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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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dieser Gegend zu schützen. Ein Stück Land voll wuchtiger Stein- und Felsbrocken hatte sich als idealer Standort für das Alpinum mit Azaleen, Gebirgspflanzen und Nadelhölzern angeboten. Selbst das Waldgebiet brauchte konsequente Pflege, die Bäume mussten geschnitten, das Dickicht ausgelichtet werden, sodass nicht eine besonders robuste Art anderen den Lebensraum nahm.
    Caroline kümmerte sich selbst um den Garten. Dickie, ein unförmiger, wortkarger Mensch, der in einer Hütte am Rand des Besitzes lebte, half ihr. »Seine Eltern waren Vetter und Cousine«, sagte Gil wegwerfend über ihn. »Der Inzucht offensichtlich zu viel.« Dickie schleppte Steine, hob Baumwurzeln aus, kurz, er erledigte alle Arbeiten, die Caroline zu schwer waren, und sie erledigte den Rest. Der Garten von Vernon Court war ihre Leidenschaft. Sie hing mit den gleichen tiefen Gefühlen an ihm wie an ihrem Sohn. Er brachte alles Wahre und Gute in ihr zum Vorschein; wenn es um ihren Garten ging, zeigte sie sich zufrieden und ganz in ihrem Element, bewies Erfahrung, Sachkunde und Geduld. Sie sah, dass Sara Beschäftigung brauchte, und übertrug ihr kleine Aufgaben, zeigte ihr, wie man Setzlinge umpflanzte und Büsche und Sträucher schnitt. Aber Sara merkte, dass Caroline genau wie Gil ihrer Arbeit nicht traute und sie stets scharf im Auge behielt, wenn sie ihr zur Hand ging.
    Caroline nähte die Knöpfe an Gils Hemden und Jacken an, stopfte die durchgescheuerten Ellbogen seiner Pullover, erinnerte ihn daran, sich die Haare schneiden zu lassen und sein Verdauungspulver zu nehmen. Eines Abends, als sie zum Essen ausgehen wollten, band Caroline ihm den Schlips neu, den Sara vorher gebunden hatte, und vertauschte mit einem leichten Kopfschütteln die Blume, die Sara ihm ins Knopfloch gesteckt hatte, mit einer ihrer eigenen Wahl. Wenn Sara den Tisch deckte, hatte sie stets etwas zu korrigieren, wenn Sara ein Möbel oder einen Ziergegenstand anders stellte, sorgte sie dafür, dass das Stück wieder seinen gewohnten Platz bekam. Das alles tat sie weder aus Bosheit noch in der Absicht, Sara herabzusetzen; Caroline wollte einfach, dass auf Vernon Court alles so blieb wie bisher – und das hieß, dass Sara und nicht Caroline oder Gil sich anpassen musste. Dass jetzt eine Schwiegertochter im Haus war, bedeutete lediglich, dass bei Tisch ein zusätzliches Gedeck aufgelegt werden musste und Caroline bei ihren Nachbarschaftsbesuchen, wo Tee oder Sherry getrunken und dazu Königskuchen gegessen wurde, nun von Sara begleitet wurde. Außerdem konnte mit der ansehnlichen Mitgift, die Sara in die Ehe gebracht hatte, endlich die Reparatur des Hausdachs in Angriff genommen werden . Die alten Schindeln waren bereits entfernt worden, und die Zimmerleute hatten begonnen, die morschen Balken zu ersetzen.
    Die Schwangerschaft ersparte es Sara schließlich, nach sinnvoller Beschäftigung zu suchen. Das erste Symptom ihres Zustands war eine schreckliche Übelkeit, die sie überfiel, sobald sie morgens die Augen öffnete, und die ihr das gemeinsame Frühstück mit Caroline und Gil unmöglich machte. Die Nachricht von ihrer Schwangerschaft vertrieb die feine Aura der Missbilligung, die Sara zu spüren begonnen hatte. Mit dem Sex war es nun ebenso vorbei wie mit den Ausritten. Die Ausritte fehlten ihr mehr.
    An einem Dezembernachmittag, als sie mit den Hunden zu Füßen vor dem Feuer im Salon auf dem Sofa lag, hörte sie von der Abdankung Eduards VIII . Auf den Titelseiten von Gils Zeitungen waren Fotografien einer verschleierten, schmallippigen Wallis Simpson zu sehen. Carolines Freunde waren konventioneller als die von Alice Finborough; in Salons und Speisezimmern fing Sara Gesprächsfetzen auf – eine Amerikanerin – Scheidung – schockierend .
    Nach einer Schrecksituation im dritten Monat der Schwangerschaft gebot der Arzt Sara viel Ruhe, was ihr, da sie sich nie richtig wohlfühlte, gar nicht so ungelegen kam. Manchmal setzte sie sich mit den Hunden in den Salon, manchmal zog sie sich in den Wintergarten zurück, durch dessen hohes Glasdach wärmend die Sonne fiel. Die fruchtbare Fülle des Raums mit den üppig rankenden Kletterpflanzen und den schwer hängenden Feigen schien ihr zu ihrem Zustand zu passen, und sie liebte es, den Regen auf das Glas prasseln zu hören. Sie dachte an Eduard, der sein Königreich für die Frau,

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