Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
Vom Netzwerk:
Gepäckträger bereit wäre,am nächsten Morgen früh einen Botengang für ihn zu übernehmen.
    Der Concierge zögerte keinen Augenblick.
»Bien sûr, Monsieur Samuels.«
    Alles hatte eben seinen Preis. Fast alles zumindest. Malachai hatte Robbie L’Étoile für die Tonscherben weit mehr Geld geboten, als es jeder andere tun würde. Und der Parfümeur brauchte das Geld. Dringend sogar. Dennoch hatte er abgelehnt. Warum? Was hatte er mit den Scherben vor? Kannte Jac seine Pläne? Nun, immerhin war er nun in Paris. Er hatte bei seiner Bank in New York eine Hypothek auf seinen Anteil des Hauptsitzes der Phoenix Foundation ausgehandelt, damit er L’Étoile doch noch dazu bewegen konnte, ihm das Tongefäß zu verkaufen. Wenn er noch lebte – und die Scherben noch besaß.
    Malachai sah auf die Uhr. Er hatte unten im Hotelrestaurant einen Tisch reserviert. Er verschloss den Briefumschlag und steckte ihn in die Brusttasche seines Maßanzugs.
    Ja, es war besser, ihr zu schreiben, als sie anzurufen. Sicher wurden die Apparate in der Parfümerie abgehört. Malachai musste der Polizei ja nicht selbst Bescheid geben, dass er hier war. Sie würden es früh genug vom FBI erfahren. Außerdem würde er Jac so die Ängste ersparen, die sie bei jedem Telefonklingeln ausstehen musste, wenn sie sich fragte, ob es Neuigkeiten von ihrem Bruder gab.
    Er unterhielt nie persönliche Beziehungen zu seinen Patienten. Warum dachte er dann so intensiv an sie? Beinahe schon emotional.
    Auf dem Weg zum Fahrstuhl versuchte sich Malachai darüber klarzuwerden. Da er sich offen mit seinen Schwächen auseinandersetzte, wusste er, dass er aus demselben Grund ein exzellenter Therapeut war, der ihn als Freund oder Liebhaber disqualifizierte: Es fehlte ihm an Empathie. Die jahrelange Analyse seiner eigenen Psyche hatte seine narzisstischen Züge anden Tag gebracht, die ihn davor bewahrten, allzu mitfühlend zu sein. Er hörte denen, die seine Hilfe brauchten, mit objektiver Distanz zu. So konnte er durch ihre emotionalen Untiefen navigieren, ohne selbst darin unterzugehen.
    Die Aufzugtüren öffneten sich. In der Kabine standen ein Mann und eine Frau. Malachai stieg ein und drehte ihnen den Rücken zu. In dem glänzenden Bedienfeld aus Messing sah er ihr Spiegelbild. Die beiden standen so dicht beieinander, dass sich ihre Arme berührten, und hielten Händchen.
    Malachai wandte den Blick ab und betrachtete sein eigenes Spiegelbild. Achtundfünfzig Jahre war er alt und jagte immer noch denselben Träumen nach. Hatte nie geheiratet, keine Kinder bekommen und wenige langjährige Beziehungen gehabt. Seine Tante, die mit ihm die Phoenix Fundation leitete, hatte einen erwachsenen Sohn, und mit ihm stand Malachai in engem Kontakt. Doch ein Cousin war nicht dasselbe wie ein eigener Nachkomme.
    Der Fahrstuhl hielt. Das Pärchen stieg aus. Malachai folgte ihnen, plötzlich von Erschöpfung gepackt, in die imposante Lobby im Stil der Belle Époque. Er betrachtete das Sonnenmotiv auf dem Marmorboden, den sechs Stockwerke hohen altgriechischen Fries. Die kostbaren Stoffe und opulenten Sessel. Die warme, gedimmte Beleuchtung. L’Hotel war ein romantischer Ort. Er musste es immer gewusst haben und hatte sich doch nie fehl am Platz gefühlt. Bis heute.

Vierunddreißig
     
     
    22:05 UHR
     
    Sie gingen auf demselben Weg wieder hinein, den sie gekommen waren: nicht durch die Werkstatt, sondern über die Terrasse in das Wohnzimmer des Wohnhauses. Marineblaue Jacquard-Vorhänge mit weißen Sternen und Monden und mit goldenen Sonnen rahmten die Fenster zum Hof. Das Motiv hatten Jacs Urgroßeltern im frühen neunzehnten Jahrhundert selbst entworfen und es immer wieder aufgegriffen: An der nachtblauen Zimmerdecke leuchteten goldene Sterne, und in den Teppich waren astrologische Symbole eingewoben. Das Mobiliar war kunstvoll aus verschiedenen Epochen zusammengestellt, ebenso stilvoll wie bequem.
    Bevor Jac irgendetwas sagen konnte, fragte Griffin sie, wo die Hausbar sei.
    »Ich weiß nicht recht, was wir dahaben. Robbie trinkt nur Wein.« Jac drückte gegen ein verspiegeltes Wandpaneel über einem kleinen Tresen. Es drehte sich, und ein glitzerndes kleines Kabinett voller Kristallglasflaschen und prachtvoller antiker Dekanter kam zum Vorschein.
    »In diesem Haus ist immer eins hinter dem anderen verborgen«, sagte Griffin. Er goss Cognac in zwei Gläser und reichte eins davon Jac. »Trink das. Als Schocktherapie.«
    »Mir geht es gut.«
    »Klar geht es dir gut. Trink

Weitere Kostenlose Bücher