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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Geliebter gewesen.«
    Â»Dein Geliebter?«, wiederholte er mechanisch.
    Â»Ja. Vor langer Zeit.«
    Â»Vor wie langer Zeit?«
    Â»Vor über dreißig Jahren.«
    Â»In Lynton?«
    Â»Nein, Alfie lebte in Broadstairs. Du weißt doch, ich habe in Broadstairs gearbeitet, bevor ich nach Devon wechselte.«
    Â»Und es ist dir nie eingefallen, mit mir darüber zu sprechen?«
    Sie sah weg. »Ich habe es versucht, aber ich konnte nicht. Es war schon lange vorbei, als ich dich kennenlernte. Ich hatte Alfie seit Jahren nicht gesehen und glaubte, ich würde ihn nie wiedersehen. Es gab keinen Grund anzunehmen – ich dachte…« Sie presste die Lippen zusammen. »Wahrscheinlich dachte ich, du würdest es nie herausfinden. Und nach so langer Zeit… aber dann tauchte er im Juni plötzlich hier auf.«
    Â»Und dieser Kerl – dieser Broughton – droht dir wohl damit, mir alles zu erzählen? Hast du ihm deshalb Geld gezahlt?«
    Â»Ja. Nein.« Panik ergriff sie. »Wenn es nur das wäre –«
    Â»Das ist doch schon schlimm genug, oder nicht?« Auf einmal bemerkte er, dass er sich vor ihren nächsten Worten fürchtete. Doch er zwang sich zu der Frage: »Es gibt noch etwas anderes?«
    Â»Ja, leider.« Sie sah ihm in die Augen. »Ich habe damals ein Kind bekommen, Richard. Von Alfie.«
    Im ersten Moment war sein Hirn wie leer gefegt. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, und er konnte mit diesen absurden, unwirklichen Geschichten nichts anfangen. Er wollte nur eines: das Haus verlassen, ins Auto steigen und weit wegfahren, egal wohin, irgendwohin.
    Aber er blieb, wo er war, und versuchte angestrengt, sich zu konzentrieren. Am liebsten wäre ihm gewesen, wenn er sie falsch verstanden hätte, deshalb hakte er noch einmal nach. »Du hattest schon ein Kind, bevor du mich kennengelernt hast?«
    Â»Ja. Eine Tochter.«
    Â»Wann genau war das?«
    Â»Im Sommer 1907. Lange, bevor wir uns begegnet sind.«
    Â»Und was ist aus diesem Kind geworden?«
    Â»Ich habe es weggegeben.«
    Â»Weggegeben…?«, wiederholte er benommen. Es war ein Albtraum.
    Â»Ja. Ich habe eine Anzeige in die Zeitung gesetzt. Ein kinderloses Ehepaar hat meine Tochter adoptiert. Was hätte ich sonst tun sollen? Ich konnte mich nicht selbst um sie kümmern. Alfie hat mich verlassen, als er von meiner Schwangerschaft erfuhr.«
    Richard fühlte sich wie jemand, der vom Tod eines geliebten Menschen erfährt, ungläubig und entsetzt die schlechte Nachricht vernimmt, ohne sie begreifen zu können. Er wollte hören, dass es nicht wahr sei, dass sie sich das alles nur ausgedacht habe, dass sie wieder die sein konnten, die sie zuvor gewesen waren.
    Â»Es tut mir leid, Richard, es tut mir so leid«, sagte sie, und etwas in ihm zerbrach.
    Sehr langsam erwiderte er: »Unsere Ehe gründet auf einer Lüge, und du sagst mir, dass es dir leidtut ?«
    Er spürte eine Enge in der Brust, ging zur Karaffe und schenkte sich Whisky nach. Seine Hände zitterten, als er das Glas füllte. Er war sich nicht sicher, ob er in der Lage wäre, es zu trinken, ob ihm übel werden würde – oder ob er womöglich anfangen würde zu weinen.
    Â»Ich weiß, ich hätte es dir längst sagen sollen, aber ich konnte nicht.« Sie wankte leicht, schien sich aber gleich wieder zu fangen. »Richard, versuch bitte, mich zu verstehen. Versuch bitte, mir zu verzeihen.«
    Â»Was willst du denn von mir hören?« Er stieß ein raues Lachen aus. »Macht doch alles nichts, vergessen wir es?«
    Â»Nein, natürlich nicht.«
    Â»Vielleicht hast du es ja einfach vergessen –«
    Â»Richard, nicht –«
    Â»Oder hast es einfach verdrängt, dieses Kind?«
    Â»Meine Vergangenheit – meine Lebensgeschichte – war einer der Gründe, warum ich zu Anfang nichts mit dir zu tun haben wollte. Ich habe mich so sehr geschämt!«
    Er trank den Whisky, der ihm brennend durch die Kehle lief, und hörte sie sagen: »Ich weiß, dass es ein Fehler war, aber es ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Zwischen uns braucht sich nichts zu ändern –«
    Â»Natürlich ändert sich etwas.« Er schnitt ihr das Wort ab. »Es bedeutet, dass ich dir nicht vertrauen kann.«
    Â»Richard, bitte –«
    Â»Die Sache ist doch wohl etwas zu wichtig, Isabel,

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