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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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wieder. Ihr Haar glänzte ein wenig zu sehr. Eine Perücke. Es waren Ani und der Eindringling, die sie in den Katakomben im Brunnen zurückgelassen hatten.
    Jac stieß Griffin von der Seite an und lenkte seinen Blick auf das Paar.
    »Ich gehe außen herum und versuche, ihnen den Weg abzuschneiden«, flüsterte Griffin ihr zu. »Bleib du hier. Sie sollen nicht merken, dass wir sie gesehen haben.«
    Schon war er weg. Jac war es unerträglich, tatenlos dazustehen. Was, wenn Ani und der Mann Griffin bemerkten? Wenn einer von beiden ihn angriff, während der andere Robbie abfing?
    Jac wollte sich aus der Menschenmenge lösen, doch das Pärchen vor ihr stand ihr im Weg. Sie bat die beiden erst auf Französisch, dann auf Englisch, zur Seite zu gehen. Keine Reaktion. Schließlich schob sich Jac an ihnen vorbei und näherte sich ihrem Bruder, langsam, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Robbie?«
    Er drehte sich nach ihr um. »Jac, was …«
    Sie unterbrach ihn. »Ani und der Mann. Sie sind hier. Jemand muss sie da rausgeholt haben. Griffin versucht, sie abzublocken. Aber wir dürfen keine Risiken eingehen. Ich werde stolpern. Du fängst mich auf, und dann gibst du mir den Tiegel, so dass es keiner bemerkt. Ich kümmere mich um die Übergabe. Versprochen.«
    Im nächsten Augenblick sackte Jac in sich zusammen. Robbie fing sie auf. Er schlang den Arm um sie und schob den Beutel in ihre Hosentasche.
    »Und jetzt geh«, flüsterte sie. »Geh vom Dalai Lama weg.«
    Jac machte den ersten Schritt auf Seine Heiligkeit zu, und Robbie entfernte sich. Er verschwand aus ihrem Sichtfeld. Jac tat noch einen Schritt. Würden die Leibwächter sie zu dem Mönch vorlassen?
    Von rechts näherte sich der junge asiatische Künstler. Die Wächter beobachteten ihn, doch ohne im Mindesten misstrauisch zu wirken. Als hätten sie ihn erwartet.
    Vielleicht
… Jac beschleunigte ihre Schritte …
Vielleicht

    Sie stieß mit Xie Ping zusammen. »
Pardon «
, sagte sie und presste den Beutel mit den Scherben in seine rechte Hand.
    Xie ließ ihn sofort in seine Tasche gleiten und sah ihr dabei tief in die Augen, als könnte er bis in ihr Innerstes blicken und hätte dort irgendetwas wiedererkannt.
    »
Pour le Dalai Lama, s’il vous plaît
… Bitte geben Sie es Seiner Heiligkeit. Bitte!«, flehte Jac leise.
    Sie wusste nicht, ob er Französisch oder Englisch verstand. Doch er schloss wie zur Bestätigung kurz die Augen.
    So nah, wie sie einander waren, konnte Jac seinen Geruch wahrnehmen. Er kam ihr vertraut vor, als sei er ihr schon einmal im Traum begegnet. Jetzt begann er sich mit dem Duft der Tonscherben zu mischen. Die Duftwogen brachten alles in Bewegung, schlugen über ihr zusammen.
    Wie durch einen Nebel beobachtete Jac, wie Xie dem DalaiLama gegenübertrat, sich verbeugte und ihm etwas zuflüsterte. Der Mönch zog ihn zu sich heran, und sofort traten die Leibwächter vor und bildeten einen undurchdringlichen Kreis um den jungen Künstler und den alten Mönch.
    Plötzlich wurde Jac von hinten gepackt.
    »Gib sie her«, raunte Ani ihr ins Ohr und stieß ihr eine Waffe in die Seite.
    Jac schüttelte den Kopf. »Ich habe sie nicht.«
    »Gib sie her, habe ich gesagt!«
    Dann stieß jemand Jac so heftig zur Seite, dass sich Anis Griff löste. Jac taumelte zu Boden. Im selben Moment, in dem sie den Schuss hörte, stieg ihr der Geruch von Schießpulver in die Nase. Bitter und kalt mischte er sich mit Xies Körpergeruch und dem Duft des uralten Parfüms. Dann spülte ein einziger Geruch alle anderen hinweg: der Geruch warmen, süßen Bluts.

Sechsundfünfzig
     
     
    11:57 UHR
     
    Xie neigte den Kopf und nannte dem Dalai Lama flüsternd seinen Namen. Der ehrwürdige Mann schob ihm die Hand unter das Kinn, um ihm in die Augen zu sehen. Er lächelte und legte dem jungen Künstler den Arm um die Schultern. Dann flüsterte Seine Heiligkeit einem seiner Leibwächter etwas zu, und sofort bildeten die breit gebauten Männer eine Schutzwand um sie.
    Plötzlich brach Chaos aus. Ein Ploppen war zu hören, nicht laut, aber furchteinflößend. Dann Schreie. Die Leibwächter rückten dichter zusammen. Xie hörte jemanden seinen Namen rufen. Er spähte durch einen Spalt im menschlichen Schutzschild und sah Lan auf sich zurennen. Erst dachte er, sie hätte Angst um ihn. Dann erkannte er das Keramikmesser in ihrer Hand, mit dem sie sich den Weg durch die Menge bahnte.
    Tumult war ausgebrochen. Besucher schrien. Die Museumswärter versuchten, sie zu übertönen,

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