Das Haus mit der grünen Tür
im ersten Stock. Es war zehn nach acht. Ich rechnete mir aus, daß es im Westen nichts Neues geben würde, und fuhr nach Hause.
Es war ein Tag mit wenig Resultaten gewesen, aber er hatte mich vierhundert Kronen reicher gemacht. Und mich dem Grab einen Tag näher gebracht.
Als ich nach Hause kam, schaltete ich den Fernseher ein. Ein Mann mit Pferdegesicht und Rollkragen erzählte mir langsam und umständlich, auf welche Weise das Blau in den Bildern irgendeines Künstlers das Hoffnungslose des Daseins unterstrich, als sei es das letzte Stück blauen Himmels. Die Welt dieses Künstlers war ein Universum von Verschmutzung, Tod und jüngstem Gericht, und seine Prophezeiungen hatten einen Ton biblischen Zorns. Der Künstler war selbst im Studio. Er saß in einem Ledersessel, mit gespreizten Beinen, einem schwarzen, hochgeschlossenen Pullover und einem großen Zinnschmuck auf der Brust, und er war unbeschreiblich fett. Er erinnerte mich an das Bild des Pontius Pilatus aus meiner Kindheit. Ich schaltete ab, ehe er ein Wort sagen konnte: Ich hatte nicht die Nerven, mir das anzuhören. Ich ging auf Tuchfühlung mit einer Flasche Aquavit, und ich trank zwei Glas zuviel.
10
Ich erwachte am nächsten Morgen mit einem Gefühl, als hätte ich Schlamm im Mund. Ich torkelte in die Küche und spülte mir mit Leitungswasser den Mund aus. Das half ein wenig, aber nicht viel. Ich sah durch die Küchengardinen nach draußen. Es regnete. Es war einer der Tage, an denen man nur eins tun sollte: wieder ins Bett gehen und der Welt den Rücken kehren.
Es war schon fast halb neun, als ich meinen Wagen auf der Natland Terrasse parkte. Ich hatte ein flaues Gefühl im Bauch, als sei ich zu irgend etwas zu spät gekommen und könnte mich nicht erinnern, zu was. Das Haus oberhalb des Weges lag still und wie tot da. Eine Elster flog tief über das Dach und hustete heiser. Sonst war alles still. Totenstill.
Ich saß da und kämpfte gegen den Schlaf an. Im Autoradio sang ein deutscher Engelschor von Sommer und Sonne und himmlischer Wonne. Das machte mich nicht munterer.
Gegen zwölf ging plötzlich oben im Wohnzimmer das Licht an. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich eine rothaarige Frau in etwas Großem, Weißem, dann war sie wieder verschwunden, fast wie ein Gespenst. Aber jedenfalls war sie zu Hause.
Es wurde ein Uhr, und es wurde zwei Uhr. Ich stieg aus dem Auto, sah mich um, atmete tief durch, zweimal, dreimal, ehe ich mich wieder hineinsetzte. Mein Bewegungspensum für diesen Tag.
Gegen drei Uhr muß ich wohl eingenickt sein, denn ich war völlig benommen, als ich plötzlich irgendwo in der Nähe ein Motorengeräusch hörte und Margrete Mobergs roten Kadett an mir vorbeigleiten sah. Ich hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund und ließ beim Starten die Kupplung viel zu schnell kommen. Die Scheibenwischer beugten den Nacken unter dem Regen, und ich mußte mein Gesicht ganz nah an die Windschutzscheibe halten, um klar zu sehen. Es war dunkel geworden. Ich sah auf die Uhr. Es war fast sechs.
Unten auf dem Natlandsvei hängte ich mich hinter ihre Rücklichter und folgte ihr in die Stadt. Sie fuhr ebenso ruhig und hielt sich genau an die Verkehrsregeln wie immer. Ich fuhr etwas hektischer, um näher an sie heranzukommen.
Sobald sie das Zentrum erreicht hatte, war klar, wohin sie wollte. Es war wieder Zeit für Stein Wang. Zwei, vielleicht drei Abende die Woche. Das war die gewöhnliche Dosis. Eine halbe Woche – und ein Stück von meinem Leben. Mehr kriegst du nicht. Mehr verdienst du nicht. Ich tue das zu meinem Vergnügen.
Sie bog ebenso elegant wie beim letzten Mal in den Hinterhof ein. Ich parkte einen Häuserblock weiter oben, wie beim letzten Mal. Gerade so, daß ich sehen konnte, wenn sie herauskam. Wie beim letzten Mal machte ich einen Spaziergang an der Toreinfahrt vorbei und sah hinein. Sah das Heck des Wagens. Ging hinein. Die Tür zur Hintertreppe war offen. Ich sah nach oben. Es war in allen Stockwerken dunkel, außer im obersten. Alles war wie beim letzten Mal, und ich ging zufrieden zum Auto zurück und setzte mich hinein.
Es vergingen ungefähr zwei Stunden. Es war eine relativ friedliche Gegend. In der Straße, in der ich mich befand, lag auf der Mitte ein Plattengeschäft, das große Preissenkungen versprach, und eine Reihe von Leuten – vorzugsweise junge – blieben von Zeit zu Zeit davor stehen und sahen sich das Angebot an. Sie waren so jung, daß sie mich nicht beachteten. Ein festlich gekleidetes Paar
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