Das Haus in den Dünen
ausschließen zu können, dass der Feuerteufel einen Komplizen hatte. Aber Schneider würde sicherlich auch Trevisans Lage verstehen und hätte sicher nichts dagegen, dass auch er sich mit seinem Team an der Durchsuchung beteiligte.
Trevisan war es leid, nachzuhaken. Zusammen mit Monika Sander und Dietmar Petermann aus dem FK 1 sowie Kleinschmidts Spurensicherungsteam war er nach Accum gefahren.
»Jetzt platzt der Hof bald aus seinen Nähten«, tönte es hinter Trevisans Rücken. Er wandte sich um. Schneider hatte ihm die Haustür geöffnet. Er grinste.
»Beck hat mich angerufen«, sagte Schneider. »Der Hof gehört dir. Wir haben nicht vor, eueren Ermittlungen im Weg zu stehen. Wir machen hier ebenfalls nur unsere Arbeit.«
Trevisan schob sich an Schneider vorbei in den dunklen Flur. Monika folgte ihm. Sie würdigte Schneider keines Blickes.
»Guten Morgen, Frau Sander«, grüßte Schneider schnippisch, doch Monika schwieg.
»Ich hasse ihn«, sagte sie, als Trevisan vor der Stubentür stehen blieb. »Kleins Tod scheint ihn überhaupt nicht zu belasten. Er ist ein charakterloses Schwein.«
Trevisan nickte. Er klopfte an der Tür und öffnete.
Frau Grevesand saß vor dem Tisch, hatte ihren Kopf auf die Hände gestützt und starrte vor sich ins Leere.
Trevisan stellte sich vor und fügte hinzu: »Ich leite die Ermittlungen im Falle Ihres Sohnes. Wir haben ein paar Fragen, aber wenn Sie sich nicht in der Lage fühlen …«
Mit ihren hochgesteckten grauen Haaren wirkte sie wie eine strenge Lehrerin. Ihr faltiges Gesicht war ausdruckslos und ihre Augen wie tiefe, kalte und starre blaue Seen. »Er war ein guter Junge«, sagte Frau Grevesand mit brüchiger Stimme.
»Mein Kollege hat Ihnen sicherlich bereits erklärt, weswegen er hier ist. Es deutet alles darauf hin, dass Ihr Sohn für die zahlreichen Brände in dieser Gegend verantwortlich war.«
»Er war ein guter Junge«, wiederholte sie. »Ich habe ihn immer gewarnt. Der alte Josef hat ihn mit seinem Gefasel von Gott und Moses ganz dösbaddelig gemacht. Er war immer ein guter Junge. Er hat das nicht getan, das kann ich nicht glauben.«
»Wir sind aus anderem Grund hier«, erklärte Trevisan. »Wir wollen herausfinden, wer ihn umgebracht hat.«
Frau Grevesand schaute auf. »Er hat niemandem etwas zuleide getan. Er war ein guter Junge.«
»Hatte er Freunde?«, fragte Monika Sander.
»Er hatte keine Zeit für so etwas. Er war immer hier und hat mir geholfen. Wir bewirtschaften den Hof allein. Niemand weiß, was es bedeutet, für sein Auskommen kämpfen zu müssen, wenn einem der Mann weggestorben ist.«
»Hatte er denn keine Freundin?«, fragte Monika. »Eine Partnerin oder Bekannte, Freunde?«
»Er war hier und half mir. Jeden Tag.«
»Und nachts?«, fragte Trevisan.
»Im letzten Jahr starb unser Helfer, der alte Josef. Wir waren alleine. Wer so hart arbeiten muss, der hat keine Zeit für andere Dinge. Er war ein guter Junge.«
Trevisan warf Monika einen fragenden Blick zu. Monika zuckte beinahe unmerklich mit der Schulter. Von dieser Frau würden sie nichts erfahren, was sie weiterbringen konnte. Zumindest heute nicht.
»Hatte er ein eigenes Zimmer?«, fragte Trevisan.
Die Frau wies mit einem Kopfnicken nach oben.
»Können wir uns darin einmal umschauen?«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können.« Sie richtete ihren Blick wieder auf die Tischplatte.
Auf der schmalen Treppe kamen ihnen zwei Kollegen von Schneiders Team entgegen. Sie schleppten eine Kiste, randvoll gefüllt mit Büchern. Als sie etwa in der Mitte waren, verlor der Kollege, der unten ging, den Halt und die Kiste knallte auf die Treppenstufen. Mehrere Bücher rutschten herab. Trevisan ging ein Stück zur Seite. Zwei Bücher landeten direkt vor seinen Füßen.
»Was macht ihr hier, zum Teufel«, herrschte er die beiden an.
»Anordnung von Schneider«, erwiderte ein Kollege. »Wir sollen alles mitnehmen, was verdächtig erscheint.«
Trevisan schüttelte den Kopf. »Und Beck meint, dass wir uns ergänzen können. Wie denn, wenn Schneider hier drinnen haust wie die Axt im Walde.«
Er bückte sich und hob eines der Bücher auf. Es war ein Buch über Chemie. Ein Schulbuch, wie es schien. Als er darin blätterte, fiel etwas heraus. Geschickt fing Monika es auf und reichte Trevisan ein altes, verblichenes Foto. Drei Jungs in kurzen Hosen standen vor einer kleinen Kirche. In der Mitte ein kleiner, schmächtiger Bursche. Der Junge auf der rechten Seite war ein klein wenig zu dick und von
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