Das Haus in den Wolken
lieà Alï¬e Isabel die Augen schlieÃen und steckte ihr ein Schokoladenbonbon in den Mund. Sie lachte, als es auf ihrer Zunge schmolz, doch ihr Lachen verwandelte sich in ein Zittern, als er seine Lippen auf die ihren drückte und sein Geschmack sich mit dem der Schokolade vermischte.
Er erzählte ihr von seinen Träumen. Er wollte nach Amerika segeln â ein anderes Land sehen, ein neues Land â und einen eigenen Laden eröffnen. »Ich lass mich nicht ein Leben lang herumkommandieren«, sagte er.
»Dein Beau«, nannte Mrs. George, die Köchin der Clarewoods, ihn, und Isabel verspürte Stolz. Alï¬e war der bestaussehende Mann in Broadstairs; alle Mädchen drehten sich nach ihm um, wenn er die Promenade entlangging.
Während der Sommer voranschritt, brannte die Sonne Tag um Tag heiÃer auf den Sand herunter. DrauÃen auf See schaukelten Fischerboote auf dem klaren Wasser; am Strand drängten sich die Sonnenschirme der Damen wie eine Horde weiÃer Gänse aneinander. Eine träge, schwere Hitze legte sich auf das schmucke kleine Städtchen. In der Nacht hielt Alï¬e sie im dunklen rückwärtigen Souterrain des Hauses der Clarewoods in den Armen und strich mit seinen Fingerspitzen über die kleinen Buckel ihrer Wirbelsäule. Hoch oben auf den Klippen, zwischen Ginster und Glockenblumen, knöpfte er ihre Bluse auf.
Alï¬e Broughton war von einer Hartnäckigkeit, die seine Sorglosigkeit und sein Charme gar nicht vermuten lieÃen. Im Rückblick erschienen Isabel diese Monate wie eine Reihe von Scharmützeln, die allesamt Alï¬e gewonnen hatte. Das eine hatte wahrscheinlich zum anderen geführt, dachte sie, das Händchenhalten zu einem Kuss, der Kuss zu einer Umarmung. Wie die Dominosteine, die die Clarewood-Kinder so gern aufstellten: Wenn einer ï¬el, geriet alles ins Wanken. Stück um Stück hatte er sich vorgekämpft.
Doch es wäre falsch gewesen, zu sagen, er habe sie überwältigt . Sie hatte ihn genauso begehrt. Wenn sie in schlaflosen Nächten bei Adele, Elsie und Edward in der Kinderstube wachte, sah sie Mädchen vor sich, die schöner und gefälliger waren als sie. Die nagende Eifersucht war so machtvoll gewesen wie das Verlangen.
Vielleicht war es der Augustsonne anzulasten, die der See alle Farbe zu rauben schien und sie mit perlgrauem Glanz überzog. Vielleicht verzauberte sie die erregende Berührung seiner Hand. Vielleicht waren es seine geï¬Ã¼sterten Beteuerungen: Aber ich liebe dich doch, Isabel, ich liebe dich so sehr. Liebst du mich denn gar nicht? Und auÃerdem, wenn es wirklich Schwierigkeiten gibt, können wir ja heiraten, nicht wahr, meine SüÃe?
Diese Worte waren seine einzige Lüge gewesen, sorglos dahingesagt, wie sie erst später erkannte, als Mittel zum Zweck. Aber letzten Endes hatte sie sich Alï¬e Broughton hingegeben, weil sie es wollte. Weil sie sich nach ihm sehnte. Weil sie sich nach ihm verzehrte.
Das Bedrohliche und das Herrliche ihres Traums klangen bis in den Morgen hinein in ihr nach. Nach dem Frühstück, während Richard mit Immobilienmaklern verhandelte und seine Mutter einen Ausritt machte, erkundete Isabel das Haus.
Die beiden Flügel, die das Haupthaus erweiterten, waren von seinem Vater angebaut worden, hatte Richard erzählt, wurden aber kaum genutzt, kostspielige Extravaganz vom Tag ihrer Erbauung an. Es hing eine Melancholie über diesen Räumen, die von unerfüllten Träumen und gescheiterten Plänen sprachen.
In einer Glasvitrine entdeckte sie eine Rassel und ein Paar Kinderschühchen. Sie nahm sie heraus, und als sie mit dem Finger über die vergilbte Spitze strich, eilten ihre Gedanken zurück nach Broadstairs. Als der Sommer sich dem Ende zuneigte und die Sommerfrischler und Tagesgäste die Stadt verlassen hatten, bemerkte Isabel, dass sie schwanger war. Sie litt an denselben Symptomen wie Mrs. Clarewood während ihrer Schwangerschaften mit Elsie und Edward â ständig war sie müde, und jeden Morgen musste sie sich übergeben.
Sie erzählte Alï¬e von dem Kind. Es war spät, und ihre Schützlinge schliefen bereits. Alï¬e war zu ihr ins rückwärtige Souterrain des Hauses gekommen. Durch das Fenster der Spülküche konnte Isabel den Umriss einer Packung Waschsoda erkennen und ein Stück Haushaltsseife.
»Ein Kindâ¦Â«, wiederholte er und stieÃ
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