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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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aussahen, wo sie lebten. Es erheiterte sie, sich vorzustellen, wie sich diese seltsamen Geschöpfe Kopf voran in den Sand bohrten. Er hatte eine angenehme Stimme, und der Marsch zum Haus dauerte gar nicht so lang, wie sie gefürchtet hatte.
    Sie schritten unter den dicht stehenden Bäumen vor dem Haus hindurch, als er sagte: »Philo – das ist ein komischer Name für ein Pferd.«
    Â»Ich nehme an, es ist eine irische Version von Philip.«
    Â»Nein, nein. Philo ist kein irisches Wort. Ich vermute eher, es kommt vom griechischen Philia .«
    Â»Was heißt das?«, fragte sie.
    Â»Liebe«, antwortete er. »Es heißt Liebe.«

    Der Arzt kam, schiente Saras Handgelenk, besah sich die Beule an ihrem Kopf und empfahl einige Tage Ruhe. Zu ihrer eigenen Überraschung gab sie wirklich Ruhe und schlief viel, besser als seit Monaten. Vielleicht, dachte sie, waren ihr bei dem Sturz auf den Stein die Gedanken an Anton aus dem Kopf geschlagen worden.
    Zwei Tage nach dem Unfall kam Gil Vernon zu Besuch. Sara lag im Salon vor dem Feuer auf dem Sofa, als ihre Großmutter ihn hereinführte.
    Â»Ich wollte sehen, wie es Ihnen geht«, sagte er. »Hier, die sind für Sie. Meine Mutter lässt Ihnen ausrichten, es tue ihr leid, dass es nur Beeren sind – für Blumen ist es nicht die richtige Jahreszeit.«
    Â»Oh, vielen Dank.« Sara nahm ihm den großen Strauß aus Ilex, Misteln und Efeu ab. »So winterlich, richtig romantisch. Weihnachtlich.«
    Â»Ihre Mutter hat ja einen phantastischen Garten, Mr. Vernon«, bemerkte Alice Finborough. »Ich war lange nicht mehr im Garten von Vernon Court, aber ich erinnere mich genau an diese Pracht.«
    Er blieb eine halbe Stunde, sie sprachen über dies und das, und dann verabschiedete er sich.
    Â»Gehen Sie wieder auf Schwertmuscheljagd, Mr. Vernon?«, fragte Sara, worauf er lächelnd erwiderte, ja, genau das habe er vor.
    Danach kam er beinahe jeden Tag vorbei. Am Tag vor der Ankunft von Saras Eltern und Philip, die wie immer Weihnachten in Raheen verbringen wollten, räusperte sich Gil am Ende seines Besuchs und sagte: »Meine Mutter lässt fragen, ob Sie nicht Lust hätten, zum Abendessen zu uns zu kommen, Miss Finborough. Und Ihre Angehörigen natürlich auch.«
    Danach verabschiedete er sich. Doch bevor er aus dem Zimmer ging, sagte er mit leicht gerunzelter Stirn: »Meine Mutter lässt Ihnen ausrichten, Sie sollen Jacken und Pullover mitbringen. Um diese Jahreszeit kann es in Vernon Court sehr kalt sein.«

    Vernon Court war das romantischste Haus, das Sara je gesehen hatte. Natürlich liebte sie Raheen, aber niemand hätte diesen kantigen, massigen Bau mit seinen imposanten Seitenflügeln »romantisch« nennen können. Raheen war eine Verkörperung von Macht; Vernon Court war die Verkörperung eines Traums. Es stand anmutig und wie verzaubert etwa dreißig Kilometer von der Westküste von Strangford Lough entfernt.
    Als die Finboroughs an einem Dezembernachmittag in Vernon Court eintrafen, lag rotgoldenes Sonnenlicht über dem Efeu und den alten Kletterrosen, die üppig wuchernd die Fassade des Hauses verdeckten. Gil Vernon trat aus der Tür unter dem Säulendach und kam die mit Flechten überzogene Treppe herunter, sobald der Wagen vorfuhr.
    Er führte sie in einen hohen quadratischen Salon mit verblichenen Sofas, Marmorkonsolen und goldgerahmten Spiegeln an den terrakottafarbenen Wänden. Vor dem offenen Kamin lagen mehrere große Hunde. Caroline Vernon, Gils Mutter, erwartete sie auf einem der Sofas. Sie war eine stämmige Brünette, die sich in dem Abendkleid aus korallenfarbenem Satin sichtlich unwohl fühlte und immer wieder an sich hinunterblickte, um die Stola hochzuziehen oder einen Träger zu richten. Sie hatte gerade schwarze Augenbrauen und einen direkten Blick, den sie auf Sara richtete, als sie bekannt gemacht wurden. Ein Mädchen brachte Sherry in winzigen Gläschen mit gedrehtem Fuß, und man unterhielt sich höflich über die Stürme, die die Überfahrt der Finboroughs verzögert hatten, und Caroline Vernons Vorliebe für London, wo sie geboren war.
    Gil führte Sara und Philip durchs Haus. Sara war froh, dass sie ihre Stola mitgenommen hatte; fern dem Kaminfeuer fielen die Temperaturen steil ab. Vernon Court, im achtzehnten Jahrhundert erbaut, war sowohl Mitte des neunzehnten als auch zu Beginn des

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