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Das Haus mit der grünen Tür

Das Haus mit der grünen Tür

Titel: Das Haus mit der grünen Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Kate. Und Teddy Lund, nicht zu vergessen, Teddy Lund.
    Ich blickte zur Tür hinten im Windfang. Ich überlegte, ob sie eine Alarmanlage hatten, ob es hier irgendwo klingeln würde, wenn ich versuchte einzubrechen, ob Teddy Lund aus seinem Dornröschenschlaf erwachen und mich wutschnaubend verfolgen würde wie ein wildgewordener Tornado.
    Es gab nur eine Weise, das herauszufinden.
    Diese Tür hatte zwei Schlösser. Das eine war das alte, ursprüngliche. Es ging ebenso leicht auf wie das der grünen Tür: in rund zwei Minuten.
    Das andere war neuer, schwieriger, Ich versuchte es mit der Plastikscheibe. Es ging nicht. Die Dietriche waren unbrauchbar. Ich versuchte es mit den Universalschlüsseln. Einer ging nicht hinein. Einer ging halb hinein und nicht weiter. Mehrere paßten hinein, ließen sich aber nicht drehen. Ich hatte noch zwei Schlüssel übrig. Ich wählte den, der am passendsten aussah. Er ging glatt hinein, und als ich ihn nach rechts drehte, spürte ich eine schwache Bewegung im Schloß, als würde es nachdenken. Ich half ihm mit der Plastikscheibe bei der Entscheidung, und das funktionierte. Es klickte zweimal, beide Male kaum hörbar. Dann ging die Tür auf.
    Ich ließ sie angelehnt, blieb stehen und horchte. Ich hielt die Luft an und war auf einen raschen Rückzug vorbereitet. Kein Laut, keine Bewegung.
    Ich stieß die Tür vorsichtig mit den Fingerspitzen an. Sie schwang auf, frisch geölt und willig. Dann befand ich mich in dem langen Flur, wo ich zwei Tage zuvor Teddy begegnet war. An diesem Abend hatte ich den Flur für mich.
    Ich hatte schon vorausgedacht. Die Büros von A/S Hjemmehjelp mochten wohl interessant sein, aber was mich am meisten interessierte, war, wie es oben aussah.
    Ich bewegte mich langsam die Treppe hinauf, ganz nah an der Wand. Ich setzte den Fuß vorsichtig auf jede Stufe, darauf vorbereitet, bei der leisesten Andeutung eines Knarrens das Gewicht zurückzuverlagern.
    Es war stockfinster, und ich hielt die Taschenlampe in der Hand. Aber ich benutzte sie nicht, noch nicht. Erst wollte ich mich an das Licht gewöhnen.
    Ich erreichte den ersten Stock ohne ein Knarren und ohne auf den Stufen zu stolpern. Die Dunkelheit bekam langsam Konturen, das Schwarz wurde von einem Grauton abgelöst, in dem nichts ganz klar war, wo man aber trotz allem ahnen konnte, wo man war.
    Am Treppenabsatz waren zwei Türen, ganz gewöhnliche Türen, mit ganz gewöhnlichen Schlössern. An der einen Tür stand Rigmor Lange, an der anderen stand Vivi Sulen. Beide Namen waren verführerisch, aber es war Rigmor Lange, die mich hierhergeführt hatte, also wählte ich ihre Tür zuerst.
    Drei Minuten und ein Klicken brachten mich fast lautlos durch die Tür, hinter der noch mehr Lautlosigkeit wartete. Ich stand in einem kurzen Korridor mit Auslegeware auf dem Boden. Ich bewegte mich den Korridor entlang, ohne einen Laut, während ich in aller Stille dem Wirt für guten Service dankte.
    Es war eine von den gewöhnlichen, alten Zweizimmerwohnungen. Das hier gehörte nicht zu den Häusern in Møhlenpris, in denen die Wohnungen fünf große Räume haben, in denen jeweils Platz für zwei Klaviere ist, und ein Kinderzimmer, das überfüllt ist, wenn du deine kleine Nichte zu Besuch hast.
    Aber die Wohnung war umgebaut worden. Die Wände waren in einem dunklen Lila gestrichen, das zum schwarzen Teppich paßte. Am Ende des Korridors, wo die Küche gewesen war, waren die Wände herausgeschlagen, und die Küche war zu einer dekorativen Bar in braunem Teak umgewandelt worden, mit einem delikaten, dunkelgrünen Spülbecken für die, die ihren Whisky mit Wasser trinken oder ihre Hände waschen wollten, und mit einer Batterie von Gläsern vor einer Spiegelscheibe. Ein schwaches Surren verriet, wo der Kühlschrank war, auch der aus braunem Teak. Ich öffnete ihn nicht. Die Welt bietet auch so schon Versuchungen genug.
    Ich bewegte mich wieder zurück. Zum ersten Mal benutzte ich die Taschenlampe. Ich richtete sie auf eine der Zimmertüren. Sie war knallrosa gestrichen. In der Mitte der Tür war ein Kreis von Blumen gemalt, und in dem Kreis prangte ein Frauenname. »Hei, Randi«, sagte ich leise.
    Ich ging weiter. Die nächste Tür war pechschwarz. Hier war ein Kreis aus zwei nackten Frauen gemalt, so klein, daß man viel Phantasie haben mußte, um zu erkennen, daß sie nackt waren. Aber ich hatte Phantasie. In der Mitte des Kreises stand ein anderer Frauenname. Rigmor.
    Aha.
    Auch die Türklinke war schwarz, aber ich fand sie.

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