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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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sah aus wie beim letzten Mal, aber es war leer.
    Es gab nicht viele Stellen, an denen man suchen konnte. Der Kleiderschrank war leer. In einer der hinteren Ecken lag ein Zeitungsschnipsel. Er war alt und vergilbt und sagte mir überhaupt nichts.
    Neben dem Bett stand ein kleiner Nachttisch mit einer Schublade und einer Tür. Ich öffnete zuerst die Tür. Dort stand ein Nachttopf. Er war leer. Ich sah in die Schublade. Sie war leer. Es lag Staub da, dicker Staub, aber sonst nichts. Es gab nicht einmal eine Bibel in diesem Etablissement.
    Ich fühlte an der Matratze entlang, stieg auf den Stuhl und sah auf den Schrank, sah in den Papierkorb. Alles, was ich fand, war nichts. Nichts als Staub.
    Ich stand da und sah mich um. Mein Blick fiel auf den Flickenteppich oder was es auch immer sein mochte, das da vor dem Bett sein Leben gelassen hatte. Ich hob ihn mit der Schuhspitze hoch und zur Seite.
    Nichts.
    Das Zimmer war ganz einfach leer. Der Mann, der sich Ragnar Veide nannte, hatte nicht eine einzige Spur hinterlassen. Jedenfalls nicht hier.
    Ich verließ das Zimmer und ging wieder hinunter zur Rezeption. Die Billardkugel sah auf die Uhr. Sie sagte: »Wir runden es ab zu einer Krone.« Er lächelte noch nicht einmal dabei.
    Ich fischte eine Krone aus der Tasche und gab sie ihm. »Du kannst anfangen, auf ein neues Heft zu sparen. Danke für die Hilfe.«
    »Nichts zu danken«, sagte der Mann hinter dem Tresen. Und da hatte er recht.

22
    Vielleicht gab mir die Hotelatmosphäre die Idee. Vielleicht hatte sie auch schon eine Weile unter der Oberfläche rumort. Jedenfalls ging ich direkt von einem Hotel zum nächsten, ein paar Ecken weiter, aber um Meilen entfernt, was den Standard anging.
    Hier war die Rezeption groß und hell, und zwei Personen standen hinter dem Tresen. Beide waren in den Dreißigern, der Mann war dunkel und geschniegelt, die Frau blond mit einem hübschen Rezeptionsgesicht. Keiner von beiden lächelte, als ich hereinkam, aber sie spuckten mich auch nicht an.
    Ich fragte: »Ist Ragnar Veide im Hause?«
    Der Mann sah zum Schlüsselkasten und nickte. »Wen darf ich melden?«
    »Ich würde gern mit Veide selbst reden.«
    Er sah gelinde erstaunt drein, machte aber keine Einwände. Er hob einen Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. Nach einer Weile sagte er: »Veide? Guten Morgen, hier ist die Rezeption. Es ist ein Mann hier, der gerne mit Ihnen sprechen möchte. Ja. Nein, er wollte sich persönlich vorstellen. Ich gebe ihn Ihnen.« Er gab mir den Hörer.
    Ich sagte: »Veide, hier ist Veum.«
    Es war einen Moment lang still. Dann sagte er: »Was wollen Sie?«
    »Ich würde gern mit Ihnen sprechen.«
    »Aber die Polizei …«
    »Sie konnten mich nicht festhalten.« Ich versuchte, den neugierigen Blicken der beiden hinter dem Tresen auszuweichen. »Aber es ist wohl etwas schwierig, hier darüber zu reden.« Die beiden an der Rezeption studierten die Gästeliste, als stünden dort die Lottozahlen der letzten Ziehung. »Kann ich nicht kurz raufkommen?«
    Ich hörte, wie er zögerte. »Ich verstehe nicht ganz … Die Polizei –«
    »Hören Sie, Veide: Sie sind doch daran interessiert, daß dieser Fall aufgeklärt wird, oder nicht?«
    »Doch. Selbstverständlich.«
    »Also. Das bin ich auch. Jemand hat mir einen üblen Streich gespielt, und so was mag ich nicht. Aber ich brauche Hilfe. Von Ihnen, unter anderem. Ich würde gern mit Ihnen sprechen. Sofort.«
    »Na gut, dann kommen Sie rauf. Bestellen Sie an der Rezeption gleich eine Kanne Kaffee und ein paar Brötchen.«
    »Danke, das werde ich tun.«
    Ich überbrachte die Botschaft, gab dem Mann hinter dem Tresen den Telefonhörer und bekam eine Nummer zurück: Zimmernummer 526. Ich nahm den Fahrstuhl. Er stieg lautlos auf wie ein Ballon, und die eine Wand bestand vom Boden bis zur Decke aus einem Spiegel. Es war, als reiste man gen Himmel mit seinem eigenen Zwilling.
    Das Zimmer mit der Nummer 526 war relativ spartanisch eingerichtet, aber trotzdem war es luxuriös im Vergleich zu dem Hotelzimmer, das ich zuletzt besucht hatte. Das Bett war groß und breit und das Zimmer sauber. Links und rechts neben dem Fenster hingen schwere, hübsche Gardinen, und durch das Fenster konnte man in das verregnete Zentrum Bergens sehen. Oder aber man sah sich eins der drei Bilder an, die die Wände schmückten, alle mit alten Bergener Motiven. Ein flacher Couchtisch, ein Sofa und zwei bequeme Sessel boten eine Vielfalt an Sitzgelegenheiten, und der Teppich war so weich und

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