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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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drängen?«
    Er verzog den Mund. »Das ist keine Frage meiner Sicht. Es ist so.«
    Â»Ihr Vater scheint mir durchaus in der Lage zu sein, für sich selbst zu entscheiden.«
    Philip beugte sich vor, die Hände zu Fäusten geballt. »Sie werden mir versprechen, dass diese – diese Sache mit meinem Vater aufhört.«
    Â»Nein.«
    Â»Das müssen Sie!«, schrie er.
    Â»Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen, Philip«, erwiderte sie kühl.
    Â»Nicht, ehe Sie es mir versprochen haben.«
    Sie ging an die Tür und öffnete sie. »Bitte verlassen Sie meine Wohnung. Wenn Sie nicht augenblicklich gehen, werde ich die Polizei rufen.«
    Ein langer angespannter Moment folgte, dann stand er auf. »Es ist ekelhaft«, sagte er, als er ihr gegenüberstand. »Er ist alt genug, um Ihr Vater zu sein.«
    Es war ein schrecklicher Tag gewesen. Die Polizei hatte sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass Muriels Freund in den Einbruch in ihren Laden verwickelt war, und Muriel selbst war als mögliche Komplizin verhaftet worden. Und jetzt auch noch dieser arrogante, fordernde junge Mann… Elaine konnte sich nicht länger beherrschen. Plötzlich hörte sie sich schreien: »Hinaus, sage ich, hinaus!« Ihr Perserkater Cleo, der in diesem Moment in die Wohnung hineintrottete, warf einen verwunderten Blick auf seine Herrin, während Philip Finborough die Treppe hinunterrannte.

    Â»Austern«, sagte Gil, »werden nicht unbedingt männlich oder weiblich geboren. Sie entwickeln sich erst in die eine oder andere Richtung, wenn sie geschlechtsreif werden. Ostrea edulis, die britische Auster, wechselt ihr Geschlecht sogar ein paar Mal in ihrem Leben und vermehrt sich nur bei Vollmond.«
    Sara schien es, als wüsste Gil alles. Er wusste, dass Kellerasseln zur Klasse der Krebse gehörten, wie Krabben und Hummer, und dass man mit einem Spinnennetz eine blutende Wunde stillen konnte. Er wusste, dass die meisten Schneckenhäuser im Uhrzeigersinn gedreht waren und nur wenige anders herum – »Das sind Missgeburten«, sagte er, »eine Laune der Natur, aber auch faszinierend, nicht wahr?« Er wusste, dass Igel ursprünglich nicht in Irland beheimatet waren, sondern erst vor etwa zweihundert Jahren dorthin gebracht worden waren, und dass das gewöhnliche Volk dem Glauben anhing, ein Igel könne die Richtung des Windes voraussagen: »Völliger Unsinn, natürlich«, sagte Gil, doch Sara gefiel die Vorstellung, dass der Igel seine spitze schwarze Nase in den Wind hielt, um zu prüfen, ob ein Wetterumschwung bevorstand.
    Eines Tages fuhren sie nach Killough, wo sich kleine graue Cottages an einen flachen grauen Strand duckten. Der Sand war übersät von Steinen, die mit Rankenfußkrebsen bewachsen waren, und dichte Regenwolken verdüsterten den Himmel. Sara schrieb die Namen der Vögel in Gils Notizbuch, die er durch sein Fernglas entdeckte. »Es ist so viel einfacher zu zweit«, sagte er anerkennend, und Sara freute sich aufrichtig. Es machte ihr Spaß, Namen und Anzahl der Tiere in ihrer sauberen, kleinen Handschrift zu notieren und die noch weißen Flächen mit Zeichnungen zu schmücken.
    Gil zeigte ihr die Zimmer im Erdgeschoss von Vernon Court, in denen er arbeitete und die etwas entfernt vom Rest des Hauses lagen. In dicken Folianten wurden Blumen gepresst, braun wie altes Papier; in Glasvitrinen waren aufgespießte Schmetterlinge aufgereiht. Stapel von Papier türmten sich neben der Schreibmaschine, und in den vollgestopften Regalen drängten sich wissenschaftliche Zeitschriften. Durch Gils Mikroskop sah Sara, wie sich in einem Wassertropfen winzige Kreaturen regten, seltsame Lebewesen aus einer anderen Welt.
    Sogar im Winter war der Garten von Vernon Court üppig. Dichter Efeu umrankte alte Steinurnen, und die am Rand gezackten grün glänzenden Blätter der Stechpalmen gaben einen schönen Hintergrund ab für alle möglichen Farne und Hartriegel. Auf einem Teich trieben, wie goldene Münzen, ein paar Blätter, und unter ihnen leuchteten orange und perlweiß die Karpfen im dunklen Wasser. In einer Ecke des von Mauern umfassten Gartens stand ein Sommerhäuschen, und unter einem von wildem Wein umrankten Türmchen streckten erste Schneeglöckchen ihre grünen Blätter und weißen Kelche aus der Erde.
    Eines Morgens fragte Alice Finborough ihre Enkelin, wie lange sie in Raheen zu

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