Das Haus in den Wolken
an die Felsen, auf denen das Haus stand, und Isabel, in ihrer roten Jacke, stand vor dem Haus und blickte zur See hinaus. Als Richard über den Strand ging, hörte er das Knirschen des Kieses unter seinen FüÃen und das Zerplatzen glänzender brauner Tangbläschen. Im Halbschlaf überlegte er, wie viele Knöpfe er würde produzieren müssen, um das Haus an der See kaufen zu können. Er dachte an die Millionen Soldaten an der Front und die Millionen Knöpfe an ihren Uniformen. Knöpfe, die das Haus bezahlen sollten; Knöpfe von Toten.
Eine Stimme riss ihn ins Bewusstsein. »Captain Finborough, können Sie laufen?«
Richard öffnete die Augen. Es war noch Nacht, und Sergeant Chance kauerte neben ihm. Er war tief erleichtert. Chance war gekommen, um ihn zu holen.
»Ich glaube nicht«, sagte er. »Tut mir leid.«
»Dann trage ich Sie.«
Nicholas Chance warf Richard wie einen Sack über seine breite Schulter und rannte mit ihm quer durch das Niemandsland. Sie hatten die britischen Stellungen fast erreicht, als der Feind zu feuern begann. Das Letzte, was Richard hörte, als sie dem Parapett entgegenstürzten, war der brüllende Schrei, den Chance ausstieÃ: einen Schrei, dachte Richard, der Wut und des Triumphs.
Richard wurde zuerst in ein Feldlazarett hinter der Front gebracht und dann in das britische Militärkrankenhaus in Etaples. Das Krankenhaus war höllisch, schlimmer als die Gräben. Die Nächte waren erfüllt vom Stöhnen und Schreien der Verwundeten. Der Mann im Bett neben Richard lag eingerollt wie ein Fötus und weinte unaufhörlich. »Schützengrabenschock«, sagte die Schwester zu Richard, bevor sie den Vorhang rund um das Bett zuzog.
Eine Kugel hatte seine Hand durchschlagen, und er hatte Splitter in der linken Schulter und im rechten Bein. Am Tag nach seiner Ankunft in Etaples operierte man ihn, um die Splitter zu entfernen. Als er aus der Narkose erwachte, hatte er so starke Schmerzen, dass er sich eisern zusammennehmen musste, um nicht laut zu schreien. Dann gab ihm die Schwester eine Morphiumspritze, und er schlief wieder ein.
Ach, die Schwestern. Hübsche junge Frauen einige von ihnen und auch sanft, aber irgendwie beunruhigten sie ihn. Ihre resolute Munterkeit hatte etwas Hartes, als gäbe es nichts, was sie nicht schon gesehen hatten. Niemals, dachte er unwillkürlich, würde er Sara ein Leben führen lassen wie diese Frauen. Der Tag auf der Station schien Richard nach den gleichen starren und unerbittlichen Regeln abzulaufen wie beim Militär. Er fand jede Minute furchtbar; er fand die Gerüche und Geräusche furchtbar; am furchtbarsten aber fand er seine Abhängigkeit.
Drei Tage nach seiner Ankunft in Etaples kam morgens eine Schwester mit roten Haaren und Sommersprossen an sein Bett und sagte: »Sie haben Besuch, Captain Finborough.«
Als Isabel ihn in die Arme nahm, als er den Duft ihres Haars und ihrer Haut roch, hatte er das Gefühl, endlich wieder aufgehoben zu sein.
»Nimm mich mit nach Hause«, ï¬Ã¼sterte er. »Bitte, nimm mich mit nach Hause, Isabel.«
Er durfte nicht nach Hause, aber nach vierzehn Tagen wurde er vom Krankenhaus in Etaples in ein Genesungsheim in Kent verlegt, wo er die folgenden zwei Monate verbrachte. Vom Park des Heims aus hörte er das massive Artilleriefeuer, Vorbote der Schlacht an der Somme. Als er endlich so weit genesen war, dass er zu seiner Familie nach Hampstead zurückkehren konnte, hatte die Schlacht Zehntausende von Menschen getötet, unter ihnen Major Woods und viele aus seinem Regiment. Nicholas Chance jedoch überlebte zu Richards Freude und Dankbarkeit.
Er übte eisern, bis er gehen konnte, ohne zu hinken, und brachte sich das Schreiben wieder bei. Ihre frühere Beweglichkeit jedoch gewann seine Hand nie zurück, und wenn er müde war, sprang seine Schrift heftig und ungelenk über das Papier. Nach sechs Monaten, als sich zeigte, dass er auch im Umgang mit dem Gewehr behindert war, wurde er als dienstuntauglich aus dem Militär entlassen.
Der Krieg hatte Narben hinterlassen. Die an seinem Körper waren sichtbar: die roten Striemen auf seiner linken Seite, die mit der Zeit verblassten, die leichte Bewegungseinschränkung der rechten Hand. Er wusste, dass er sich glücklich preisen konnte, so glimpflich davongekommen zu sein. Als im November 1918 der Frieden erklärt wurde, lagen drei Reiche in
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