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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Verkäuferin.«
    Theos Blick wurde kalt. »Ich hätte nicht gedacht, dass du ein Snob bist, Ruby.«
    Sara kam aus dem Haus gelaufen. »Theo, Schatz, gib mir eine Zigarette.« Sie inhalierte mit geschlossenen Augen. »Gott, was für ein entsetzlicher Auftritt. Philip ist weg. Daddy ist wutentbrannt irgendwohin verschwunden. Mama hat sich im Schlafzimmer eingesperrt. Die armen Gäste bemühen sich, höfliche Konversation zu machen. Gott sei Dank, dass Gil nicht hier war. Er hätte ja geglaubt, er sei im Tollhaus gelandet.« Sie tätschelte Rubys Schulter. »Arme Ruby – schade um das schöne Mittagessen.«
    Theo sagte: »Ich sollte Ruby nach Hause bringen. Kommst du mit, Sara?«
    Sara schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich bleibe besser hier. Jemand muss sich um die Gäste kümmern. Geht ihr beide nur.«
    Ruby hatte Kopfschmerzen und fühlte sich innerlich wie ausgehöhlt vom Weinen. Die U-Bahn donnerte durch Tunnels und an Bahnhöfen vorbei. Am liebsten wäre sie für immer im Zug geblieben und ziellos durch Tag und Nacht gefahren. Wie sollte sie jetzt die Orientierung wiederfinden? Die Ungläubigkeit war tiefer Scham gewichen, Scham darüber, dass sie Theo ihre Gefühle so hemmungslos offenbart hatte, und noch quälendere Scham darüber, dass sie den kleinen Zeichen der Zuneigung, die Philip ihr gegeben und wahrscheinlich im nächsten Moment wieder vergessen hatte, so große Bedeutung beigemessen hatte. Scham aber vor allem darüber, dass sie sich eingebildet hatte, seine Vertraute zu sein, besondere Bedeutung für ihn zu haben.
    Sie sprachen wenig auf der Fahrt. Musik und Stimmen drangen aus offenen Türen, als sie in der Pension die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufgingen. Auf dem Bett in ihrem Zimmer lagen die Kleider, die sie am Morgen anprobiert hatte; sie ließ sich zwischen Rayon und Seide fallen.
    Â»Mein Gott, war ich blöd«, sagte sie.
    Â»Unsinn«, widersprach Theo.
    Â»Kein Unsinn. Abgesehen von allem anderen hat Philip mich doch immer nur als die ›Kleine‹ gesehen.«
    Â»Was meinst du mit ›allem anderen‹?«
    Â»Oh, du weißt schon.«
    Â»Nein, ich weiß nicht, Ruby.«
    Â»Das Faszinierende. Das mir im Gegensatz zu euch allen völlig fehlt.«
    Â»Faszinierend? Wir?«, fragte er mit einer Bitterkeit, die sie bestürzte. »Das Schlimme ist, dass wir alle so verdammt egozentrisch sind. Solche Selbstdarsteller. Wir lassen doch keine Chance zum großen dramatischen Auftritt aus. Und der Auftritt heute Mittag war weiß Gott nicht zu verachten.«
    Sie blickte zu ihm hinauf. Er stand am Fenster, das Nachmittagslicht umriss die strengen Linien seines Profils.
    Â»Aber du bist überhaupt nicht so, Theo«, sagte sie.
    Â»Ich hasse Auftritte. Ich hasse es, Partei zu ergreifen.«
    Â»Bist du deshalb von zu Hause weggegangen?«
    Â»Vielleicht.« Er drehte sich nach ihr um und lächelte. »Du hast es doch selbst nicht so mit den großen Auftritten, Ruby.«
    Sie wischte über einen feuchten Fleck vorn auf ihrem Kleid. Vom Weinen, dachte sie. »Ich versuche immer, normal zu sein. Wegen – wegen – du weißt schon.«
    Â»Wegen Nineveh.«
    Â»Ja – und wegen meiner Mutter und meinem Vater…« Sie stand auf und öffnete einen Schrank. »Es ist leider nichts zu trinken da. Aber ich habe Tee und Kaffee.«
    Â»Einen Kaffee, bitte.«
    Sie füllte im Bad den Kessel und setzte ihn auf. »Danke, dass du mich davor bewahrt hast, mich völlig lächerlich zu machen«, sagte sie.
    Â»Schon okay.« Er lächelte flüchtig. »Gern geschehen.«
    Sie gab Kaffee in eine Kanne. Ihr Kopf hämmerte noch immer. Sie überlegte, ob sie es ihm erzählen sollte, und dachte: Warum eigentlich nicht, das ist jetzt auch schon egal. Was hatte sie noch zu verlieren?
    Â»Ich weiß jetzt, was aus meinem Vater geworden ist«, sagte sie. Mit einer Hand strich sie sich das Haar aus dem Gesicht. Ihre Stimme zitterte noch ein wenig. »Er hat meine Mutter wegen einer anderen Frau verlassen.«
    Â»Ach.« Theo runzelte die Stirn. »Das tut mir leid, Ruby.«
    Â»Er war schon nicht mehr da, als ich dort hinkam – er war vor Jahren verschwunden. Aber er hat sie geheiratet , Theo. Während er noch mit meiner Mutter verheiratet war.«
    Â»Du meine Güte. Hast du eine Ahnung, wohin er verschwunden

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