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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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es sie überraschen, dass er diesmal nicht irgendein Gesellschaftsdämchen für seinen Seitensprung gewählt hatte, sondern eine Frau aus dem »gemeinen Volk«? Er hatte ja auch sie gewählt, damals, in Lynton.
    Nachts schlief sie – oder lag schlaflos – in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer. Überall im Haus stieß sie auf Erinnerungen an vergangene Sommer – ein Spielzeugboot mit rotem Segel, ein Fischernetz, eine Puppe, der ein Arm fehlte.
    Beim nächsten Mal war er ärgerlich und aggressiv. »Ein paar Küsse sind ja wohl kaum ein Verbrechen.«
    Es regnete stark. Sie hatte Mitleid mit ihm und ließ ihn auf die vordere Veranda. Dort stand er zwischen Korbsesseln und Pflanzentöpfen, von seinem Regenmantel tropfte das Wasser auf die Fliesen.
    Â»Küsse führen zu mehr«, sagte sie scharf. »Und das weißt du auch. Spiel nicht den Naiven.«
    Er stieß einen Laut der Geringschätzung aus. »Natürlich, das musste ja kommen.«
    Â»Was musste kommen?«
    Â»Dass du mir meine Missetaten vorhältst. Mir jeden Blick vorwirfst, den ich einer anderen Frau gegönnt habe.«
    Â»Du hast mit ihnen geschlafen. «
    Â»Ein- oder zweimal vielleicht. Es hatte überhaupt nichts zu bedeuten. Ich kann mich kaum an ihre Namen erinnern.«
    Â»Aber ich.«
    Â»Warum denn? Sie waren unwichtig.« Er schnaubte wütend. »Wenn du nur endlich lernen würdest, in diesen Dingen nicht so wahnsinnig spießig zu sein.«
    Â» Spießig nennst du das?« Das Wort verletzte sie tief. »Und du?«, schrie sie ihn an. »Du bist rücksichtslos und gemein – du bildest dir ein, du könntest dir alles nehmen, was du willst, und es ist dir völlig egal, wen du dabei verletzt.«
    Â»Warum kannst du nicht mal vergessen? Warum musst du immer so nachtragend sein?«
    Â»Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie das ist, vom eigenen Sohn erfahren zu müssen, dass der Ehemann einen betrügt?«
    Der Ausdruck seines Gesichts veränderte sich. Zum ersten Mal sah Richard tief beschämt aus. »Philip hat sich geweigert, mit mir zu sprechen«, sagte er leise. »Er hat seitdem kein Wort mit mir gewechselt. Du hättest nicht zulassen sollen, dass er sich da einmischt. Das war nicht richtig von dir, Isabel.«
    Â»Nicht richtig? Ausgerechnet du sagst das?« Aber sie musste an Philips Blick denken, an seine Worte zu ihr, als er aus dem Haus gelaufen war. Es wird alles gut, das verspreche ich dir. Ich regle das. Ich hätte ihn nicht gehen lassen dürfen, dachte sie. Ich hätte ihn da heraushalten müssen.
    Bitter sagte sie: »Du änderst dich nie.«
    Â»Ich gebe zu, dass ich nicht ganz unschuldig war –«
    Â»Ich hasse diese Verlogenheit, Richard. Sie ist das Schlimmste.«
    Er trat einen Schritt auf sie zu. »Komm mit mir nach Hause, Isabel. Du hast lange genug hier in deinem Schmollwinkel gesessen.«
    Schmollwinkel, dachte sie. Als handelte es sich um irgendeinen läppischen kleinen Streit und sie wäre ein launisches Kind.
    Â»Nein«, sagte sie kalt und trat von ihm weg. »Ich bleibe lieber in Porthglas. Ich möchte jetzt nicht mit dir zusammen sein, Richard.«
    Sein Gesicht wurde hart. »Wie du willst.«
    Er ging zur Tür hinaus. Sie sah ihn im strömenden Regen den Weg hinaufgehen. Ein Aufleuchten von Autoscheinwerfern, und er war fort. Sie setzte sich und zog an den Ringen an ihren Fingern. Ich hasse diese Verlogenheit , hatte sie gesagt – sie, die seit dem Tag ihrer Heirat eine Lüge lebte. Wir verdienen einander, dachte sie eisig. Einer so verlogen wie der andere.
    Einerseits bedauerte sie es, nicht mit ihm gefahren zu sein. Sie dachte an ihr Zuhause, den gemeinsamen Alltag und seinen warmen Körper nachts neben ihr im Bett. Nach einer Weile ging sie nach oben ins Schlafzimmer und schaute zum Fenster hinaus auf die See. »Richard«, sagte sie leise vor sich hin. Der ganze Zorn war weg, verdrängt von einem schrecklichen Schmerz und einer Aufwallung wilden Hasses auf die Frau, die sie von ihrem Mann getrennt hatte. Sie wusste nicht, wie Elaine Davenport aussah. Sie konnte jederzeit auf der Straße an ihr vorübergehen, ohne sie zu erkennen.

    Ein Schiff, das nach Bristol unterwegs gewesen war, war bei Sturm auf die Felsen aufgelaufen und lag nun schräg auf der Seite in der Bucht, schwer angeschlagen und mit einem Loch im Rumpf, durch das Kisten und

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