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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Dann ging er den Weg zurück zu der Stelle, wo er sein Motorrad geparkt hatte.
    Am Abend rief Steffie ihn an, und sie gingen gemeinsam etwas trinken. Aber es war merkwürdig: Hier saß er mit der hübschen, lustigen Steffie zusammen, die sich alle Mühe gab, ihn von den Ereignissen der letzten Woche abzulenken, und dennoch musste er immer wieder an Mrs. Davenports hellgraue Augen denken. In seine Wut mischte sich Groll darüber, wie sie ihn behandelt hatte, und die bittere Erkenntnis, dass er sich wie ein Tollpatsch benommen und ihr am Ende die Oberhand überlassen hatte. Sie hatte ihn behandelt wie einen naiven Jungen. Keine Frau hatte je so mit ihm gesprochen. Seine Freundinnen waren stets voll Anerkennung und Bewunderung; und manche hatten geheult wie die Schlosshunde, als er mit ihnen Schluss gemacht hatte.
    Zu Steffie sagte er, er müsse am nächsten Morgen früh raus, und brachte sie schon um zehn Uhr nach Hause. Danach fuhr er allein in seine Wohnung. Er schenkte sich etwas zu trinken ein und setzte sich aufs Sofa. Die Wut, die langsam abgeebbt war, hatte ein Gefühl der Leere und der Erschöpfung hinterlassen und eine tiefe Ernüchterung. Obwohl er es gar nicht wollte, musste er an seinen Vater denken. Er erinnerte sich daran, wie sein Vater ihn als kleinen Jungen auf den Schoß nahm und den Rolls Royce die Auffahrt hinunterlenken ließ; wie er ihm in Cornwall das Segeln beibrachte; wie er ihn zum ersten Mal zu den Lords ins Oberhaus des Parlaments mitnahm. Seine Mutter war in seiner Kindheit immer für ihn da gewesen, sein Vater war weit weniger zuverlässig gewesen – seine Anwesenheit war immer mit Vergnügungen verbunden, war immer etwas Besonderes gewesen. Philip hatte seinen Vater stets geliebt und bewundert, trotz aller mehr oder weniger heftigen Meinungsverschiedenheiten. Aber jetzt fragte er sich, ob das alles nur Lug und Trug gewesen war, ob er nur das gesehen hatte, was sein Vater ihn hatte sehen lassen wollen. Ob er nicht sogar aus den Geschäften in Hounslow herausgehalten worden war, damit sein Vater unbeobachtet so weitermachen konnte wie schon immer… ob vielleicht sogar Theo deshalb gegangen war, weil auch er etwas Schreckliches herausgefunden hatte…
    Philip stürzte den Whisky in einem Schluck herunter und schenkte sich noch einmal nach.

    Kathleen Wallace, Elaines Mutter, litt an einer Bronchitis. Elaines Vater saß den ganzen Nachmittag bei seiner Frau am Bett, und Elaine und Gilda nahmen die Besuchszeit am Abend wahr. Als ihre beiden Töchter eintraten, wisperte Kathleen unter ihrem Dampfzelt eine Begrüßung, hustete und schlief kurz danach mit offenem Mund ein, ein Bild, bei dem Elaine – aus Gründen, die sie selbst nicht benennen konnte – am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre.
    Elaine hatte Krankenhäuser nie gemocht – eine Folge der Operation, bei der ihr im Alter von fünf Jahren die Mandeln herausgenommen worden waren, vermutete sie. Es ärgerte sie, dass sie gar nichts tun konnte, außer ihrer Mutter die Hand zu halten oder ein Bettlaken glatt zu streichen. Als sie nach diesem ersten Besuch gemeinsam das Krankenhaus verließen, erzählte Gilda ihrer Schwester, dass Jimmy und sie nun bald heiraten wollten. Es würde eine stille Feier werden, ohne Schnickschnack und Glockengeläut, und danach würden sie bei ihren Eltern wohnen. Mutter, fügte Gilda hinzu, brauche Ruhe, sie arbeite einfach zu viel.
    Am folgenden Abend sprachen sie nur wenig, während sie am Bett ihrer dösenden Mutter saßen. Elaine vermutete, dass es Gilda ähnlich ging wie ihr selbst und sie es als irgendwie unpassend empfand, hier, in dem weißen stillen Zimmer, über Alltagskram zu plaudern. Die Stille, nur vom Klirren eines Teewagens oder dem Stöhnen eines Patienten in einem anderen Bett unterbrochen, ließ ihr viel zu viel Raum zum Nachdenken.
    An dem Abend, an dem Philip Finborough in ihre Wohnung gekommen war, hatte sie mit Empörung reagiert. Wie konnte er es wagen, ihr hinterherzuspionieren – sich in ihre Wohnung, ihr Allerheiligstes, zu drängen? Und dann hatte er auch noch die Frechheit besessen, am folgenden Abend vor ihrem Laden aufzutauchen. Besorgt wegen ihrer Mutter und erschöpft von einem langen Arbeitstag, war sie absichtlich gemein geworden und hatte versucht, ihn in seinem Dünkel und seiner Arroganz zu treffen. Philip Finborough war ein

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