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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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spe in schrilles Gelächter aus.
    Theo fragte: »Wie lange noch? Was meinst du?«
    Â»Bis wir anfangen, die Akten zu verbrennen.« Verdrossen herabgezogene Mundwinkel. »Wochen, Monate – weiß der Kuckuck.« Als der Mann von der Botschaft, sonst so jovial, sich über den Tisch beugte, war sein Blick ernst. »Wie alt bist du, Theo?«
    Â»Achtundzwanzig.«
    Â»Sie sind jetzt daheim bei sechsundzwanzig angelangt. Als Nächstes wird deine Altersgruppe dran sein. Ich an deiner Stelle würde machen, dass ich nach Hause komme. Du hast mehr Auswahl, wenn du dich freiwillig meldest, verstehst du? Du willst doch nicht irgendwo in einem verdammten Schützengraben landen, oder? Und wenn du zu lange wartest, gibt’s vielleicht nicht mehr allzu viele Fahrscheine nach Hause.«

    Ein Abschiedsbummel durch Paris. Nicht zu den Touristenattraktionen, sondern zu den Plätzen, die er liebte – die Bars, die Ateliers und die Cafés, die Orte, an denen er seine Freunde traf.
    Vieles, vermutete er, würde weitergehen wie bisher, ganz gleich, was geschah: Die Geschäftsleute würden weiter in Zimmern voll Plüsch und Pleureusen der Liebe am Nachmittag nachgehen, und bei Fouquet würden weiter reiche alte Männer hübsche Frauen mit Roséchampagner umwerben. Und seine Freunde würden weiter diskutieren, weiter die langen philosophischen Gespräche führen, die ihn so fasziniert hatten, als er zum ersten Mal nach Paris gekommen war, neunzehn Jahre alt, mit nichts als seinem Schulfranzösisch, seinen Träumen, ein großer Künstler zu werden, und den Erfahrungen, die er an einem kalten englischen Internat und in sechs Monaten Arbeit in der Firma seines Vaters gesammelt hatte. Der alte Traum war lange tot, aber diese besondere Gesprächskultur der Pariser konnte ihn immer noch begeistern; die Höflichkeit, mit der die Diskussionen geführt wurden, ihre Tiefe und ihre Verstiegenheit, wie sie sich bei Gitanes und Wein ins Endlose verzweigten und einen über Seitenpfade und Irrwege zu neuen Horizonten führten. Er erinnerte sich noch, wie viel er an jenem ersten Abend geredet hatte, so viel, dass er am nächsten Morgen mit Halsschmerzen aufgewacht war.

    Er hatte Glück. Sein Freund von der Botschaft flog am Wochenende zurück nach England, in der Maschine war ein Platz frei. Beim holprigen Flug über den Kanal erledigte sich eine Frage von selbst: Er würde nicht zur Königlich-Britischen Luftwaffe gehen. »Du fliegst wohl das erste Mal?«, bemerkte sein Freund vergnügt. »Wenn du kotzen musst, dann bitte nicht auf meine Schuhe.«
    Mit achtundzwanzig sei er für die Royal Air Force ohnehin zu alt, erklärte ihm der Pilot. Die nähmen da die Jungs direkt von der Schule. »Die reagieren schneller, verstehen Sie«, brüllte der Pilot über die Schulter, während Theo sich an den Armlehnen festklammerte, dass seine Knöchel weiß wurden. »Dieses Grünzeug weiß überhaupt nicht, was Angst ist.«
    Sie landeten auf einem Flughafen in Kent. Ein blitzender schwarzer Humber wartete auf den Mann von der Botschaft, um ihn mit seinen Kartons und seiner Aktenmappe zu einem ungenannten Ziel zu bringen. Als der Mann sich mit Händedruck von Theo verabschiedete, musterte er ihn einen Moment mit seinen ausdruckslosen gelblich braunen Augen und sagte: »Dein Französisch ist ziemlich gut. Du könntest als Franzose durchgehen. Kann sich vielleicht mal als nützlich erweisen.« Er drückte ihm eine Karte in die Hand. »Melde dich mal, alter Junge.«
    Der Londoner Zug war voller Soldaten in Kaki. Theo zwängte sich mit seinem Rucksack in eine Lücke im Korridor und schloss die Augen.

    Ruby malte sich gerade die Lippen, als es draußen läutete. Sie rannte hinunter und riss die Haustür auf. »Theo!«, kreischte sie und warf ihm die Arme um den Hals.
    In ihrem Zimmer nahm er seinen Rucksack ab, und sie betrachtete ihn aufmerksam. Hochgewachsen und sehnig, das glatte schwarze Haar ein wenig zu lang, aber elegant – wie das die Finboroughs alle immer schafften –, noch in den von der langen Reise zerknautschten Kleidern. Jahre , dachte sie, hatte sie ihn nicht gesehen; es war schwer zu sagen, inwiefern er sich verändert hatte, aber er hatte sich verändert, das sah sie.
    Â»Sherry?«, fragte sie.
    Â»Tee wäre mir lieber.«
    Â»Du bist wirklich ein bisschen blass

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