Das Haus in den Dünen
erklärte Trevisan. »Die drei Morde hängen zusammen, aber wir haben bislang weder einen Ansatz, noch eine heiße Spur, noch wissen wir, welches Motiv hinter den Taten steckt.«
»Das waren doch alle drei LKW-Fahrer«, sagte Beck.
»Zwei«, berichtigte Trevisan. »Uwe Lohmann fuhr offenbar früher Lastwagen, wurde aber mit Alkohol am Steuer erwischt und hat keinen Führerschein mehr.«
Beck runzelte die Stirn. »Die Gewerkschaft für Transport und Verkehr hat sich gemeldet. Sie wollen wissen, ob wir Tipps für ihre Fahrer haben und ob es Hinweise gibt, dass ein Irrer Jagd auf LKW-Fahrer macht.«
Trevisan seufzte. »Wenn wir das wüssten!«
»Die Direktorin hat für morgen um zehn eine Pressekonferenz anberaumt. Sie will, dass wir die Presse informieren und die Interessenvertretungen beruhigen.«
»Dann soll sie es tun«, antwortete Trevisan. »Zurzeit können wir überhaupt nichts sagen.«
»Sag ihr das selbst, sie erwartet dich«, antwortete Beck und packte Trevisan am Arm. »Ich glaube aber nicht, dass es ihr genügen wird.«
32
Das Gespräch mit der Polizeidirektorin verlief in geordneten Bahnen. Keine Vorwürfe, keine weltfremden Ideen, keine Missbilligungen. Anke Schulte-Westerbeck hatte hinzugelernt. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten in der Zusammenarbeit schätzte sie Trevisans Arbeit. Die Aufregung angesichts einer zweiten Mordserie innerhalb eines Jahres im Wangerland war dennoch verständlich und Trevisan glaubte ihr, dass der Fall hohe Wellen schlug.
Geistesgestörter ermordet Lastwagenfahrer, hatte die Schlagzeile der Bild- Zeitung an diesem Dienstagmorgen gelautet. Dieser Artikel hätte auch ihm einen kalten Schauer über den Rücken gejagt, wäre er Lkw-Fahrer gewesen. So war es nur allzu begreiflich, dass der große Lehrsaal im Polizeigebäude vor Journalisten überquoll. Die zahlreichen Personen heizten den Saal auf und Trevisan, der sich ein gutes Jackett übergezogen hatte, schwitzte bereits nach wenigen Minuten. Neben der Polizeidirektorin, Kriminaloberrat Beck und dem Pressereferenten der Direktion hatte auch Oberstaatsanwalt Brenner hinter dem Pult Platz genommen. Trevisan saß neben Jung, dem Pressereferenten der Polizeidirektion, und musterte die anwesenden Journalisten. In der dritten Reihe saß Schulze vom Tageblatt, der ihn bereits bei der letzten großen Konferenz, als es um den Wangerlandmörder gegangen war, in arge Bedrängnis gebracht hatte. Auf ihn würde Trevisan heute ganz besonders achten.
Jung eröffnete die Konferenz mit einem kurzen Abriss der bisherigen Geschehnisse und wies auf das Informationsblatt mit standardisierten Verhaltensregeln hin, das an alle Anwesenden verteilt worden war. Trevisan beobachtete Schulze aus den Augenwinkeln. Über das schelmische Gesicht des Journalisten huschte ein Lächeln, als Jung verkündete, dass Hauptkommissar Trevisan mit den Ermittlungen betraut worden war. Es brauchte nicht einmal eine Minute, bis Schulze die Hand hob.
»Herr Trevisan«, sagte er mit übertriebener Förmlichkeit. »Arbeiten Sie alleine an dem Fall oder werden Sie auch diesmal Hilfe aus Hannover erhalten?«
Alle Augen waren auf einmal auf Trevisan gerichtet. Kameras klickten und ein Blitzlichtgewitter durchzuckte den Raum.
Du kleiner, impertinenter Intrigant, dachte Trevisan. »Ich leite die Ermittlungen.«
»Haben Sie denn schon eine Spur?«
Trevisan warf der Polizeidirektorin einen verstohlenen Blick zu. »Aus polizeitaktischen Gründen kann ich die Frage leider nicht beantworten.«
»Ist das eine Umschreibung dafür, dass Sie noch komplett im Dunkeln tappen?« Schulze wandte sich grinsend zu seinen Kollegen um, als wolle er sich für einen besonders geistreichen Einwurf feiern lassen.
»Herr Schulze«, sagte Trevisan, »bereits im Frühjahr, als wir in Sachen Wangerlandmörder ermittelten, haben Sie sich durch Ihre besondere Art der Fragestellung hervorgetan. Am Ende hatten Sie sich gründlich geirrt. Sie sollten sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, sonst stehen Sie schon wieder mitten im Regen.«
Schulzes Gesichtszüge entgleisten. Diesmal war es an Trevisan, zu lächeln. Die Blicke der Anwesenden hatten sich von ihm abgewandt und lagen auf Schulze.
»Herr Trevisan will damit sagen«, fing die Polizeidirektorin die Situation auf, »dass das gesamte Fachkommissariat in die Ermittlungen eingebunden ist und mit Hochdruck an der Aufgabe arbeitet. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Ergebnisse
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