Das Haus der verlorenen Herzen
dem Ledersofa und klatschten begeistert.
»Das war genial!« rief Soriano. »Enrico, dafür gibt es keine Worte. Mein Gott, welche Gnade liegt in deinen Fingern!«
Er stürzte auf Volkmar zu, zog ihn an sich und küßte ihn auf beide Wangen. Der fremde Mann, ein wenig grün im Gesicht, denn auch auf dem Bildschirm kann nicht jeder aufgeschnittene Leiber ansehen, und einen Herzaustausch schon gar nicht, füllte Kognak in drei Gläser, als habe er Volkmars Wunsch erraten.
Soriano führte Volkmar wie einen Blinden zu dem Sofa und drückte ihn auf das Polster. Er reichte ihm das Glas, küßte ihn noch einmal voll Überschwang auf die Stirn und ließ sich dann an seine Seite fallen. Der fremde Herr schielte zu dem Bildschirm und verzog die blaßgewordenen Lippen. Dr. Nardo hatte begonnen, Thalebs Brustkorb zu schließen.
»Müssen wir uns das auch noch ansehen?« fragte er. Dabei prostete er Volkmar zu und kippte seinen Kognak hinunter.
»Das ist Dr. Ludovici Daniele«, stellte Dr. Soriano seinen Gast vor.
»Ein Kollege?« fragte Volkmar müde.
»Nein, Jurist.« Dr. Daniele schenkte sich noch einen Kognak ein. Soriano stellte das Fernsehbild aus und hielt Volkmar eine goldene Zigarettendose hin. Er nahm eine der würzigen Orientzigaretten, die Soriano bevorzugte, und inhalierte die ersten Züge mit geschlossenen Augen. Der Kognak und die Zigarette brachten etwas Farbe in sein grau gewordenes Gesicht zurück. Aber die physische Erschöpfung blieb, sie wurde sogar noch stärker. Umfallen und schlafen, dachte Volkmar. Wie schön wäre das! Oder jetzt in Lorettas Armen liegen, den Kopf zwischen ihren Brüsten, und an nichts denken, an gar nichts … nur Ruhe … Ruhe … Ruhe …
Er hatte das Gefühl, zu schweben, lehnte sich weit zurück und schloß die Augen.
»Dr. Daniele ist der Justitiar unserer Vereinigung«, sagte Dr. Soriano. Für Volkmar klang es, als habe Don Eugenio Watte vor dem Mund. »Ich hielt es für gut, daß er deinen großen Erfolg miterlebt und allen unseren Freunden davon erzählt. Thalebs Scheck ist übrigens in Ordnung. Bei einer Schweizer Bank eingezahlt.«
»Wie schön!« sagte Volkmar halblaut. »Noch etwas?«
»Barnards Patient, Louis Waskansky, liegt im Sterben. Es gelingt ihnen nicht, die Lungenentzündung zu beherrschen.« Soriano strich Volkmar fast zärtlich über das Gesicht. »Noch einen Kognak, Enrico?«
»Nein.«
»Einen anderen Wunsch?«
»Ja. Laßt mich allein! Geht raus! Ich will jetzt nichts mehr hören.«
Er legte sich auf das Sofa, streckte die Beine von sich, drehte sich mit dem Gesicht zur Wand und ballte die Fäuste. Warum schlage ich nicht zu, dachte er. Warum trete ich sie nicht in den Unterleib! Der Scheck ist in der Schweiz … der Justitiar der Mafia beobachtet am Fernsehen meine Operation … O Himmel, was ist aus mir geworden! Eine Operationsmaschine, die Herzen herausholt und Millionen Dollar einbringt. Ein blutiger Handlanger! Und es gibt keine Flucht davor, denn jeder, den sie mir bringen werden, ist wirklich krank und fordert mein ärztliches Gewissen heraus. Das ist das Fürchterlichste! Ich muß es tun, um zu helfen!
Soriano winkte Dr. Daniele stumm zu und zeigte auf die Tür. Leise verließen sie das Zimmer und zogen lautlos die Tür ins Schloß. Erst, als sie im Lift standen, der sie aus dem Keller in das prunkvolle Kinderheim von Camporeale brachte, sprachen sie wieder.
»Er ist wirklich ein Genie«, sagte Dr. Daniele. Der Kognak hatte auch ihm gutgetan; die grünliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. »Nun müssen wir abwarten, ob es diesem Thaleb nicht so ergeht wie Waskansky. Erfolge sprechen sich herum. Niederlagen aber noch mehr!«
»Wir haben bis heute schon zwölf Anmeldungen für Herztransplantationen. Alles von Kapstadt Abgewiesene. Meine Agenten in Südafrika arbeiten vorzüglich.«
»Zwölf Herzkranke?« Dr. Daniele starrte Soriano entgeistert an. »Don Eugenio, wo wollen Sie die Herzen hernehmen?!«
»Die Frage ist bereits gelöst.« Der Lift hielt in der herrlichen, mit Marmor verkleideten Halle, an deren hoher Wand, von Blumen umrahmt, die jeden Tag ausgewechselt wurden, der eingerahmte Brief des Papstes hing. Soriano blieb unter dem Dokument stehen, während Dr. Daniele kopfschüttelnd den Text las. Er ist schon ein eiskalter Hund, dieser Don Eugenio, dachte er. Der beste Chef seit hundert Jahren! Das kann ihm keiner absprechen.
»Ich muß vor allem den Franzosen danken«, sagte Soriano in freundlichem Ton.
»Den
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