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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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dieses Recht Tag um Tag neu erkämpfen zu müssen. Wenn Angela sich ein Ziel gesteckt hat und du sie liebst, dann solltest du sie unterstützen, anstatt dich ihr in den Weg zu stellen.«
    »Aber das alles läuft doch auf eine Wochenendbeziehung hinaus«, wandte Trevisan ein. »Und das ist nicht das Leben, das ich auf Dauer führen will.«
    »Dann kündige doch und geh mit ihr. München ist eine schöne Stadt und vielleicht braucht man dort sogar noch einen guten und erfahrenen Polizisten.«
    Es klopfte an der Tür. »Was ist?«, rief sie ungehalten.
    Alex schaute durch den Türspalt herein. »Hallo, Monika, hast du Martin gesehen?«, fragte er, dann fiel sein Blick auf seinen Vorgesetzten. »Ich suche dich schon überall. Es gibt Neuigkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern.«
    Trevisan wandte sich um. »Die Anfrage ist schon beantwortet?«
    »Die Kollegen aus Pasewalk haben offenbar eine dicke Akte über Hans Kropp und die damaligen Vorgänge.«
    »Nun komm rein, und dann schieß mal los!«, forderte Trevisan ihn auf.
    »Offenbar hatten die Kollegen von der Streifenpolizei damals mehrere Einsätze wegen häuslicher Gewalt«, erzählte Alex. »Hans Kropps Exfrau heißt Jenny Kropp, geborene Basedow. Sie bewohnten zusammen mit ihrem Sohn ein Mehrfamilienhaus in Dargitz. Am Ende mussten die Kollegen drei, vier Mal im Monat zur Wohnung, weil Kropp seine Frau vertrimmt hat. Sie war sogar zweimal für längere Zeit im Krankenhaus. Kropp war oft betrunken und äußerst aggressiv. Er hat so manche Nacht in der Ausnüchterungszelle verbracht. Vor zwei Jahren hatte die Frau dann genug. Er hatte sie wieder krankenhausreif geschlagen, und sie ist nicht mehr zu ihm zurückgegangen, sondern bei einem ihrer Brüder untergekommen, der einen Schrottplatz betreibt. Als Kropp davon erfuhr, ist er hingefahren und hat Günter Basedow das Nasenbein gebrochen und ihm ein paar Zähne ausgeschlagen. Basedows Bruder eilte zu Hilfe, und gemeinsam konnten sie Kropp vertreiben. Der ist ein paar Wochen später wieder nach Wilhelmshaven gezogen. Er zahlte zwar Unterhalt für seinen Sohn, aber nicht für seine Exfrau. Es gelang ihm, glaubhaft zu machen, dass sie auf dem Schrottplatz arbeitet, deshalb wurde ihre Klage zunächst abgewiesen. Das ganze Verfahren zieht sich bis zum heutigen Tage hin.«
    »Zusammen mit den Drohbriefen ergibt das eine geschlossene Indizienkette«, sagte Trevisan. »Aber zu einem Beweis reicht es noch lange nicht.«
    Alex lächelte. »Thorsten Basedow war übrigens NVA-Soldat. Er war sogar Offizier und diente in einer Infanterieeinheit.«
    »Waren das nicht viele?«, antwortete Trevisan.
    »Aber nur wenige unter ihnen sind ausgebildete Scharfschützen«, erwiderte Alex Uhlenbruch.
    *
    Sie saß am Strand, hielt ihre Augen geschlossen und lauschte den sanften Wellen, die sich an der sandigen Küste brachen. Tief saugte sie die frische und salzige Seeluft in ihre Lungen. Sie genoss den Augenblick und schob alle aufkeimenden Gedanken einfach zur Seite. An nichts denken zu müssen, für niemanden die Verantwortung zu tragen, sich um niemanden kümmern zu müssen, sich einfach nur treiben zu lassen; sie hatte lange gebraucht, um es zu lernen. Zu Anfang, wenn sie die Augen schloss und einfach die Zeit an sich vorbeiziehen ließ, hatte sich ein Schatten in ihr ausgebreitet. Diesen Schatten zu besiegen, Herr über ihn zu werden, ihm einfach keine Beachtung mehr zu schenken, hatte enorme Kraft gekostet. Aber sie hatte es gelernt, all die langen Jahre hindurch, in denen sie – von einem einzigen Gedanken beseelt – durch einen öden und unerfüllten Alltag gedriftet war, immer nur ein einziges Ziel vor Augen. Ein Ziel, ein Versprechen, ein Schwur, für den sie lebte und dessen Erfüllung nun nichts mehr im Wege stand.
    Der Schatten war verbannt. In ihr war etwas erwacht, das sie selbst die »Andere Welt« nannte. Ruhe, Geborgenheit, Wärme, all das gab es dort und sie genoss es in vollen Zügen, auch wenn es schien, als säße sie nur bewegungslos da, die Augen geschlossen. Bewegungslos in der Gegenwart, aber stetig in Bewegung in der »Anderen Welt«, kein Gefühl auslassend, keinem Geruch verschlossen, kein Geräusch überhörend, alles in sich aufsaugend, das ganze Leben und noch viel, viel mehr – diese Auszeit vom Alltag brachte ihr den Frieden zurück, den sie im Diesseits längst verloren hatte. Ein einziger Tag hatte ausgereicht, eine leere, fleischige Hülle aus ihr zu machen, die Gefühle und Gedanken nur noch wie eine

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