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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Decke unter der toten Hündin hervor. Dann schaufelte sie das Loch zu und strich die Oberfläche glatt, bis der Erdboden wieder ganz eben war.

Teil 4
Der Fluss und die See
1940–1942

13
    A PRIL IN P ARIS. Flimmerndes Sonnenlicht auf dem frischen Laub der Platanen, und Aleksandra, die sich die Bluse zuknöpfte und ihm sagte, dass sie nach Nordafrika gehen werde.
    Â»Nach Casablanca vielleicht. Ich war noch nie in Casablanca.«
    Sie stand auf und sammelte die Kleider ein, die sie eine Stunde zuvor abgelegt hatte. Theo fand es amüsant, dass sie überhaupt nicht darauf achtete, sich »ordentlich« anzuziehen, sondern ganz unbefangen nur in Bluse und Perlenkette in der Wohnung herumspazieren konnte.
    Â»Und was ist mit uns?«, fragte er, weil einer ja die Frage stellen musste.
    Â»Mit uns, Theo, mein Schatz?« Sie schob zwei goldene Reifen über ihr Handgelenk.
    Â»Ja, mit uns.« Ein Gedanke kam ihm. »Oder hast du angenommen –«
    Â»Ich nehme nie etwas an, das weißt du, chéri . Aber du hast doch deine eigenen Pläne, wie immer.«
    Er fühlte sich vor den Kopf gestoßen. Als sie in Höschen und Rock stieg, lachte sie und sagte: »Mach nicht so ein Gesicht. Du weißt, wie sehr ich dich liebe.«
    Â»Komm her.« Sie setzte sich auf seinen Schoß, und er küsste sie. »Und ich bete dich an.«
    Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Wie steht’s mit Liebe? Du sprichst nie von Liebe.«
    Â»Aber natürlich«, protestierte er.
    Â»Nein, das ist ein Wort, das du nie gebrauchst.« Sie wedelte mit den Händen, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Wir sind beide gleich, wir müssen immer in Bewegung sein, geschäftig wie die Ameisen, das Schlimmste ist das tägliche Einerlei.«
    Â»Du bist doch kein tägliches Einerlei für mich.«
    Â»Ich weiß, mein Schatz, aber wenn du mich mit nach Hause nach England nähmst, würdest du vielleicht glauben, du müsstest mich heiraten.«
    Er küsste sie am Ohr. »Wer hat gesagt, dass ich nach England zurückgehe?«
    Â»Hast du das denn nicht vor?«
    Â»Ich weiß es nicht. Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht.« Aber das war natürlich gelogen.
    Sie bückte sich, um einen Strumpf an ihrem Bein hochzurollen. »Wenn die Deutschen kommen, wirst du interniert. Du bist Engländer, Theo – fahr nach Hause.«
    Â»Die Deutschen kommen gar nicht bis Paris.«
    Â»Glaubst du das wirklich?«
    Er stand auf und trat zum Fenster. Sein Zimmer war groß, wenn auch ziemlich dunkel und direkt neben dem Badezimmer, sodass man das Zischen des Durchlauferhitzers und das Rauschen des Wassers aus den Hähnen hörte. Seit zwei Jahren hatte er das Zimmer nun gemietet, nie seit er von zu Hause weggegangen war, hatte er so lange in derselben Wohnung gelebt. Und draußen wurde die Luft langsam wärmer, bald würde es Sommer werden. Er liebte es, das Fenster weit zu öffnen und zu den steilen gepflasterten Straßen und den dicht beieinanderstehenden Häusern hinauszusehen, zwischen denen Leinen voller Wäsche gespannt waren, zur Bar gegenüber, wo immer Betrieb war. Er liebte es, das Klappern hoher Absätze auf den Kopfsteinen zu hören, das Hupen der Autos, das Geschrei der spielenden Kinder.
    In diesen Tagen allerdings lief ständig das Radio und übertönte die Geräusche von der Straße. Es lief auch jetzt. Als sie sich geliebt hatten, hatte er es ausgedreht. Aber danach, als sie atemlos beieinanderlagen, hatte er es wieder angemacht.
    So war das heute, dachte er. In Bars, Büros und Schlafzimmern überall in Frankreich hörte man Tag und Nacht Radio.
    Vor einer Woche waren die Deutschen in Dänemark einmarschiert. Wenig später waren sie nach Norwegen vorgerückt. Die Schlacht um Norwegen dauerte noch an. Britische Truppen waren in der Nähe von Narvik gelandet, und Einheiten der französischen Fremdenlegion waren abgestellt worden, um den Widerstand zu stärken.
    Â»Wann reist du ab?«, fragte er.
    Â»Morgen.«
    Â»Aleks –«
    Â»Wassili bringt mich morgen mit dem Auto nach Marseille. Ich muss weg aus Paris, chéri , das siehst du doch ein?«
    Â»Fahr nicht.«
    Sie berührte ihre scharf gebogene Nase. »In meinen Adern fließt ein klitzekleines bisschen jüdisches Blut, wie du weißt. Das macht mir Angst.«
    Es überraschte ihn, wie sehr es ihn traf, dass

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