilt: »Warten Sie, bis Seine Heiligkeit seinen Rundgang durch die Ausstellung beendet hat und mit den Besuchern zu sprechen beginnt. Dann sollte Ihr Bruder sich ihm nähern und Seiner Heiligkeit seinen Namen nennen. Der Dalai Lama und die Dhob-Dhob-Garde werden wissen, dass er kommt und dass er ein Geschenk dabeihat. Einer der Leibwächter wird das Geschenk an sich nehmen.«
    Der alte, aber sehr agile Mönch ging weiter von einem Bild zum nächsten, betrachtete sie eingehend und war sichtlich begeistert davon. Sein Vergnügen war ansteckend, und inzwischen trugen auch die meisten Besucher ein glückliches Lächeln auf den Gesichtern. Nur in der Gruppe der asiatischen Künstler war Disharmonie zu spüren. Zwei der jungen Männer verzogen angewidert das Gesicht, und eine junge Frau wirkte zutiefst entsetzt. Ein älterer Herr, der neben Xie Ping stand, betrachtete den Dalai Lama ehrfurchtsvoll.
    Als Seine Heiligkeit den Rundgang beendet hatte, trat er in die Mitte des Saals, legte die Handflächen aneinander und verneigte sich. Dann lächelte er wieder und ging geradewegs auf die nächststehende Besucherin zu, eine Frau, die viel zu schockiert war, um auch nur ein Wort herauszubringen.
    »Ich beiße nicht«, sagte der Dalai Lama auf Französisch, lachte und reichte ihr beide Hände.
    Während er sich den nächsten Besuchern zuwandte, flankierten ihn zwei seiner Leibwächter von beiden Seiten. Drei weitere deckten seinen Rücken. Die restlichen Männer hatten sich im Raum verteilt und behielten alles im Blick.
    Plötzlich geschahen zwei Dinge gleichzeitig: Robbie begann sich von einer Seite des Raums dem Dalai Lama zu nähern, und Xie löste sich aus der Gruppe der Studenten und ging ebenfalls, von der anderen Seite, auf ihn zu. Xie setzte nur zögernd einen Fuß vor den anderen, während Robbie selbstbewusst voranschritt.
    Die Leibwächter beobachteten beide Männer.
    »Irgendetwas stimmt nicht«, sagte Jac zu Griffin.
    »Was meinst du?«
    »Ich weiß nicht. Ich rieche etwas.« Jac sah sich um.
    Nicht weit entfernt, neben einem stämmigen Mann um die fünfzig, entdeckte sie einen Mann und eine Frau. Zuerst war sie sich nicht sicher. Der Mann trug eine Allwetterjacke und eine bunte Baseballkappe. Die zierliche Frau hatte einen gelben Regenmantel über ihre schwarze Stoffhose gezogen und trug eine Kamera um den Hals. Ihr dichtes schwarzes Haar reichte bis über die Schultern herab, Schultern, die sie merkwürdig verkrampft stillzuhalten schien. Jac konnte sie riechen und erkannte den unverwechselbar würzigen Geruch ihrer Haut

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