Das Haus in Georgetown
„Nicht viele Menschen haben ein absolutes Gehör, Faith.“
Sie starrte ihn einen Augenblick an; dann lachte sie: ein Lachen, das tief aus ihrer Brust kam, rauchig und sonor. Sie konnte nicht anders. „Danke. Ein echter Hoffnungsschimmer, was?“
„Was hast du vor?“
Sie hatte vor, bis ans Ende ihrer Tage hier stehen zu bleiben und sich von ihm den Nacken massieren zu lassen. Sie hatte vor, hier stehen zu bleiben, bis sie sich in Zufriedenheit und Wohlgefallen auflöste, in einen sanft fließenden Strom aus purem sexuellen Genuss.
„Möchtest du es mir nicht verraten?“ hakte er nach, als sie nicht antwortete.
„Solange du damit weitermachst, kann ich an nichts denken.“ „Tut mir Leid.“
Er ließ die Hand sinken, aber sofort griff Faith danach und legte ihre Finger zwischen seine. „Weil es sich so gut anfühlt, Pavel. Noch vor ein paar Minuten habe ich gedacht, dass es keine Menschenseele gibt, die bewirken kann, dass es mir besser geht.“
„Du brauchst Trost, was? Ich glaube, im Trostspenden bin ich ganz gut.“
Sie hatte den Verdacht, dass er auch andere Dinge gut konnte. Pavel war ein Mann, der einen gern berührte und gern berührt wurde. Selbst wenn sie ihn zufällig streifte, wiesen seine unbewussten Reaktionen, das langsame Anspannen der Muskulatur,das Zusammenziehen der Haut, ihn eindeutig als einen Mann aus, der sich am liebsten und besten durch seinen Körper ausdrückte.
Es war nicht der rechte Moment, um dieses Thema zu vertiefen. „Dottie Lee wartet hinten auf mich. Komm mit und begrüße sie.“
„Ich wollte nicht stören.“
Sie weigerte sich, ihn loszulassen, obwohl dies ein deutliches Signal war. „Bitte geh nicht. Sie würde dich sicher gerne sehen. Sie mag dich.“
Er wirkte nicht sonderlich überzeugt. „Unter einer Bedingung.“ Er zog sie an sich. Sie leistete keinen Widerstand. „Dieses Wochenende gehst du mit mir aus. Ohne die Kids. Ohne Freunde. Nur du und ich.“ Er beugte sich zu ihr herab, bis ihre Gesichter sich fast berührten. Die Bewegung schien unendlich lange zu dauern. Dann stupste er seine Nase gegen ihre, eine federleichte Berührung, die ihr zu verstehen geben sollte, dass er zu mehr bereit war, wenn sie wollte. Sie presste ihre Lippen auf seine und schloss die Augen.
Sein Kuss war warm und alles andere als halbherzig. Er ließ ihre Hand los, umfasste ihre Taille und zog Faith an sich. Widerstand erschien ihr unangemessen, also ließ sie es geschehen. Da sie nun beide Hände frei hatte und nichts Besseres mit ihnen anzufangen wusste, legte sie sie auf seine Schultern und streichelte ihm mit den Fingerspitzen sanft den Nacken.
Einen Moment lang, nur einen Moment, vergaß sie die Welt um sich herum. Er füllte die Leere in ihrem Herzen.
Hinter ihm schlug die Tür zu. Erschreckt löste sie sich von ihm. Auch Pavel machte einen Schritt zurück und wäre fast über Remy gestolpert.
„Toll“, sagte sie. „Könnt ihr das nicht woanders machen?“
Faith holte tief Luft. Sie brauchte sich für nichts zu entschuldigen. Obwohl ihre Tochter sie böse anfunkelte und ihr Herz wie wahnsinnig schlug, war sie sich dessen sicher. „Ich habe versucht, dich bei Billie zu erreichen.“
„Tja, wir waren nicht da. Wir sind spazieren gewesen. Ich bin nur kurz hergekommen, um etwas zu holen.“
„Du gehst nirgendwohin.“ Faith schaute Pavel an. „Dottie Lee wartet unten auf mich. Wärst du so nett, dich eine Minute um sie zu kümmern?“
Er nickte stumm und lief auf die Kellertreppe zu.
„Zu dumm, dass es viel weniger Spaß macht, sich um die alte Dottie Lee zu kümmern als um meine Mutter, hm, Pavel?“ rief Remy ihm nach.
Faith beobachtete, wie er kurz mit sich rang, ob er antworten sollte. „Weißt du, Remy“, meinte er schließlich, „ich verstehe ja, dass du gerade eine harte Zeit durchmachst. Aber ich habe es satt, mit anzusehen, wie du deine Mutter herunterputzt. Ich finde nun mal, dass sie das nicht verdient. Lass sie in Ruhe.“
„Du hast hier gar nichts zu sagen. Du bist nicht mein Vater!“
„Zum Glück nicht! Denn wenn ich es wäre, würde ich dich womöglich übers Knie legen. Obwohl ich eigentlich nichts von Züchtigung halte.“
Remy starrte ihn entsetzt an. Pavel verschwand auf der Kellertreppe.
„Hast du das gehört?“ empörte sich Remy.
Faith zitterte. Bisher hatte sie nicht gewusst, wie sie mit ihrer Tochter umgehen sollte. Jetzt war die Sache klar. „Ich habe gehört, was du gesagt hast! Wie kannst du es wagen, meinen
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