Das Hausbuch der Legenden
bekannte sich mitsamt seinen Männern offen zu Christus. Maxentius hatte damit seinen nächsten Vertrauten und Berater verloren. Voll Schmerz und Zorn ließ er alle enthaupten und ihre Leiber den Hunden vorwerfen. Trotzdem befahl er Katharina noch einmal zu sich und sagte zu ihr: »Meine Königin und meine treuesten Diener mußten schändlich sterben. Das hast du mit deinen
Zauberkünsten erreicht. Trotzdem will ich dir verzeihen, wenn du meine rechtmäßige Gemahlin wirst und den römischen Göttern opferst. Willst du das nicht, dann verlierst auch du noch in dieser Stunde dein Haupt.« Katharina erwiderte: »Du kennst meine Wahl; treffe du die deine!«
Da ließ der Kaiser die Braut des Herrn auf den Richtplatz bringen. Dort kniete sie nieder, betrachtete ihren Trauring, bat um die tröstende Gegenwart ihres himmlischen Bräutigams und nahm den Tod gefaßt und freudig hin. Engel brachten ihren Leichnam auf den Berg Sinai und begruben ihn dort.
Theodora und Didymus
IM JAHRE 204 nach Christi Geburt standen in Alexandrien viele Christen vor dem Richterstuhl des kaiserlichen Statthalters Eustratius Proculus, unter ihnen Theodora. Er begann sein Verhör mit der Frage nach ihrem Stand. Theodora antwortete:
»Ich bin Christin.« Darauf sprach der Statthalter: »Der Kaiser hat befohlen, alle Jungfrauen, die unseren Göttern nicht opfern wollen, in ein Freudenhaus zu sperren.«
Theodora erwiderte: »Bei Gott! Ich opfere nicht! Wie käme ich dazu, den Teufel anzubeten? Der Herr ist mein Helfer!«
Der Statthalter hatte Mitleid mit dem schönen Mädchen und rief: »Du Närrin! Du zwingst mich also, einem Mädchen von deinem Rang Schande anzutun! Ich gebe dir drei Tage
Bedenkzeit.« Doch Theodora blieb standhaft und sagte: »Die drei Tage sind für mich schon vorbei. Ich ändere meinen Entschluß nicht. Befiehl, was du für richtig hältst!«
Der Statthalter berief sich noch einmal auf die kaiserlichen Befehle und fällte dann das Urteil. Als Theodora das Freudenhaus betrat, bat sie Gott, ihr beizustehen. Aber einige junge Wüstlinge hatten schon von ihr gehört und waren auf dem Weg zu ihr. Ein Soldat stürzte in die Kammer der Heiligen. Sie war starr vor Schreck und floh in eine Ecke. Da redete sie der Eindringling freundlich an. Er sei Didymus, ein junger Christ. Er sei ihr Bruder. Er wolle sie retten. Sie solle mit ihm die Kleider tauschen und als Soldat das Haus verlassen. Theodora gehorchte. Sie drückte den Hut tief ins Gesicht und ging unerkannt aus dem Haus und durch die Stadt.
Sie tauchte bei ihren Gesinnungsgenossen unter und war in Sicherheit. Kurz nach ihrem Abschied betrat einer der jungen Männer die Kammer und war überrascht, nur einen Jüngling zu finden. Didymus erzählte ihm offen, was er getan hatte, um das Mädchen zu befreien. Da schleppten sie den jungen Christen vor den Statthalter. Proculus wollte wissen, wer ihn zu dieser Tat ermutigt habe. Didymus aber antwortete: »Gott selbst hat es mir befohlen.« Weil er die Frage nach dem Versteck Theodoras nicht beantworten konnte und den Göttern nicht opfern wollte, wurde er zu schweren Martern und zum Tod verurteilt. Theodora hörte von dem Urteil und lief auf den Richtplatz. Sie dankte Didymus für den Schutz ihrer Ehre.
Dann verlangte sie, daß man sie an seiner Stelle hinrichten solle; denn sie habe ihm wohl ihre Ehre, aber nicht ihr Leben anvertraut. Sie sei nicht vor dem Tod geflohen, sondern vor der Schande. Sie wolle nach wie vor für ihren Glauben, für Christus sterben. »Raubst du mir die Märtyrerkrone, dann hast du mich nicht gerettet, sondern um den besten Lohn betrogen!«
Da ließ der Statthalter beide hinrichten.
Awwakum, der Heilige der Altgläubigen
AWWAKUM WAR der Sohn eines Popen. Er wurde um 1620
geboren, in jener Zeit, die über Europa den dreißigjährigen Krieg brachte. Aber davon erfuhr der junge Mann nichts. Sie hatten in ihrer Kirche genug eigene Nöte, mit den weltlichen Machthabern und mit dem Patriarchen Nikon, der die russische Kirche nach ihrem griechischen Vorbild reformieren wollte Awwakums Heimatdorf lag weit im Osten, jenseits der
Kudma, einem rechten Nebenfluß der Wolga. Er übernahm von seinem Vater das heilige Amt und die kleine Hofstelle, die ihn und seine Familie knapp ernährte.
Awwakum war ein aufrechter und harter Mann, der an dem alten Kirchenglauben und den überkommenen Bräuchen
festhielt. Das kostete ihn schließlich sein Amt. Er mußte Haus und Hof verlassen und brachte damit Weib und
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