Das Haus in Georgetown
das in der Politik so läuft. Du weißt, wie das System funktioniert. Du bist wie geschaffen dafür.“
Wie geschaffen dafür, mehr als zweihundert Meilen entfernt zu leben. Ach so. Weit weg von allem, in einer fremden Stadt, in die der Washingtoner Klatsch nur gedämpft vordrang.
Bevor sie protestieren konnte, spulte Joe die Vorteile ab. „Die Lebenshaltungskosten in Roanoke sind nur halb so hoch wie hier, und es ist landschaftlich sehr schön. Da bist du sicher. Deine Mutter und ich werden dir die Anzahlung für ein Haus, das in einer Gegend mit guten Schulen stehen sollte, leihen. Ich komme oft dort vorbei, und deine Mutter kann dich besuchen, wann immer sie Zeit hat. Du kannst neu anfangen.“
Joe wollte seinen Zauberstab schwenken und sie unsichtbar machen; das war für Faith so sicher wie das Amen in der Kirche. Ihr Vater ertrug es nicht, dass sie in Georgetown lebte, wo so viele seiner Kollegen Häuser besaßen. Er hatte vor, zu verhindern, dass sich Faith’ Eheskandal mit dem Skandal von Hopes Entführung vermischte. Und er beabsichtigte, dafür zu sorgen, dass David seineKinder so selten wie möglich zu Gesicht bekam. Indem er ihr eine Stelle anbot, konnte Joe Faith, Remy und Alex von der Bildfläche verschwinden lassen und sich dabei noch als Wohltäter aufführen.
Faith war wütend, aber sie hütete sich, das zu sagen. Das dünne Band zwischen ihr und ihren Eltern war nicht sehr belastbar, und sie hatte schon so viel verloren.
Sie wählte ihre Worte mit Bedacht. „Ganz gleich, wie du über ihn denkst: Die Kinder sollen in Davids Näher bleiben, damit er sie besuchen kann. Und diese Gegend ist ihre Heimat. Sie brauchen zumindest etwas Vertrautes in ihrem Leben. Wir werden das hier durchstehen und uns allem stellen. Ich bin dir für dein Angebot dankbar, aber ich suche mir selbst Arbeit, sobald wir uns eingelebt haben.“
„So einfach ist das? Du lehnst meinen Vorschlag ab, ohne ihn dir durch den Kopf gehen zu lassen?“
„Der Umzug, den ich gerade hinter mir habe, soll vorerst der letzte bleiben.“
„Hast du dir mal überlegt, wie es für deine Mutter ist, dass du hier wohnst? Dass sie bei jedem Besuch mit der Vergangenheit konfrontiert wird?“
Faith wies ihn nicht darauf hin, dass Lydia in Wirklichkeit wärmer und entspannter wirkte, wenn sie hier war. Den Grund dafür kannte sie selbst nicht, und wahrscheinlich würde Joe ihr sowieso nicht glauben.
„Ich kann dir diesen Gefallen nicht tun“, erwiderte sie. „Bitte trau mir doch zu, dass ich weiß, was für die Kinder und mich das Beste ist.“
Jetzt war er wirklich böse. „Warum sollte ich? Deine Erfolgsbilanz sieht katastrophal aus.“
Er verstand es stets großartig, Salz in offene Wunden zu streuen, daher war sie auf so etwas gefasst. Dennoch trafen sie seine Worte. Sie reckte das Kinn, ähnlich wie er es oft tat. „Nein, meine Bilanz ist einwandfrei. Das, was David uns verheimlicht hat, kann mir niemand vorwerfen. Auch du nicht.“
„ Ich habe nicht mit ihm geschlafen.“
„Na hoffentlich nicht! Das wäre ein echter Skandal.“
Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, aber sie zwang sich, in ruhigem Ton weiterzusprechen. „Du solltest gehen, bevor einer von uns etwas sagt, das sich nicht so leicht zurücknehmen lässt.“
„Du wirst nicht über mein Angebot nachdenken?“
Sie ergriff seinen Arm und führte ihn aus dem Zimmer. „Ich hoffe, du findest jemanden, der wirklich für den Roanoke-Job geeignet ist.“
Er riss sich so weit zusammen, dass sie sich ohne weitere Eskalation voneinander verabschieden konnten. Aber sobald sie sah, dass er ausparkte, ließ Faith ihrer Wut freien Lauf.
„Verdammt!“ Sie trat zweimal gegen einen Läufer, der noch immer zusammengerollt in der Ecke lag. Er war zu weich. Sie suchte nach einem anderen Ziel, fand aber keines. Sie stürmte in die Küche, diese niederschmetternde, schrottreife potenzielle Feuerhölle, und schlug mit der Handfläche gegen die Wand. Da es sich um eine dünne Zwischenwand handelte, die man eingezogen hatte, um das rückseitige Treppenhaus abzutrennen, vibrierte sie spürbar. Obwohl ihre Hand schon heftig brannte, schlug sie noch einmal zu, und die Wand wackelte stärker.
Der Elektriker hatte gesagt, dass die Wand keine tragende war, sodass man sie problemlos entfernen konnte, falls Faith wirklich Pavels aufwändigsten Entwurf realisieren wollte. Sie war zu wütend,um dieser beiläufigen Bemerkung Beachtung zu schenken. Sie machte einen Schritt zurück und
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