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Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
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auch so, dachte Valleroy. Die Lehrerinnen sprachen über Schwangerschaft und Geburt statt über den Wechsel, während das Opfer seinerseits die verstohlenen Blicke zu genießen schien, die es von seinen neidischen Altersgenossen erntete.
    Die Vormittagsschatten waren etliche Zentimeter kürzer geworden, als Klyd ankam, nur von Denrau gefolgt, dem Gen, der als sein persönlicher Spender und offizieller Gefährte diente. Der Kanal warf dem Jungen einen forschenden Blick zu, blieb aber erst stehen, um mit seiner Frau zu sprechen. „Dies ist viel zu schwer für dich.“
    „Ich mag die frische Luft, und ich bleibe gern beschäftigt.“
    Klyds Stimme fiel zu einem eindringlichen Flüstern ab, das Valleroy kaum mithören konnte. Die Aufmerksamkeit des Kanals galt so vollkommen seiner Frau allein, daß es so aussah, als wären die beiden in einer Blase aus Abgeschiedenheit isoliert. „Wir reden später darüber. Ich will nicht, daß du dich überanstrengst, und das ist endgültig.“
    „Und wer wird meinen Platz einnehmen?“ Ihr Flüstern paßte sich dem seinen an.
    „Zeor wird schon irgendwie überleben.“ Er küßte sie fest auf die Lippen, eine leidenschaftliche Zärtlichkeit, verraten durch einen bebenden Tentakel, der ihre Wange streifte. Es dauerte nur den Bruchteil eines Augenblicks, und dann kniete er an der Seite seines Patienten, aufmerksam, mit einer Besorgnis, als existiere niemand sonst in seiner Welt.
    Denrau stellte eine Sanitätstasche neben dem Patienten ab, und die beiden Experten machten sich an die Arbeit. Sie wiederholten das Aufstoßen und Würgen, dem die anderen Rual unterworfen hatten. Dann gingen sie zu anderen Maßnahmen über und das mit Instrumenten, wie Valleroy sie noch nie gesehen hatte. Unter Klyds besänftigender Stimme verschwand Ruals unterdrückte Nervosität. Die Geduld und Zuversicht des Kanals schwankte nie, als die Versuche des Jungen, Anweisungen zu befolgen, in weiteren würgenden Krämpfen des Sich-Übergebens resultierten, dieses Mal jedoch von viel schlimmeren Schmerzen begleitet.
    Dreimal gab Klyd dem Jungen eine rosarote Flüssigkeit zu trinken, die Valleroy unangenehm an seine eigene Medizin erinnerte. Dreimal kam die rosarote Flüssigkeit mit den Resten des Frühstücks vermischt zurück. Das vierte Mal versuchte es der Kanal mit einer orangefarbenen Oblate.
    Während sie abwarteten, ob die Waffel unten bleiben und Wirkung zeigen würde, versammelten die Lehrerinnen ihre Wissenschaftsklassen und ließen die Kinder – die neidisch lachten und riefen, als sie an ihrem gefallenen Klassenkameraden vorbeikamen – in ordentlichen Reihen hinausmarschieren. Als sich Klyd umdrehte und sie anblickte, verwandelten sie sich augenblicklich in feierliche Engel, die „Guten Morgen, Sectuib!“ murmelten.
    Sie warteten noch einige weitere Minuten, nachdem auch die letzte Klasse durch den Laubengang verschwunden war. Schließlich half Klyd Rual zufrieden, weil die Oblate unten bleiben würde, auf die Füße, während Denrau die Erste-Hilfe-Tasche schloß.
    Rual schien sich, anders als alle Wechsel-Opfer, die Valleroy bisher gesehen hatte, vollkommen unter Kontrolle zu haben. Mit nur geringer Hilfe von Denraus stützender Hand ging er auf die Laube zu, den Kopf erhoben, jedoch mit zitternden Beinen. Klyd hielt neben Valleroy an und sagte ihm: „Du solltest schlafen.“
    „Was ist mit Aisha? Kann sie friedlich schlafen?“
    „Noch keine Nachricht. Ich tue alles, was getan werden kann. Deshalb gibt es keinen Grund, warum du nicht schlafen solltest.“
    „Wie würdest du dich fühlen, wenn Yenava dort draußen wäre?“
    Klyd streifte ihn mit einem Blick, der sein Gehirn sämtlicher Erinnerungen zu berauben schien. Dann tat der Kanal etwas Seltsames. Er ruckte eine Hand vor, von der ein Seitententakel an Valleroys Hals bis hinter das Ohr entlangtastete. Gleichzeitig spürte Valleroy ein eigentümliches Summen in den Ohren.
    Bevor er Zeit hatte, sich zu bewegen, war der Tentakel fortgezogen und hinterließ nur einen heißen Streifen auf der Gen-Haut. Klyd senkte seine Hand selbstbewußt. „Es tut mir leid. Aber ich mußte es wissen. Es ist beruhigend, seine Vermutungen bestätigt zu bekommen.“
    Als würde er sich aus einer schrecklichen Verlegenheit zurückziehen, machte sich Klyd in forschem Gang zur Laube davon. Valleroy konnte ihn nicht einholen, ohne zu rennen, also ließ er den Kanal gehen. Es war wirklich Zeit, ins Bett zu gehen, wenigstens für ein paar Stunden.
    Auf dem

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