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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Kindheit mitgenommen hatte, das Bild der harmonischen Familie mit dem idealen Paar Isabel und Richard an der Spitze, hatte einen Riss bekommen. Außerdem musste sie immer wieder zum Bett sehen, auf dem Philip lag. Mit dem wirren Haar und den im Schlaf entspannten Zügen wirkte er viel jünger, verletzlicher. Sie löschte das Licht, zog Schuhe und Strümpfe aus und legte sich neben ihn. Weil sie keine zweite Decke besaß, breitete sie ihren Mantel über sich aus, denn es war kalt. Licht von der Straßenlaterne vor dem Haus sickerte ins Zimmer. Sie hob die Hand und berührte mit dem Zeigefinger leicht seine Braue, strich die Linie seiner Nase entlang und hielt schließlich an einem Mundwinkel inne. Wenn sie eine der Heldinnen ihrer Kurzgeschichten wäre, dachte sie, dann würde er jetzt aufwachen, sie in die Arme schließen, sie leidenschaftlich küssen und ihr sagen, wie sehr er sie liebte. Doch Philip wachte nicht auf.
    Als Ruby den Morgen heraufziehen sah, stand sie auf und ging ins Badezimmer. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und blickte in den Spiegel. Es schien ihr, als hätte sich etwas in ihr verändert, als hätte diese Nacht sie verändert.
    Philip war aufgestanden, als sie wieder ins Zimmer kam, und richtete gerade seine Krawatte.
    Â»Wie geht es dir?«, fragte sie.
    Â»Ich habe zwar wahnsinnige Kopfschmerzen, aber es geht mir wahrscheinlich immer noch besser, als ich es verdiene.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, das in kurzen, kupferroten Büscheln abstand. »Ruby, du bist wirklich prima. Danke, dass du mich ertragen hast. Das verdiene ich gar nicht.« Er gab ihr einen Kuss, dann war er weg. Sie hörte noch, wie er die Treppen hinablief, und drückte die Fingerspitzen auf die Stelle, wo seine Lippen ihre Wange berührt hatten.

    Als Elaine nach der Arbeit in ihre Wohnung zurückkehrte, zog sie Mantel, Hut und Handschuhe aus und zündete das Gasfeuer im Kamin an. Dann klingelte es an der Tür, und sie lief die Treppe hinunter, um zu öffnen.
    Ein junger Mann stand vor dem Haus. »Miss Davenport?«, sagte er.
    Â» Mrs. Davenport.«
    Â»Ah«, sagte er mit einem unangenehmen, wissenden Lächeln, ehe er fragte: »Darf ich hereinkommen?«
    Â»Wohl kaum. Wer sind Sie überhaupt?«
    Â»Philip Finborough.«
    Sie starrte ihn an. Erst jetzt fiel ihr die Ähnlichkeit auf. Zögernd erwiderte sie: »Es ist vermutlich besser, wenn Sie hereinkommen.«
    Der Weg die Treppe hinauf verschaffte ihr einen Augenblick, um sich vom ersten Schock zu erholen. Als sie die Tür zu ihrer Wohnung öffnete, fragte sie: »Sie sind Richards Sohn?«
    Â»Sie bestreiten also nicht, meinen Vater zu kennen?«
    Â»Warum sollte ich?«
    Â»Weil er mit meiner Mutter verheiratet ist«, entgegnete Philip wütend. »Und weil Sie ein Verhältnis mit ihm haben.«
    Wenn er nicht so beleidigend gewesen wäre, hätte sie ihm vielleicht erklärt, dass von einem Verhältnis keine Rede sein konnte, dass sie und Richard lediglich Freunde waren. Stattdessen ging sie an den Schrank und öffnete die Ginflasche.
    Â»Möchten Sie etwas trinken?«
    Â»Nein, danke.«
    Â»Ich schon. Ich würde Ihnen einen Platz anbieten, aber vermutlich ziehen Sie es in Ihrer gegenwärtigen Gemütsverfassung vor zu stehen.«
    Er warf ihr einen finsteren Blick zu und ließ sich in einen Sessel beim Kamin fallen. Elaine setzte sich ihm gegenüber, dann fragte sie: »Warum sind Sie hergekommen?«
    Â»Was glauben Sie wohl? Damit Sie ihn in Ruhe lassen.«
    Â»Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    Â»Ich bin Ihnen gefolgt, in der U -Bahn.«
    Â»Wie einfallsreich.« Die Vorstellung, dass dieser wütende junge Mann sie auf ihrem Heimweg verfolgt hatte, gefiel ihr gar nicht. Sie verkniff sich weiteren Sarkasmus. »Hören Sie, Philip, ich weiß zwar nicht, wie Sie das über Richard und mich herausgefunden haben, aber es geht Sie wirklich nichts an.«
    Â»Es geht mich nichts an? Wie können Sie so etwas sagen?«
    Â»Weil es wahr ist. Was Ihr Vater tut, ist seine Sache.«
    Â»Ach, hören Sie auf.« Jetzt lag Verachtung in seiner Stimme. »Das haben Sie doch eingefädelt, dass er Ihnen nachläuft.«
    Sie stellte ihr Glas auf einem Beistelltisch ab. »Passt es in Ihre Sicht der Dinge, die Sache so zu sehen? Mich in die Rolle des männermordenden Vamps zu

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