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Das Haus in Georgetown

Das Haus in Georgetown

Titel: Das Haus in Georgetown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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nicht heiß und kalt wird, lass die Finger von ihm.“
    Faith dachte an den einen Mann in ihrem Leben, bei dem ihr heiß und kalt wurde. Pavel Quinn, der sich von David und Pete so stark unterschied, wie es einem intelligenten amerikanischen Mannnur möglich war. Dieser Abend hatte ihr gezeigt, dass ihre Zuneigung zu Pavel mehr war als eine Folge ihrer langen sexuellen Abstinenz, denn Pete hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie heute alles von ihm haben könnte, und sie hatte nicht das geringste Interesse verspürt.
    „Die Anwesenden waren sehr angetan von mir. Ich bin unter anderem deshalb zu dieser Party gegangen, um herauszufinden, ob die Leute mich schneiden würden oder freundlich zu mir sind.“
    „Du hast es deinen Freunden nicht gerade leicht gemacht. Die meisten waren so klug, sich zurückzuhalten, bis du mit dem Lecken deiner Wunden fertig warst.“
    „Jetzt beginnt mein neues Leben.“ Faith lächelte. „Es fühlt sich noch ungewohnt an.“
    „Und gut.“ Das war keine Frage.
    „Und gut.“
    „Überstürze bitte nichts. Lebe so, wie du es möchtest. Such dir den Mann, den du verdienst.“
    „Oder bleib allein.“
    Lydia spülte den Rest ihres Drinks herunter, stellte das Glas auf den Tisch und stand auf. „Eine Möglichkeit, die meine Generation noch als Versagen empfunden hätte. Wir haben uns geirrt.“
    Ihre Tochter begleitete sie zur Tür. „Hier kann man besser mit dir reden, Mutter. Ich weiß, dass dieses Haus für dich mit entsetzlichen Erinnerungen verknüpft ist, aber immer wenn du hier bist, habe ich das Gefühl, dich etwas besser kennen zu lernen.“
    „Mit einer entsetzlichen Erinnerung und vielen angenehmen. Sie wiegen einander nicht auf, aber vielleicht lerne ich allmählich, sie alle zu akzeptieren.“ Lydia beugte sich vor und küsste Faith auf die Wange: eine ungewöhnliche Geste.
    Faith blieb in der Tür stehen und sah zu, wie ihre Mutter davonfuhr.Sie dachte über diese Frau nach, die auf Leidenschaft verzichtet hatte, um ihre vertraute Welt nicht verlassen zu müssen, und die diesen Kuhhandel jetzt, mit sechsundsechzig, offenbar bereute.
    Was Pavel wohl gerade tat?

22. KAPITEL
    Alec der Tonnenmann tauchte immer noch periodisch auf, um Alex zu helfen, und gemeinsam hatten sie den Garten weitgehend von Gestrüpp und Müll befreit. Im Laufe der Wochen war der alte Mann Faith ein wenig ans Herz gewachsen. Er erschien nüchtern, arbeitete hart und ging mit ihrem Sohn humor- und taktvoll um. Das Leben auf der Straße, für das sich der Tonnenmann entschieden hatte, hatte ihn nicht zerstört.
    Am Mittwochnachmittag war er just in dem Augenblick aufgetaucht, als Alex aus der Schule gekommen war, und jetzt hielten sich die beiden schon draußen auf. Normalerweise gesellte Faith sich kurz zu ihnen, um ebenfalls – zumindest symbolisch – eine Efeuranke aus dem Boden zu reißen, aber heute hatte der Anruf einer Klassenlehrerin ihren Zeitplan durcheinander gebracht.
    Es dauerte eine Weile, bis sie sich in den Garten aufmachte, und sie fühlte sich elend. Der Anruf war mehr als ernüchternd gewesen: Er hatte ihr ihre totale Isolation vor Augen geführt. Gerne hätte sie nun selbst zum Telefonhörer gegriffen und jemanden um Rat gefragt, aber letzten Endes war ihr kein einziger Mensch eingefallen, dem sie ihr Leid hätte klagen können.
    „Noch eine Stunde“, erklärte ihr der Tonnenmann, als sie schließlich zur Kellertür herauskam, „und die letzten Reste sind verschwunden. Sie werden sich wundern!“
    Der Garten war eigentlich schon kahl, denn er schien nur aus Efeu bestanden zu haben. Jetzt, da er sich nicht mehr von Baum zu Baum, von Busch zu Busch rankte, war nicht mehr viel zu sehen.
    Faith hatte vergebens nach einer Beschreibung des Gartens ihrer Großmutter gesucht. Jetzt war sie bei der Gestaltung auf ihren Instinkt angewiesen. Sie deutete auf einige tote Stämme und meintezu Alec: „Können Sie erkennen, was für Bäume das einmal waren? Oder ist das unmöglich?“
    „Wenden Sie sich an eine Baumschule.“
    „Das muss ich wohl.“
    „Was haben Sie vor?“
    Faith drehte sich in die Richtung, aus der diese Frage gekommen war. Dottie Lee schaute über die Hecke. Faith winkte sie zu sich heran. „Ich will jemanden herbestellen, der mir sagen kann, was das für Bäume hier einmal gewesen sind. Ich möchte Violets Bepflanzung zumindest teilweise wiederherstellen. Es ist wirklich schade, dass das alles so ...“ Faith zuckte mit den Schultern.
    „Tot ist.“ Dottie Lee

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