Das Haus in Georgetown
Mannes getrieben. Du trägst eine Mitverantwortung. Also machen wir es so: Wir bleiben zusammen, und du erkennst das Kind als deines an. Du hilfst mir,es großzuziehen, und soweit es dir möglich ist, wirst du es lieben. Im Gegenzug werde ich die perfekte Politikergattin sein. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dir zu helfen. Von außen betrachtet, werden wir die amerikanische Idealfamilie sein.“
„Du bist nicht bei Trost.“
„Meinst du?“ Sie zitterte, bereit, ihren letzten Trumpf auszuspielen.
„Warum sollte ich bei dir bleiben? Warum sollte ich dieses Kind anerkennen?“
Also sagte sie es ihm. Sie beobachtete, wie seine Augen sich weiteten, und sah zum ersten Mal in ihrer Ehe Angst über sein Gesicht huschen.
„Jetzt kennst du den Grund“, beendete sie ihre Ausführungen. „Du hast einfach keine Wahl.“
Lange starrte er sie an. Sie fragte sich, ob er erneut explodieren und sie womöglich töten würde. Aber dazu war er zu klug. Er hatte höchstwahrscheinlich begriffen, dass er, wenn sie nicht eines natürlichen Todes stürbe, der Hauptverdächtige wäre.
Ihr Anwalt würde dafür Sorge tragen.
„Also hat Dad gewusst, dass das Kind nicht sein Fleisch und Blut war“, sagte Faith. „Und er war bereit, sich einfach damit abzufinden und es anzuerkennen? Das nehme ich dir nicht ab, Mutter. Vergebung ist für Joe Huston ein absolutes Fremdwort. Und was war mit Dominik? Hat er herausgefunden, dass Hope sein Kind war? Hat er sich deshalb umgebracht? Weil seine Tochter entführt worden war? Oder hat doch er sie mitgenommen, weil er glaubte, dass sie zu ihm gehört, und dann ist irgendetwas Schreckliches passiert?“
„Dominik hat die Wahrheit herausgefunden“, bestätigte Lydia.„Nach Hopes Geburt hat Dottie Lee ihm erzählt, dass das Baby etwas früher zur Welt gekommen sei als erwartet, wir beide aber wohlauf seien. Dominik hatte immer befürchtet, dass er der Vater sein könnte, trotz all meiner Beteuerungen. Als er von Juli aus zurückrechnete, wusste er es sicher. In den drei Wochen, als dein Vater auf Reisen war, haben wir uns häufig getroffen.“
„Er ist doch sicher bei dir aufgetaucht, als er dahinter gekommen war. Was hat er gesagt?“
Auch wenn Lydia noch stundenlang weitergeredet hätte, wäre es ihr nicht gelungen, alles in Worte zu fassen. Nicht den schrecklichen Kummer, der sie erfüllt hatte, nicht die Verzweiflung darüber, dass Dominik, sie und das Kind nicht zusammen hatten weggehen und anderswo ein neues Leben beginnen können.
Die letzte Begegnung mit Dominik stand ihr so klar vor Augen, als wäre es gestern gewesen. Der Mann war tot, das Kind hatte ihr nur eine Woche gehört, aber die Tragödie hatte tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen.
Die Geburt war nicht leicht gewesen. 1962 war das Jahr des Contergan-Skandals. In den letzten Schwangerschaftswochen hatte Lydia sich in die Überzeugung hineingesteigert, dass ihre Sünde das Kind zeichnen würde: dass alle Welt ihrem Sohn oder ihrer Tochter ansehen könnte, was Dominik und sie getrieben hatten.
Als die Wehen einsetzten, lieferte Joe sie im Krankenhaus ab und wies das Pflegepersonal an, seine Sekretärin anzurufen, wenn das Baby da war. Ganz allein kämpfte sie sich durch die Krämpfe und hoffte verzweifelt, dass die Wehen wieder nachlassen würden und man sie nach Hause schickte – dass sie ihre Sünden noch verbergen konnte.
Das Krankenhaus war modern; auf Hygiene wurde mehr Wert gelegt als auf Annehmlichkeiten. Die Schwestern schauten nur vorbei, um die Wehenabstände zu messen. Als es so weit war, stand sie so stark unter Beruhigungsmitteln, dass der Arzt Hope mit einer Zange holen musste. Erst Stunden später erfuhr Lydia, dass sie eine gesunde Tochter zur Welt gebracht hatte.
Als sie Hope zum ersten Mal sah, waren die Monate der Angst vergessen. Das Baby war schön, hatte dichtes schwarzes Haar und dicke Pausbacken. Die Schwestern behaupteten, es sei das niedlichste Baby der Station, und begriffen nicht, warum Lydia ihr Töchterchen an sich presste und heulte.
Die Schwestern behielten das Kind die meiste Zeit bei sich. Lydia bekam Hope nur alle vier Stunden für zwanzig Minuten, um ihr das Fläschchen zu geben. Stillen kam nicht in Frage: Es entsprach nicht dem Zeitgeist und wurde von der Wissenschaft als minderwertig beurteilt. Lydia hätte es trotzdem gern getan, aber sie wusste, dass Joe dann toben würde. Der Anblick eines Wechselbalgs an der entblößten Brust seiner Frau würde ihm wohl
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