Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
Fässer ins Meer polterten. Gegenstände schaukelten auf dem Wasser oder lagen am Ufer verstreut – ein Leinenschuh, ein Schal mit Paisleymuster, der sich um eine Schnur Blasentang gewickelt hatte, und ein halb im Sand begrabenes Glasgefäß mit einem gelblich braunen Pulver darin. Leute aus den umliegenden Dörfern suchten den Strand ab und sammelten auf, was die Wellen angetrieben hatten.
    Isabel erinnerte sich an einen Sommer, den sie mit den Kindern in Porthglas verbracht hatten. Nach einem schweren Sturm war der Strand voll frisch angespülter Muscheln gewesen, blassrosa und grau mit schaumweiß gekräuselten Rändern, die Öffnungen von schwerem, nassem Sand verstopft. Sie erinnerte sich an das Platschen der Wellen und das Klappern der Muscheln, die in Saras Blecheimer fielen. Und an die Wärme von Saras Hand in der ihren.
    Sie blickte zurück und sah Richard bei den übereinandergetürmten Felsen stehen, die den Zugang zur Bucht kennzeichneten. Er musste über Nacht von London heruntergefahren sein. Sie wäre ihm gern aus dem Weg gegangen, um die Wunde nicht von Neuem aufzureißen, aber sie fror, und sie war nass, und sie wusste, dass er nicht einfach umkehren und nach London zurückfahren und sie in Frieden lassen würde. Sie ging durch den Sand auf ihn zu.
    Â»Ziemlich nass für einen Spaziergang«, meinte er.
    Â»Ich mag den Regen. Ich mag Stürme.«
    Â»Ja, ich weiß«, sagte er. »Ich erinnere mich.«
    Er spannte seinen Schirm auf und hielt ihn über sie, als sie über die Felsen kletterten und den Hohlweg hinaufstiegen. Einmal rutschte sie ab. Er bot ihr die Hand, um sie zu halten, und sie schreckte vor ihm zurück. Körperlicher Berührung, jahrelang Teil ihrer Alltagssprache, war nicht mehr zu trauen.
    Im Haus hängten sie ihre nassen Mäntel auf. Isabel frottierte sich die Haare, während sie darauf wartete, dass das Teewasser kochte. Sie richtete ein Tablett mit Brot, Butter und Orangenmarmelade und trug es ins Wohnzimmer.
    Â»Greif zu«, sagte sie. »Du bist sicher hungrig.«
    Â»Danke.« Er stand am Feuer und wärmte sich. Er sah müde und abgespannt aus. »Komm nach Hause, Isabel«, sagte er. Als sie nicht antwortete, fügte er leise hinzu: »Bitte. Ich brauche dich. Du fehlst mir.«
    Â»Nein, Richard.« Sie trat ans Fenster und schaute hinaus. Das in der Bucht gestrandete Schiff hatte begonnen auseinanderzubrechen. Das Heck zitterte unter dem Ansturm der Wellen.
    Â»Isabel, bitte. Du kannst doch nicht ewig hierbleiben.«
    Â»Doch, wenn ich es will. Es ist mein Haus.«
    Â»Ich weiß, ich weiß.« In seinem Ton mischten sich Verzweiflung und Ungeduld. »Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll.«
    Â»Sag mir, was sie dir gegeben hat, was du von mir nicht bekommen hast.«
    Â»Nichts. So war es nicht.«
    Â»Aber warum dann, Richard?«
    Â»Ich weiß es auch nicht – ich habe einfach nicht gedacht…«
    Â»Blödsinn«, sagte sie kalt. »Natürlich hast du gedacht. Du denkst immer. Und ich weiß auch, was du gedacht hast, Richard. Du hast gedacht, du könntest ungestraft davonkommen. Du hast gedacht, du könntest sie haben und mich trotzdem behalten. Du hast gedacht, ich wäre dumm.«
    Â»Nein.«
    Â»Lüg mich nicht an. Ich weiß, dass ich recht habe.«
    Â»Ich würde dich niemals für dumm halten, Isabel. Das könnte ich gar nicht. Dumm war ich.«
    Â»Wie oft soll ich diese Demütigungen noch ertragen?«
    Â»Nie wieder, ich verspreche es dir.«
    Â»Wie soll ich dir noch irgendetwas glauben?«
    Â»Ich habe eine Dummheit gemacht, das ist alles.« Er hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Es war nur Freundschaft. Ich schwöre es dir, es war nie eine Liebesbeziehung.«
    Er wich ihr aus, sie entnahm es seinem Verhalten und seinen Worten. Ihr war, als fiele sie ins Bodenlose.
    Â»Sag mir die Wahrheit, Richard. Es war mehr als Freundschaft.«
    Er schlug sich mit der Faust in die offene Hand. »Herrgott noch mal, ich war nicht einmal mit ihr im Bett.«
    Â»Nein, aber du hast etwas für sie empfunden, stimmt’s?«
    Sie bemerkte die Veränderung in seinem Blick, obwohl er sich hastig abwandte.
    Als er wieder zu sprechen begann, war von seiner ärgerlichen Gereiztheit nichts mehr zu spüren. »Ganz gleich, was ich für sie empfunden

Weitere Kostenlose Bücher