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Das Haus in den Dünen

Das Haus in den Dünen

Titel: Das Haus in den Dünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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vergessen.
    Willo Brunken würde sie ewig daran erinnern, welches Schicksal sie und ihre Familie erdulden musste. Über all die Jahre weg hatte sie geschwiegen, hatte die vorbildliche Tochter gespielt und sich von dem Hass, der sie innerlich auffraß, nichts anmerken lassen.
    Der Zahltag war nah, nur die richtige Gelegenheit hatte sich noch nicht ergeben.
    Sie war vorsichtig. Über all die Jahre des Schweigens hatte sie gelernt, ein Gespür für die Situation zu entwickeln. Manchmal hätte sie gerne geredet, hätte gerne das große Geheimnis gelüftet, das sie umgab. Doch sie hatte gelernt, sich zu beherrschen. Der richtige Zeitpunkt würde kommen, hatte sie sich immer gesagt. Dieses Ziel hatte sie am Leben gehalten und dazu gebracht, immer das Richtige zu tun. Und dieses feine Gespür, dieses Gefühl für den Augenblick würde ihr auch ermöglichen, letztlich ihr Ziel zu erreichen.
    Es war nur komisch, wie gleichgültig diese Männer geworden waren. Sie hatten offenbar vergessen, was damals geschehen war. Vielleicht war es ihnen nicht wichtig genug gewesen. Sie würde diese Erinnerung wieder auffrischen. Die Rechnung musste bezahlt werden, und das Blut war der Preis.
    Ein Mann tauchte in der Nähe des Lastwagens auf. Er trug einen blauen Overall und Gummistiefel. Seine blonden, langen Haare flatterten im Wind. Zielstrebig hielt er auf den geöffneten Schacht zu. Sie blickte auf die Uhr. Es war kurz vor Mittag. Bestimmt würde er wieder zurück in den Ölhafen fahren. Sie hatte genug gesehen.
    Als Willo Brunken den Schlauch des Tankwagens in dem Fach unterhalb des Tanks verstaute, fuhr ein blauer Golf an der Tankstelle vorbei. Er war viel zu beschäftigt, um den Wagen wahrzunehmen.
    *
    Gleich nach Monikas Anruf hatte Horst Kleinschmidt seine Sachen gepackt und den Schlüssel des großen VW LT der Spurensicherung vom Schlüsselbrett genommen. Er ging in den Spurensicherungsraum. Hanselmann, der gerade ein paar Fußabdrücke abfotografierte, schaute seinen Chef zweifelnd an.
    »Kommen Sie, Hanselmann. Je eher wir diesen zündelnden Idioten überführt haben, desto eher können wir nachts beruhigt schlafen. Oder haben Sie Lust, am nächsten Wochenende erneut mitten in der Nacht in der Sauerei herumzustiefeln?«
    Hanselmann schüttelte den Kopf und zog seinen braunen Arbeitsmantel aus. Ein paar Minuten später setzten sie sich in Richtung Hooksiel in Bewegung. Vor dem Haus von Tom Petrich nahm Monika Sander sie in Empfang.
    Hanselmann besah sich das Haus und atmete auf. »Ist, Gott sei Dank, nicht besonders groß«, seufzte er.
    »Trotzdem sind wir einige Zeit beschäftigt«, entgegnete Kleinschmidt. »Wir werden uns Raum für Raum vornehmen. Die Kerle kommen mittlerweile auf die tollsten Verstecke.«
    Monika Sander nickte. »Der Kerl hat versucht auszubüchsen, also hat er etwas zu verbergen. Till und Dietmar haben ihn mit zur Dienststelle genommen, daher nehmt euch Zeit. Bis morgen können wir ihn festhalten, dann müssen wir Farbe bekennen. Liefert mir genügend Material, damit ich ihn dem Richter vorführen kann.« Mit einladender Geste zeigte sie auf das kleine Anwesen. »Das Haus gehört euch. Ich gehe zurück zur Dienststelle und beginne mit der Vernehmung. Vielleicht plaudert er von selbst, damit könnte ich euch die Sache etwas erleichtern.«
    Kleinschmidt nickte und holte einen weißen, noch in Folie verschweißten Papieranzug aus seiner Tasche. »Wir sagen dir Bescheid, wenn wir etwas gefunden haben.«
    *
    Monika Sander traf knapp fünfzig Minuten später auf der Dienststelle ein. Im Vorraum zum Vernehmungszimmer saß Till Schreier locker auf einem Schreibtisch. Er beobachtete durch den Spionspiegel in der Tür den Festgenommenen, der auf einem spartanischen Holzstuhl allein mitten im Raum saß und zappelig hin und her rutschte.
    »Hat er schon was gesagt?«, flüsterte Monika Sander.
    »Er schweigt«, antwortete Till. »Wir haben ihn hier vor einer halben Stunde hineingesetzt, damit er ein wenig Zeit zum Nachdenken hat. Dietmar trägt gerade alles zusammen, was sich über ihn in unseren Computern finden lässt.«
    »Gut, dann gehe ich mal rein«, antwortete Monika. »Vielleicht hat ihn die Wartezeit ein wenig gesprächiger gemacht. Dietmar soll ruhig dazukommen, wenn er so weit ist. Und du bleibst hier draußen.«
    »Okay«, erwiderte Till.
    Monika Sander betrat den Vernehmungsraum und ging wortlos an Petrich vorbei, der sie mit großen Augen anstarrte. Noch trug er Handschellen. Sie setzte sich hinter den

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