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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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eine wundersam friedliche Stimmung. Wenn man über eine der kleinen Brücken am Entensee ging, konnte man zwischen zwei Gefühlen wählen: einem romantischen, wenn man mit jemandem zusammen war, und einem melancholischen, wenn man allein war. Ich war allein.
    Unten auf der BMW-Werft drehte ein riesiger Kran sich in einer traurigen Pirouette, und die Nachtschicht sandte ihre unregelmäßige, lärmende Musik über Viken hinaus. Von der Nygårdsbrücke dröhnte der Verkehr, zur Begleitung.
    Unter einer Straßenlaterne beim Jahnebakke blieb ich eine halbe Minute stehen. Hier hatte ich an einem Januarabend Anfang der 60er Jahre gestanden, es mußte 1961 gewesen sein. Ich war jung, und ich hatte ein Mädchen im Arm. Auch sie war jung, ihr Gesicht war gerötet von der Winterkälte, und unser Frostatem hatte uns wie Nebelschwaden umgeben. 1961, und sie hieß … 1961, das schien eine Ewigkeit her zu sein. Eine Ewigkeit, die alles verändert hatte, alles, wovon wir geträumt hatten, damals. Sie war jetzt verheiratet, irgendwo im Osten des Landes, Hausfrau mit drei Kindern und einer Hütte im Fjell. Ich hatte sie fünfzehn Jahre nicht mehr gesehen. Und sie hieß …
    Damals, auf dem Weg von Fjøsanger nach Nøstet, waren wir den oberen Weg durch den Nygårdspark gegangen. Damals hatten dort rechts von uns zum Park hin wilde, zugewucherte Gärten gelegen, ein paar alte Villen, ein paar Rhododendronbüsche – und darüber konnten wir Fløien sich vor dem Winterhimmel erheben sehen. Jetzt war die Aussicht versperrt, die Villen abgerissen, die Gärten dem Erdboden gleichgemacht. Statt dessen hatten sie das neue Universitätsgebäude für Naturwissenschaften dort errichtet, und der obere Weg durch den Nygårdspark war wie ein Weg am Grund eines ausgetrockneten Stausees.
    Beim alten Schwanenteich, den die Schwäne längst verlassen hatten, verließ ich den Nygårdspark. Unten in einer Seitenstraße blieb ich stehen und sah zu ein paar erloschenen Fenstern hinauf. Dort hatten wir gesessen, mein bester Schulkamerad und ich, an einem Sommermorgen, früh, sehr früh, im Fenster. Wir hatten uns eine halbe Flasche Pils geteilt – die letzte, und wir hatten einen schwachen, beruhigenden Rausch hinter der Stirn. Es war sechs Uhr morgens, unter einem blonden Sommerhimmel, bei schwachen Morgengeräuschen aus einer stillen Stadt, wir hatten gerade zwei Mädchen nach Hause begleitet, und wir waren jung und froh und verliebt. Der Schulkamerad war in eine andere Stadt gezogen, und das war jetzt eine Ewigkeit her.
    Alles war eine Ewigkeit her. Und die Sonne scheint immer da, wo du nicht bist – oder wo du vor fünfzehn Jahren warst.
    Ich ging nach Møhlenpris zurück, zwischen dem botanischen Garten und dem Studienzentrum hindurch, hinunter in den alten Teil der Stadt, zu den alten, grauen Fassaden, die aussehen wie die verwüsteten Gesichter alter Säufer: trostlos, aber nicht ohne einen gewissen Charme, nicht ohne Charakter.
    Ich kam wieder am Haus mit der grünen Tür vorbei.
    Es war schon nach zwölf, fast halb eins.
    Møhlenpris hatte sich zur Ruhe begeben. Die Straße war menschenleer. Das Haus mit der grünen Tür stand da wie alle anderen und sah tot und verlassen aus. Ich wartete eine weitere halbe Stunde. Es war kalt. Ein leichter Regen trieb von Südwesten herüber. Nichts geschah. Niemand kam, niemand ging. Ich hatte auch nicht das kleinste Licht gesehen.
    Vorsichtig näherte ich mich der grünen Tür. Langsam, wie eine lauernde Katze, stieg ich die Treppenstufen zur Tür hinauf. Vorsichtig streichelte mein Finger das Schlüsselloch. Die Tür war verschlossen, aber dieses Schloß war einfach. Es kostete mich zwei Minuten.
    Noch einmal sah ich mich um. Ich ließ den Blick langsam an den Fassaden entlanggleiten. Nichts. Keine Menschenseele. Dann öffnete ich die grüne Tür und ging hinein.
    Und wieder stand ich vor den grünen Briefkästen. Jetzt fiel mir plötzlich auf, wie genial das eigentlich war. Gewöhnliches Treppenhaus mit gewöhnlichen Briefkästen. Gewöhnliche Namen, die vielleicht nicht einmal Pseudonyme waren, Rigmor Lange hin oder her. Vielleicht war das zweimalige Rigmor ein reiner Zufall, vielleicht gehörte es zu einem Muster. Vielleicht waren die Vornamen richtig und die Nachnamen falsch. In dem Falle hießen die anderen »Angestellten« Gro Vivi, Liv & Steinar (das Paar, von dem der Mann in dem grauen Mantel erzählt hatte?). Aber es mußte auch andere geben, völlig anonyme. Und dann waren da Kvams, Henning und

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