Das Haus Zeor
hineinzuschaffen. Die Kinder werden bald wach sein.“
Valleroy half, den Körper in die Krankenstation zu bringen, wo er Klyd verließ, damit sich dieser um die Beerdigungsvorkehrungen kümmern konnte. Er und ein anderer gingen, um den Hof zu schrubben. Das rote Blut verwandelte sich bereits in braune Flecken, welche sie aus den Steinen scheuern mußten. Valleroy arbeitete durch das rhythmische Fluchen des Gens neben sich wie betäubt. Tod durch Verletzung der seitlichen Tentakel, der Organe, die besonders reich mit Selyn-Transfer-Nerven bestückt waren – das war der zweitschrecklichste Tod, den ein Sime erleiden konnte. Offenbar war er so entsetzlich, daß sogar die Gens, die mit Simes lebten, ein gewisses Maß von Klyds Abscheu verstanden.
Als die Morgenschatten über den Hof zurückwichen, nahm Valleroy seine Folio-Mappe wieder auf und machte sich auf den Weg zu Klyds Büro. Die äußeren Räume waren verlassen, alle Schreibtische in tiefem Blau verhängt. Er fand den Kanal müßig bei einer Tasse Tee sitzend, die auf einem kleinen freigemachten Platz auf seinem Schreibtisch abgestellt war.
„Komm herein, Hugh. Nimm dir etwas zu trinken.“
Auf dem Stapel Papiere vor ihm lag die geflochtene Peitsche, der Griff zuoberst.
„Nein, danke“, sagte Valleroy und lehnte seine Folio gegen die Seite des Pults. „Solche Vorfälle wirken sich noch immer auf meinen Appetit aus.“
„Trin-Tee wird deinen Magen beruhigen. Gut für dich.“ Klyd nahm eine Tasse aus einer Schublade und schenkte ein.
„Ja, Sectuib“, sagte Valleroy und nahm die Tasse bescheiden entgegen.
Klyd blickte abrupt auf. „Das ist das erste Mal, daß du mich so genannt hast … Hugh, das ist es! Du brauchst keine Plaketten, wenn du das Zeor-Wappen trägst!“
„Das ist nur für Mitglieder, nicht wahr?“
„Nun, du wirst dich in zwei Wochen ohnehin qualifizieren. Du mußt kein Gelöbnis ablegen, nur um unter unserem Schutz zu stehen.“
„He, warte einen Augenblick“, sagte Valleroy und schob einen Stuhl dicht an die Ecke des Schreibtisches heran. „Nicht so schnell. Was meinst du damit, ich würde mich in zwei Wochen für die Mitgliedschaft qualifizieren?“
„Du hast doch vorgehabt zu spenden – oder?“
Valleroy konnte Klyds Bestürzung sehen. Es kam dem Kanal nie in den Sinn, daß ein Gen fast jede andere Wahl vorziehen könnte, statt zu spenden. „Nun … wenn ich noch hier bin, werde ich es tun müssen, nehme ich an?“
„Du hast Angst! Ist dir denn nicht klar, daß es Gen-Angst ist, die die schlimmsten Sime-Instinkte auslöst?“
Valleroy umfaßte das Sternenkreuz und biß die Zähne zusammen. Jetzt würde ihm nichts geschehen.
„So ist es besser. Du könntest unter dem Wappen von Zeor reisen, aber du wirst eine Sime-Begleitung brauchen, und ich bin nicht frei, bis ich entschieden habe, was mit Hrel zu tun ist.“
„Alle waren so glücklich an diesem Abend …“
„Ja natürlich. Es war schwer für Hrel, schwerer als für die meisten. Jetzt wissen wir, warum. Er war nicht voll verpflichtet.“ Nachdenklich tastete er mit der Spitze eines Tentakels über einen Fingernagel nach dem anderen. „Möglicherweise hat er an jenem Abend unsere Diskussion belauscht. Möglicherweise hat er weiterberichtet, was er gehört hat. Deshalb mag Feleho getötet worden sein …“
„Du meinst, es könnte mein Fehler gewesen sein.“
„Nein, Hugh. Eine Schuld darf nur dem angelastet werden, der das Messer geführt hat.“
Valleroy nahm einen Schluck von seinem Tee. Es war das heiße, würzige Gebräu, das von den Simes bevorzugt wurde, aber es hatte auch eine beruhigende Wirkung auf den Gen-Magen. „Weißt du, wie Feleho mich genannt hat … noch bevor ich seinen Namen oder seinen Auftrag kannte?“
„Nein. Ich bin … zu spät gekommen.“
„Naztehr. Er hat mich ‚Naztehr’ genannt. Du weißt, was mir das für ein Gefühl gegeben hat?“
„Welches?“
„Als ob ich ihm etwas schuldete. Rache vielleicht. Er ist gestorben, weil er Aisha für mich gefunden hat. Er ist gestorben, weil ich etwas gesagt habe und Hrel es hören konnte. Also verliert Zeor gleichzeitig Hrel und Feleho und ist auf mich nicht mehr angewiesen … einen überzähligen Gen.“
„Kein Gen ist jemals »überzählig«. Andere Simes werden kommen, und wir werden wieder im Gleichgewicht sein.“
Valleroy seufzte. „Was also wirst du mit Hrel machen? Wenn er erfährt, daß du über ihn Bescheid weißt, wird er gefährlich sein.“
„Nicht
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