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Das Haus der verlorenen Kinder

Titel: Das Haus der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena Mackesy
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Dorf Gerüchte, die es praktisch unmöglich machten, selbst für Großereignisse wie Hochzeiten Hilfskräfte zu finden.
    Warum muss die Arbeiterschicht nur so verdammt abergläubisch sein?, denkt er. Es ist ja schön und gut, die Daphnedu-Maurier-Geschichte den Touristen auf die Nase zu binden, aber wenn die Einheimischen anfangen, daran zu glauben, dann führt das nur zu Chaos. Er dreht die Figurinen um, sodass sie wieder in den Raum blicken, hebt den Müllsack auf und steuert auf die Hintertür zu.
    Im Innenhof, wo er nun nicht mehr von über anderthalb Meter dicken Mauern umgeben ist, hat sein Handy wieder Empfang und piepst zwei Mal. Es ist ärgerlich, dass der Handyempfang hier so unzuverlässig ist, aber so ist es schließlich fast überall auf dem Land. Als seien die Telefongesellschaften in eine große Verschwörung gegen die keltischen Randgebiete verwickelt. Er wirft einen Blick auf sein Handy, bemerkt den Hinweis auf seine Mailbox und wählt eine Nummer, um die Nachrichten abzuhören. Es fällt der für Cornwall typische leichte Nieselregen, aber er bleibt im Freien, weil er sofort keinen Empfang mehr hätte, wenn er sich irgendwo unterstellen würde.
    Drei Nachrichten. Eine von fünfzehn Uhr: Seine Frau möchte die Fahrt von Sheffield nicht auf sich nehmen, es tut ihr leid und sie hofft, dass er es versteht, dass es keinen Zweck hat, die ganze Strecke zurückzulegen und ihrer beider Zeit zu verplempern. Tom drückt auf die 3-Taste und löscht die Nachricht. Mach du dir nur keine Sorgen darum, deine Zeit zu verplempern, denkt er. Ich hänge hier den ganzen Tag herum und warte auf dich.
    Die zweite Nachricht ist um 15 Uhr 15 eingegangen. Ein Bewerber, der zum Vorstellungsgespräch kommen wollte, muss leider kurzfristig absagen.
    »Ja, gut«, sagt er laut. »Zumindest hat er so viel Anstand und ruft an. Was immerhin mehr ist als bei dem anderen.«
    Die dritte Nachricht stammt von Bridget Sweeny, um vier Uhr. Ihm fällt die Uhrzeit auf, weil sie da unmöglich schon in London gewesen sein kann. Die ist scharf auf den Job, denkt er. Stellt sie sich auf dem Parkplatz bei der Raststätte in Exeter vor, wie sie, während sie telefoniert, neben ihrer kleinen Rostlaube hin und her läuft. Sie sieht selbst mitgenommen aus, denkt er. Müde, aber vielleicht ist das nicht so ungewöhnlich mit einem sechs Jahre alten Kind und ohne Mann. Vielleicht bin ich zu argwöhnisch. Sie sieht aus wie jemand, der eine Pause braucht.
    Und möglicherweise wie jemand, flüstert ihm eine leise Stimme zu, der nicht allzu viele Möglichkeiten hat, fortzugehen, sobald sie erst einmal hier ist.
    »Hallo, Mr Gordhavo«, sagt sie. »Hier ist Bridget Sweeny, die Bewerberin von dreizehn Uhr. Ich möchte nur sagen, dass es mir gefallen hat, das Haus zu besichtigen und Sie kennenzulernen und …« Er hört, wie sie innehält, um zu überlegen, hört, dass sie ihre Worte sorgfältig wählt, damit sie nicht zu eifrig klingt, nicht zu verzweifelt. Er registriert es mit einem Hoffnungsschimmer. Sie würde eine Sechsjährige schließlich nicht unmittelbar vor Weihnachten aus ihrer gewohnten Umgebung reißen, wenn sie dafür nicht triftige Gründe hätte. »… und ich möchte Ihnen nur sagen, dass ich gerne kommen und für Sie arbeiten würde, wenn Sie mich für geeignet halten. Ich habe mir das Dorf und die Schule angeschaut, und ich finde, dass … na ja, das tut nichts zur Sache … Jedenfalls möchte ich Ihnen meine Telefonnummer geben, nur für den Fall … Sie wissen schon …« Sie leiert eine Reihe von Zahlen herunter: eine Handynummer, kein Festnetzanschluss. Das ist eines der Zeichen für finanzielle Veränderungen, die Welt der nur bei Bedarf abgerufenen und bezahlten vertragsungebundenen Dienstleistungen ist ebenso ein Zeichen für mangelnde Kreditwürdigkeit wie für alles andere. »… und ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören. Danke. Auf Wie… Ach, da fällt mir noch etwas ein: Ich kann eigentlich sofort anfangen. Wann es Ihnen passt. Okay. Also dann, Tschüs.«
    Tom hat die Strecke durch den Hof zurückgelegt, schließt den Schuppen auf. Die kahle Glühbirne surrt leise, während sie zum Leben erweckt wird und den Raum beleuchtet, in dem seit hundert Jahren die Spinnen ungehindert ihre Netze spinnen. Das ist die ehemalige Schmiede, Ketten hängen von den Balken, ein Futtertrog für die Tiere kaum dreißig Zentimeter über ihm, aus dem der Staub der Holzwürmer auf seinen Kopf rieselt, als mit seinem Eintreten der Wind

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