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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Volkmar. Deutlich erkannte man die starken Schädigungen, die durch einen partiellen Verschluß der Herzkranzarterien eingetreten waren: Ein Motor, der nur noch mit einem Drittel seiner Kraft lief.
    Dr. Nardo starrte über den Mundschutz zu Volkmar hinüber. Er schwitzte stark; ein junger Assistent tupfte ihm die Schweißperlen von der Stirn und aus den Augenhöhlen.
    »Wie konnte der Mann mit so einem Herzen überhaupt noch leben?« fragte er und zeigte mit einer langen Pinzette auf die geschädigten Partien. »Verstehen Sie das?«
    »Man wundert sich immer wieder, was ein menschlicher Körper aushalten kann. Ob Herz, Lunge, Leber, Galle oder Niere – es gibt da Kraftreserven, für die wir keine Erklärung wissen. Ich habe schon oft nach einer Operation gesagt: ›Das ist uns zwar gelungen – aber überleben wird er es nicht!‹ Und dann sahen wir, wie das geschädigte Organ sich langsam regenerierte. So schnell kapituliert die Natur nicht, auch wenn man täglich die Sterbequote registriert. Die meisten vergessen, daß auf einen Toten mehr als hundert Geheilte kommen.« Dr. Volkmar blickte über sich in den Bildschirm, der neben der OP-Lampe von der Decke hing und das Geschehen im OP II wiedergab. Der Bildausschnitt zeigte den Brustkorb des Spenders und die Hände der Ärzte in den Gummihandschuhen: abwartend, bereit, sofort das gesunde Herz herauszuholen. Aus dem Lautsprecher ertönte eine nüchterne Stimme: »Keinerlei Hirnfunktion mehr.«
    »Danke.« Dr. Volkmar war zufrieden. Für einen Mediziner war der junge Mann nebenan gestorben. Er sah nicht Dr. Nardos lauernden Blick, spürte nicht die hochgradige Spannung: Durchschaut er den Trick? Kommt er dahinter, daß da drüben ein völlig gesunder Mensch liegt, dem wir gleich das Herz herausnehmen und ihn dadurch erst töten?
    Volkmar überblickte noch einmal den Instrumententisch und die in Sterilkästen bereitliegenden Teflonprothesen für die großen Gefäße. »Ich beginne mit der Exzision!« sagte er laut. »Beginnen Sie mit der Thorakotomie. Ist das Bild bei Ihnen klar?«
    Volkmar sah, wie zwei Hände sich hoben und ein Zeichen gaben. Dann wieder die Stimme im Lautsprecher: »Fernsehbild von Ihnen ganz klar, Chef.«
    Chef! Dr. Volkmar beugte sich über den geöffneten Brustkasten ibn Thalebs. Zum erstenmal war im Operationssaal dieses Wort gefallen. Zwar hatte er es oft genug von Dr. Soriano gehört, aber es hatte nie eine solche Wirkung erzeugt wie in diesem Augenblick.
    Chef der Mafia-Klinik … Mit dem nächsten Handgriff dokumentierte er sein Ja-Wort.
    Die Aderklemmen saßen gut, der Blutkreislauf funktionierte mittels der Herz-Lungen-Maschine einwandfrei. Wenn er jetzt das Herz heraustrennte und die großen Gefäße zunächst einseitig mit den Teflonzwischenstücken vernähte, war das nicht mehr als die Arbeit an einem Präparat. Thalebs altes, zerstörtes Herz war tot, sein Leben durchpulste ihn nur noch maschinell, eine raffinierte Pumpe, die sein Blut nicht nur transportierte, sondern gleichzeitig aufbereitete mit Sauerstoff, reinigte und durch zwischengeschaltete Konserven mengenmäßig ausglich.
    Im Bildschirm über sich sah Volkmar, wie das Team im OP II die Brust des ›Verunglückten‹ öffnete. Die Schnittführung war grob; man brauchte ja den Körper nicht mehr …
    Mit einem schnellen Scherenschlag durchtrennte Volkmar die große Lungenvene und den Aortabogen unterhalb der Verzweigungen. Dr. Nardo schnaufte durch die Nase. Man hatte das so oft geübt, aber jetzt, wo Volkmars Herzaustausch zum erstenmal an einem Menschen praktiziert wurde, überfiel ihn doch eine kaum beherrschbare innere Erregung. Eine Sternstunde der Medizin zu erleben, war auch für eine abgebrühte Natur wie Nardo etwas Erhebendes.
    Dr. Volkmar sah ihn kurz an. »Was ist, Pietro?« fragte er.
    »Nichts, Chef.« Dr. Nardo schob beide Hände unter das tote Herz. »Nur ein Stoßgebet für die neue Zeit der Chirurgie …«
    Nach wenigen Minuten war Thaleb ohne Herz. Dr. Nardo gab den Muskelklumpen weiter, man legte ihn in eine Glasschale und trug ihn vom Tisch weg. Ein Dokument: Das erste vollständig entfernte Herz! Das Vernähen der Teflonverbindungen konnte beginnen: die Grundlage für die später stattfindende Anastomose der großen Hohlorgane.
    Dr. Volkmar blickte wieder auf den Bildschirm über sich. Das Herz des Spenders lag frei, der Brustkorb war weit geöffnet. Man hatte sich nicht damit aufgehalten, die durchtrennten Adern abzuklammern; mit einem Elektrodraht hatte

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